Die Sicherheit Israels als deutsche Staatsräson – die Worte fielen in den vergangenen Tagen häufig. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, fordert mehr Engagement, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Die prominente Politikerin wird am Mittwoch, den 22. November, im Passauer Medienzentrum mit dem ehemaligen deutschen Botschafter in Moskau, Freiherr Rüdiger von Fritsch, und dem Strafrechtler und Rechtsphilosophen, Prof. Reinhard Merkel, über die Wehrhaftigkeit Deutschlands diskutieren.
Was nützt die große Symbolik nach dem Hamas-Terror, wenn gleichzeitig Anti-Israel-Demos in Deutschland stattfinden?
Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Symbolik ist natürlich nicht alles, aber Zeichen zu setzen, ist gerade in Zeiten aufflammenden Antisemitismus unglaublich wichtig. Die Menschen in Israel, alle Jüdinnen und Juden rund um den Globus, schauen und hören genau hin, was wir sagen und auch was wir tun. Aber natürlich reichen nicht nur Worte, sondern diesen müssen auch Taten folgen. Unser Rechtsstaat muss endlich härter und konsequenter durchgreifen. Strafbar macht sich, wer öffentlich Mord billigt und terroristische Organisationen unterstützt. Entsprechend müssen solche Gruppierungen in Deutschland auch verboten werden.
Was haben wir versäumt?
Strack-Zimmermann: In Deutschland leben leider viele Migranten, denen als Kinder schon eingetrichtert wurde, dass Israel der große Feind ist. Das darf man unter keinen Umständen tolerieren. Wenn man von Staatsräson spricht, dann muss man auch im eigenen Land dafür sorgen, dass die Feinde Israels hier nicht gedeihen. Wer den Hamas-Terror auf unseren Straßen feiert, ist kein Teil unseres Landes. Wer jüdische Einrichtungen angreift und jüdisches Leben bedroht, ist kein Teil unseres Landes und gehört, wo rechtlich möglich, aus Deutschland ausgewiesen.
Aber was ist mit denen, die wir nicht abschieben können?
Strack-Zimmermann: Wenn sie nicht abgeschoben werden können, müssen die Gerichte sie hart bestrafen. Das Gesetzbuch lässt Geld- und Gefängnisstrafen zu. Das muss aber auch geschehen. Wir dürfen uns nicht von denen vorführen lassen, die keinen Respekt vor unserem Rechtsstaat haben. Toleranz gegenüber Intoleranten ist das Ende der Freiheit.
Wo müssen wir ansetzen?
Strack-Zimmermann: Deutschland hat jahrzehntelang Integrationsmaßnahmen schleifen lassen. Es wurde nie eingefordert, dass Migranten Deutsch lernen müssen. Es wurde geduldet, dass es Communities gibt, in denen unsere Werte nicht respektiert werden. Wir müssen aber auch die Ohren spitzen, wenn sich in sogenannten bürgerlichen Kreisen antisemitisch geäußert wird, wenn die sogenannte Intelligenz antisemitische Stereotype öffentlich platziert. Wo ist hier der Aufschrei aus der Mitte der Gesellschaft?
Können Sie das ausführen?
Strack-Zimmermann: Meine Sorge ist, dass Bürgerinnen und Bürger gleichgültig werden, dass sie sich zurückziehen ins Privatleben und die Welt um sich herum, die zugegebenermaßen komplex ist, schlichtweg ausblenden, in der Annahme, das würde sie nicht berühren.
Sind wir als Gesellschaft in den vergangenen anderthalb Jahren wehrhafter geworden?
Strack-Zimmermann: Ob wir wehrhafter sind, vielleicht. Aber die Gesellschaft ist sicherlich alarmierter. Die Frage wird allerdings sein, was folgt daraus. Für Putin ist der grausame Angriff auf Israel ein Geschenk des Himmels oder besser gesagt der Hamas-Terroristen. Über den Iran und über Syrien hat auch Russland großen Einfluss auf den Nahostkonflikt und lenkt von seinen Verbrechen gegenüber dem ukrainischen Volk ab. Alles hängt mit allem zusammen. Deswegen müssen wir in beiden Konflikten – Ukraine und Israel – Haltung zeigen und die ukrainischen und israelischen Opfer unterstützen.
Sorgt es Sie, dass wir derzeit mehr nach Nahost und weniger auf die Ukraine schauen?
Strack-Zimmermann: Unser Fokus liegt weiterhin auf der Ukraine. Wir liefern Waffen, wir bilden weiter ukrainische Soldaten aus. Und meine Fraktion der Freien Demokraten bleibt auch dabei, die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine zu fordern.
Den Kanzler treibt um, dass mit Taurus die Brücke von Kertsch zerstört werden könnte. Er hält das für die rote Linie Putins. Was stört Sie an dieser Argumentation?
Strack-Zimmermann: Rote Linien für Russland gab es vermeintlich schon viele, etwa Finnlands Nato-Beitritt oder die Lieferung der Leopard-Panzer. Es gibt nur eine rote Linie, die überschritten worden ist, und die hat Russland am 24.2.2022 überschritten, als es die Ukraine überfallen hat. Wir sollten wissen, dass Putin nur die Sprache der Stärke versteht. Wenn im Kanzleramt die Sorge besteht, dass mit der Taurus die Brücke von Kertsch zerstört werden könnte, dann frage ich mich: Worüber diskutieren wir eigentlich? Die Taurus wäre in der Tat dafür geeignet, die Brücke zu zerstören und damit den Nachschub für die russischen Truppen über die Krim zu stoppen. Das könnte den Kriegsverlauf entscheidend im Sinne der Ukraine beeinflussen. Umso erfreulicher übrigens die Nachricht, dass die USA bereits ihre Kurzstreckenraketen ATACMS geliefert haben.
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