PNP-Interview
Dehoga-Chefin Hartges kritisiert Beherbergungsverbot

10.10.2020 | Stand 21.09.2023, 4:03 Uhr

Ingrid Hartges, DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin. −Foto: dpa

Ingrid Hartges, Dehoga-Hauptgeschäftsführerin, beklagt, dass die unterschiedlichen Regeln bei der Beherbergung von Gästen aus deutschen Risikogebieten viel Verwirrung stiften.

Frau Hartges, können Restaurants, Bars und Lounges in deutschen Großstädten angesichts von Sperrstunden und anderen coronabedingten Beschränkungen überhaupt noch überleben?
Hartges: Wir haben festgestellt, dass es in den Städten, in denen es schon im September solche Maßnahmen gab, Umsatzeinbußen von 50 bis 90 Prozent bei unseren Betrieben gegenüber dem Vorjahr gegeben hat. Das Überleben ist sehr abhängig von der jeweiligen Situation, wie zum Beispiel davon, ob ein Restaurant zuletzt von einer guten Außengastronomie profitieren konnte oder nicht. Die Lage ist jedenfalls für viele noch erheblich bedrohlicher geworden.

Es gibt derzeit in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Regeln bei der Beherbergung von Gästen aus deutschen Risikogebieten. Wie beurteilen Sie das?
Hartges: Es ist völlig unbefriedigend, dass wir keine bundeseinheitlichen Regelwerke haben. Die Gäste wie auch die Hoteliers haben unzählige Fragen und wissen nicht, was jetzt im Detail gilt. Daher muss dringend mehr Einheitlichkeit her. Es muss zum Beispiel generell klar sein, dass Geschäftsreisende von den Beherbergungsverboten ausgenommen werden. Das gilt bislang in einzelnen Bundesländer. Außerdem wünsche ich mir dringend, dass solche Dinge mit einer ausreichenden Vorlaufzeit beschlossen und dann erst einige Tage später in Kraft treten. Hier wurde ganz viel Unsicherheit geschaffen, die man hätte vermeiden können. Sowohl die Hotels wie auch die Gäste brauchen Planungssicherheit. Ob die Beherbergungsverbote eine erforderliche, geeignete und notwendige Maßnahme sind, werden sicherlich demnächst die Gerichte zu klären haben.

Wie sind die Rückmeldungen aus ihren Unternehmen zu den Beschränkungen?
Hartges: In unserer letzten Umfrage gaben 60 Prozent der Betriebe an, dass sie sich in ihrer Existenz bedroht fühlen. Rund 14 Prozent erklärten, bei ihnen drohe die Geschäftsaufgabe. Diese angespannte Lage wird sich nun in den betroffenen Städten und Gebieten weiter verschärfen. Wir können alle nur hoffen, dass wir die Zahl der Infektionen durch verantwortliches Handeln nach unten bekommen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht mit den Oberbürgermeistern der elf größten Städte des Landes. Was würden Sie sich von der Politik am meisten wünschen?
Hartges: Wichtig ist zunächst, dass wir keine Panikmache betreiben. Wir müssen die Zahlen aber ernst nehmen. Was wir aber nicht brauchen, ist ein Verordnungschaos, wie wir es zuletzt erlebten, zum Beispiel beim Thema Gästeregistrierung. Für die notwendige Akzeptanz aller Maßnahmen ist elementar, dass sie klar, nachvollziehbar und gut begründet sind. Das fehlt mir sowohl beim Beherbergungsverbot, wie bei vielem mehr.

Bedarf es zusätzlicher Hilfen für das Hotel- und Gaststättengewerbe über das hinaus, was die Politik schon gibt?
Hartges: Wir sind erst einmal froh, dass die Überbrückungshilfe 2 jetzt kommt. Die Anträge dafür können voraussichtlich ab 23. Oktober gestellt werden. Die ist gegenüber der ersten Auflage etwas verbessert worden. Es ist insgesamt viel auf den Weg gebracht worden. Aber das reicht definitiv nicht aus. Da muss nachjustiert werden. Wir sind im Dialog mit der Politik. So wünschen wir uns eine Entfristung der Mehrwertsteuersenkung für Speisen mit Einbeziehung der Getränke. Zudem brauchen wir Lösungen für das Thema Mieten und Pachten. Es kann nicht sein, dass unsere Bertriebe angesichts der Corona-Folgen hierfür genauso viel zahlen müssen wie im letzten Jahr.