Traditionsverein in der Krise
Kommentar zum Jacobacci-Rauswurf: „Sechzig zerlegt sich weiter selbst“

05.12.2023 | Stand 06.12.2023, 10:20 Uhr

Nicht mehr Trainer des TSV 1860 München: Maurizio Jacobacci. − Foto: Imago Images

Plötzlich ging alles ganz schnell: Nicht einmal 48 Stunden nach der 0:3-Niederlage bei Borussia Dortmund II hat sich der TSV 1860 München von Chefcoach Maurizio Jacobacci getrennt. Christian Rehberger, Leiter der Sportredaktion, hat dazu eine klare Meinung.


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„Um den jämmerlichen Zustand des TSV 1860 richtig zu verstehen, muss man sich das mal laut vorsagen: Der Mannschaftsrat der Drittliga-Profis rennt mit einem Misstrauensvotum gegen den Trainer zum Finanz-Geschäftsführer, da es einen sachkundigen Sport-Geschäftsführer seit inzwischen 159 Tagen nicht gibt, weil sich die Gesellschafter auch in dieser Frage blockierten.

Der Finanz-Geschäftsführer nun hat selbst erst kürzlich erfahren, dass er am Saisonende gehen muss, weil sein Vertrag auf Betreiben der Hauptvereinsvertreter nicht verlängert wird. Diese e.V.-Gesellschafterseite liegt mehr denn je im offenen Dauerclinch mit der Investorenseite, die wiederum vor nur etwas mehr als einem Dreivierteljahr den Trainer ins Amt drückte und auch den Finanz-Geschäftsführer weiter halten wollte, der nun den Trainer rauswirft.

Mit der Beurlaubung von Maurizio Jacobacci haben die Chaostage bei den Löwen ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht – aber auch einen erwartbaren, da es mit dem Italo-Schweizer nach fünf teils entlarvenden Pleiten in sechs Spielen nicht mehr weitergehen konnte. Jacobacci musste fast scheitern, wurde als vermeintlicher Investoren-Liebling im Machtkampf des führungslosen Vereins zermahlen. Doch der 60-Jährige machte sich das Leben mit Personalentscheidungen wie in der Torhüterrochade selbst extrem schwer. Die Kabine hat er mit dürftigen Erklärungen und Ausflüchten verloren. Längst ist Jacobaccis – mangels Sportdirektor und mit zugegeben wenig Geld – im Sommer selbst zusammengewürfelte Mannschaft zerbröselt.

Umso größer wirkt bei allem inzwischen die Leistung des im Januar entlassenen Michael Köllner, der diesen zerstrittenen Löwen-Haufen mit integrativen Wunderkräften über dreieinhalb Jahre zusammengehalten hatte.“