Experten kritisieren Verzerrungen
Energieausweise für Wohnhäuser: Darum sind viele in den nächsten Jahren unbrauchbar

07.11.2023 | Stand 14.11.2023, 11:38 Uhr |

Der Energieausweis für Wohngebäude soll – ähnlich wie bei Haushaltsgeräten wie Waschmaschine oder Geschirrspüler – in Buchstaben anzeigen, wie (in)effizient ein Haus ist. Doch die Aussagekraft von vielen Exemplaren geht laut Experten gegen Null. − Symbolbild: dpa

Wer eine Wohnung oder ein Haus kaufen oder mieten will, kann sich einen Energieausweis zeigen lassen. Dieser veranschaulicht – wie bei Elektrogeräten – die Energieeffizienz des Gebäudes. Doch Experten sehen viele der Ausweise demnächst als unbrauchbar.



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Seit dem Jahr 2014 ist ein solcher Ausweis mit den entsprechenden Energieeffizienzklassen Pflicht bei Immobilienverkäufen und -vermietungen. Die sogenannte Gesamtenergieeffizienzklasse wird dabei wie bei Waschmaschinen & Co. auf einer Skala von „A“ bis „G“ angegeben. Doch Experten stellen die Aussagekraft von Energieausweisen für Gebäude infrage.

„Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der im Jahr 2023 und den Folgejahren ausgestellten und in den nächsten Jahren gültigen Energieausweise praktisch unbrauchbar sein wird“, warnte die Wissenschaftlerin und Energieberaterin Constanze Liepold von der RWTH Aachen im „Spiegel“.

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So machen Corona-Lockdown und Ukraine-Krieg die Werte auf vielen Energieauweisen quasi unbrauchbar



Energieausweise, die aktuell wie üblich auf Basis der Verbräuche der letzten drei Jahre ausgestellt würden, ließen „keinesfalls Rückschlüsse auf die Verbräuche der kommenden Jahre zu“, sagte die Expertin.

Grund dafür sind die diversen Krisen der vergangenen Jahre: Während der Corona-Lockdowns waren die Menschen viel zu Hause und verbrauchten vergleichsweise viel Energie. „Es ist daher davon auszugehen, dass die Energieabrechnungen dieser Jahre keinen auf Nichtpandemiejahre übertragbaren Verbrauch widerspiegeln“, erklärten Liepold und ihr RWTH-Kollege Paul Fabianek.

„Gleiches gilt in umgekehrter Form für das Jahr 2022.“ Nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren die Bürger in Deutschland zum Energiesparen aufgerufen, und die Preise stiegen stark.

Verbraucherschützer schließen sich der Einschätzung an



Verbraucherschützer schließen sich der Einschätzung an: „Verbrauchsausweise sind weniger wertvoll als Bedarfsausweise“, sagte Christian Handwerk von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im „Spiegel“. „Und die Schwächen von Verbrauchsausweisen werden aktuell besonders deutlich.“

Bedarfsausweise sind in der Regel teurer und für weniger Bauten verpflichtend. Liepold und Fabianek appellieren an die Politik, die Pflicht für die aussagekräftigeren Bedarfsausweise, bei denen der Energiebedarf eines Hauses detaillierter ermittelt wird, auszuweiten. Alternativ sollten ihrer Einschätzung nach für Verbrauchsausweise längere Betrachtungszeiträume vorgeschrieben werden.

Was ist der Unterschied zwischen „verbrauchsorientiertem“ und „bedarfsorientiertem“ Energieausweis?



Der verbrauchsorientierte Energieausweis berücksichtigt laut Christine Schaller, Energieberaterin bei der Verbraucherzentrale Nürnberg bei der Berechnung einfach nur die letzten drei Jahresverbräuche. Er sei auch nur zulässig für Häuser, die nach 1977 errichtet wurden oder für Gebäude mit mindestens vier Wohneinheiten.

Der bedarfsorientierte Energieausweis berücksichtigt auch Faktoren wie Gebäudehülle und Dämmung und ist damit genauer. „Der verbrauchsorientierte verfälscht den Wert beispielsweise, wenn in einem großem Haus in den letzten Jahren nur eine Person lebte und diese dementsprechend viele Zimmer nicht oder kaum beheizte“, erklärt Energieberaterin Christine Schaller. Zieht dann eine größere Familie ein, hätte diese wohl einen deutlich höheren Verbrauch als auf dem Papier angegeben.

− dpa



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