Wenn Fußballer durch Bayern reisen
Am Beispiel Buchbach erklärt: Was alles an langen Auswärtsfahrten der Regionalliga hängt

07.08.2023 | Stand 13.09.2023, 0:00 Uhr
Michael Buchholz

Ob Neuzugang Tobias Heiland (links), dessen Einsatz wegen einer Zerrung noch nicht gesichert ist, und Tobias Sztaf heute mit Buchbach in Schweinfurt Grund zum Jubeln haben? −Foto: Buchholz

Zwei Mal quer durch Bayern und wieder zurück – heimatkundliches Interesse bewegt den TSV Buchbach dabei nicht, es sind vielmehr Pflichttermine in der Fußball-Regionalliga Bayern, die den Rot-Weißen binnen einer Woche zwei Auswärtsfahrten zum SV Viktoria Aschaffenburg (0:2) und am Samstag zum 1. FC Schweinfurt 05 (Ergebnis 1:3) bescherten.

„Als ich daheim den Bus abgestellt habe, hatte ich 823 Kilometer auf dem Tacho“, berichtet Busfahrer Jürgen Behm vom jüngsten Trip nach Aschaffenburg, bei dem er um halb vier morgens nach Hause gekommen ist. Behm, der die Buchbacher bereits seit 13 Jahren durch die Lande kutschiert, kann sich dann aber nicht aufs Ohr hauen, vielmehr muss er das Fahrzeug danach noch etwa zwei Stunden säubern, weil es ja am nächsten Tag wieder für andere Reisezwecke benötigt wird.

Steht so eine weite Auswärtsfahrt, noch dazu am ersten Ferienwochenende, auf dem Programm, checkt Behm schon die ganze Woche die Verkehrslage und legt dementsprechend die Abfahrtszeit fest. Um 11.30 Uhr haben sich die Buchbacher am Freitag., 28. Juli, auf den Weg gemacht, um dann nach dem Auftritt am Schönbusch mit einer 0:2-Niederlage im Gepäck wieder die lange Heimreise antreten zu müssen. „Ich mache da die Pläne und die ganze Disposition. Wichtig ist es ja, dass wir immer eineinhalb Stunden vor dem Spiel im Stadion sind. Normal fahren wir nach Aschaffenburg immer über Regensburg, aber da waren mir zu viele einspurige Baustellen“, erklärt Behm. Genau auf dieser Strecke sind übrigens die Schweinfurter auf dem Weg zum Auswärtsspiel beim SV Schalding-Heining in umgekehrter Richtung im Stau stecken geblieben, so dass die Partie abgesagt werden musste. Sechseinhalb Stunden hat allein die Hinfahrt inklusive Pause für die Buchbacher gedauert. Behm muss die Fahrt so timen, dass die Spieler rund dreieinhalb Stunden vor Anpfiff noch essen können.

Betreuerin „Waldi“ kümmert sich um Trikots, Bälle usw.



Oft stehen Vollkorn-Nudeln mit Bolognese oder reiner Tomatensauce auf dem Speisezettel. Alternativ gibt es Gemüsereis mit Puten-Geschnetzeltem. „Wir haben auch immer noch Wurstsemmeln, Semmeln mit Tomate und Mozzarella sowie Brezen an Bord. Ganz wichtig sind auch Kaffee und Kuchen“, sagt Betreuerin Waltraud Trojovsky, die sich schon seit einer gefühlten Ewigkeit um das Wohlergehen der TSV-Kicker kümmert und von allen nur „Waldi“ gerufen wird.

Nach dem Abschlusstraining, also meist einen Tag vor dem Spiel, bekommt Waldi vom Trainer den Kader genannt, so dass sie die Dressen herrichten und einpacken kann. Gepackt werden dann auch Bälle, Hütchen, Leibchen und die Warmlauf-Shirts. Im Winter kommen noch Decken und warme Jacken dazu. Immer mit an Bord kommen auch Bananen, Müsli-Riegel und die Trinkflaschen mit Sportlergetränken und Kabinenwasser. In der kalten Jahreszeit gehören auch einige Kannen Tee dazu. Das ist aber längst noch nicht alles: Zwei Kisten Schuhboxen, ein Kasten Bier für die Heimfahrt stehen ebenso auf der Liste wie die Musikbox. Bei den Buchbachern ist meist Abwehrspieler Benedikt Orth für die passende Musikauswahl zuständig. „Für die Heimfahrt haben wir meist auch noch eine Flasche Sekt dabei“, sagt Trojovsky augenzwinkernd. Und die wird dann auch geleert – egal ob Sieg oder Niederlage.

Busfahrer macht Power-Napping vor dem Spiel



Gesorgt werden muss auch für die medizinische Versorgung. „Eiskoffer, Bandagen und Tapes sind ebenso wie Verbandmaterial immer dabei“, erklärt Physiotherapeutin Elisabeth Heilmeier, die mit den Buchbachern auch schon ganz Bayern bereist hat.

Bevor Busfahrer Behm die ersten Spieler an Bord lässt, legt er bei weiten Fahrten schon die erste Pause ein, damit er die Lenkzeiten nicht überschreitet. Zuvor hat er den Bus schon gecheckt, sauber gemacht, im Bedarfsfall 500 Liter Sprit getankt und die Kühlschränke aufgefüllt. Wenn er den Motor startet, fährt automatisch der Computer hoch. „Die ganzen Kontrollen laufen bei den modernen Bussen von ganz allein. Das Navi braucht Behm nur, um die Verkehrslage zu überprüfen. „Ich war schon in fast allen Stadien, da finde ich schon fast blind hin. Neben dem Navi habe ich aber auch immer noch das Handy an, um auf Verkehrsstörungen reagieren zu können.“ Ist der Bus vor dem Stadion geparkt, legt Behm bei so langen Anfahrten wie nach Aschaffenburg ein kurzes Power-Napping ein, ehe er sich das Spiel anschaut.

Während der Fahrt läuft in den Sitzreihen das eine oder andere Kartenspiel, vornehmlich auf der Heimfahrt. Die Spieler unterhalten sich, schauen Videos oder dösen, für den Trainer ist bei der Abfahrt meist schon alles erledigt: „Wenn wir losfahren stehen Aufstellung, Standards und Matchplan längst“, erklärt Chefcoach Alex Käs, der die Hinfahrt dann auch zu Gesprächen nutzt: „Da werden einzelne Situationen angesprochen oder etwa Spielern erklärt, warum sie dieses Mal nicht in der Startelf stehen.“

Trainer machen auf der Rückfahrt erste Video-Analysen



Auf der Rückfahrt ist dann wieder Reden angesagt. Vornehmlich im Trainerteam, aber es werden auch schon die ersten Video-Analysen für kommende Gegner gemacht, während sich Behm auf die Straße konzentriert und einzelne Haltestellen anfährt, an denen diverse Spieler bei der Hinfahrt zugestiegen sind: „Wenn man dann nach so einem Freitagsspiel nach zehn Stunden Fahrtzeit um halb vier Uhr morgens nach Hause kommt und noch den Bus putzen muss, ist der Samstag auch schon gelaufen.“