15 Zentimeter
Neuere iPhones: Apple empfiehlt Sicherheitsabstand zu Implantaten

16.02.2023 | Stand 17.02.2023, 11:45 Uhr

Im iPhone 12 ist ein Ringmagnet verbaut, der am Gehäuse ein starkes Magnetfeld erzeugt. −Foto: Scheurer, dpa

Magnetfelder mit einer bestimmten Stärke können Herzschrittmacher und Defibrillatoren stören. Daher rät etwa Apple seinen Kunden, mit verschiedenen Geräten mindestens 15 Zentimeter Sicherheitsabstand zu solchen Implantaten zu halten – darunter die iPhones 12 und 13. Apple listet außerdem unter anderem auch Tablets, Laptops, Smartwatches und kabellose Ohrstöpsel auf.



Was die iPhone-Modelle so besonders macht: Auf ihrer Rückseite sind starke Ringmagnete verbaut. Sie ermöglichen das Anbringen von Zubehör – zum Beispiel von kabellosen Ladegeräten. Doch durch sie gibt es nah ums Gerät herum auch ziemlich starke Magnetfelder. Sie könnten die Funktion der im Ernstfall überlebenswichtigen Implantate stören, wie US-Mediziner herausfanden. Das zog Untersuchungen nach sich und ist der Hintergrund der Abstandsempfehlung.

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Doch zwei deutsche Kardiologen sagen mit Blick auf eigene Untersuchungen: 15 Zentimeter sind für die iPhones übertrieben.

Das könne zu Verunsicherung führen und am Ende dazu beitragen, dass Schrittmacher-Patienten die Smartphone-Nutzung ganz scheuen, sagt Kardiologe Philipp Lacour vom Campus Virchow Klinikum der Berliner Charité. So ein großer Sicherheitsabstand sei nicht nötig, sagt er mit Blick auf eine im Fachjournal „Heart Rhythm“ veröffentlichte Studie von ihm und dem Charité-Kardiologen Florian Blaschke.

Studie: Nicht alle Implantate betroffen



Was haben Lacour, Blaschke und ihre Kollegen herausgefunden? Kurz: Die iPhones 12 und 13 mit ihren Ringmagneten (MagSafe-Technologie) können die Funktion von Schrittmachern und Defibrillatoren beeinflussen. Aber nur bei ganz nahem Kontakt, und auch nicht bei allen Implantaten, wie die Untersuchung zeigte.

Nur wie kommt Apple auf 15 Zentimeter? Der Technikkonzern folgt damit einer Empfehlung der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA. Sie rät zu einem Abstand von sechs Inches (Zoll) – also etwa 15 Zentimeter.

Abstandsempfehlung: sechs Inches



Eine Untersuchung am Center for Devices and Radiological Health der FDA kam im Sommer 2021 zu dem Schluss: Die Magneten im iPhone 12 (und in der ebenfalls untersuchten Apple Watch 6) erzeugen ums Gehäuse herum ausreichend starke Magnetfelder, um die Funktion von Implantaten zu stören. Auch wenn der Wert laut der Studie ab einem Abstand von 1,1 bis zwei Zentimetern vom Gerät unter die für eine Funktionsstörung kritische Marke fiel, blieb die Abstandsempfehlung: sechs Inches.

Der Bochumer Kardiologe Prof. Philipp Sommer war überrascht von den Ergebnissen der Untersuchung aus den USA. „Dass die Geräte starke Magnetfelder enthalten, wussten wir – dass sie so stark sind, dass sie Defibrillatoren deaktivieren können, wussten wir nicht“, sagt der Direktor der Klinik für Elektrophysiologie und Rhythmologie der Uniklinik Bochum.

Mobiltelefon vor der Brust sei kein Problem



Allerdings sei das Magnetfeld eben nur in einem kleinen Nahbereich um das Gerät herum sehr stark, sagt Sommer. „Um Störungen auszulösen, muss es im Prinzip Kleidungskontakt haben – also direkt über der Stelle, wo das Implantat sitzt, aufliegen.“ Das ist auch, was Philipp Lacour und Florian Blaschke sagen. In ihrer im November 2021 veröffentlichten Studie haben sie alle auf dem Markt verfügbaren kardialen Implantate mit der Magnetfeldstärke, die diese iPhones konstant ausstrahlen, getestet. Dafür wurden im Labor das iPhone 12 und die Implantate in möglichst engen Kontakt gebracht.

Das Ergebnis: Beeinflussungen gab es ungefähr bei der Hälfte der kardialen Implantate. Und auch dann nur bei ganz geringen Abständen zwischen Ringmagnet und Implantat. „In der Regel maximal ein Zentimeter“, sagt Lacour. Das Mobiltelefon vor die Brust zu halten oder auf der Seite zu telefonieren, wo das Implantat sitzt: Alles kein Problem.

15 Zentimeter Abstand sei nicht nötig



15 Zentimeter Sicherheitsabstand seien nicht nötig, schlussfolgert der Forscher. Aber, so sagt Florian Blaschke: In dieser Studie ging es um den Einfluss des statischen Magnetfeldes des iPhones 12 auf die Implantate. Theoretisch können in seltenen Fällen auch elektromagnetische Interferenzen auftreten, wenn Smartphones nah an der Brust sind. Etwa während man telefoniert oder im Netz surft. Das hat etwa eine frühere Studie von Blaschke und Lacour gezeigt.

Wer auf Nummer sicher gehen möchte: Eine mögliche Wechselwirkung zwischen dem eigenen Smartphone und seinem Implantat kann man mit einer Geräteabfrage in einer kardiologischen Fachpraxis untersuchen lassen. Bleibt die Frage: Was passiert eigentlich, wenn ein Implantat durch ein Magnetfeld gestört wird?

Das passiert bei einer Störung



Bei Herzschrittmachern steigt dann die Frequenz, sagt Philipp Lacour. Bei einem Defibrillator wird die Funktion, die zur Beendigung gefährlicher Herzrhythmusstörungen erforderlich ist, vorübergehend deaktiviert. Ist das Magnetfeld weg, schaltet sich das Gerät automatisch wieder ein.

„Die klinische Wahrscheinlichkeit, dass während einem kurzzeitigen Abschalten des Defibrillators wirklich etwas passiert, ist äußerst gering“, sagt Florian Blaschke. Man müsste zum einen genau in diesem Moment eine bedrohliche Herzrhythmusstörung bekommen. Zum anderen müsste dann auch noch das Mobiltelefon stabil vor dem Defibrillator verbleiben. Verrutscht es oder fällt es runter, würde die Defi- Funktion wieder aktiviert und die Rhythmusstörung beendet werden. Mit Blick auf Smartphones sagt Philipp Sommer: „Einfach nicht unmittelbar über oder auf die Hautstelle halten, wo das Implantat darunter sitzt.“ Und bitte nicht in die Hemdtasche stecken.

− dpa