Bayerische Kinder sitzen zu lange vorm TV
Experten-Tipps: So können Eltern verantwortungsvollen Umgang mit Medien vermitteln

16.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:57 Uhr

69 Prozent der Kinder zwischen vier und sechs Jahren sitzen laut einer AOK-Studie am Wochenende vor einem Bildschirm. −Foto: dpa

Die Kinder in Bayern verbringen immer mehr Zeit vor digitalen Geräten, das ist das Ergebnis einer Studie der Krankenkasse AOK. Fast die Hälfte der vier- bis sechsjährigen Kinder sind täglich mehr als 30 Minuten vor dem Fernseher, dem Tablet, der Spielkonsole oder dem Smartphone.



Am Wochenende sind es sogar 69 Prozent, wie die Krankenkasse AOK nun bekanntgab. Für die Familienstudie wurden demnach im vergangenen Jahr 500 bayerische Mütter und Väter befragt. Experten der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“ raten laut AOK dazu, bei jüngeren Kindern nach maximal 30 Minuten den Stecker der digitalen Geräte zu ziehen.

Zu langer und falscher Medienkonsum könne der Gesundheit von Kindern schaden, sagt Irmgard Stippler, Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern. „Durch eine zu lange Bildschirmzeit leidet die Bewegung der Kinder oder sie können Ängste durch das Schauen von nicht altersgerechten Inhalten entwickeln.“

Zu viel Mediennutzung kann Augen und Ohren schädigen



Nicht nur die Entwicklung des Bewegungs- und Muskelapparats könne beeinträchtigt werden, ergänzt Kristin Langer, Medienpädagogin und Mediencoach der Initiative „SCHAU HIN!“, außerdem könne sich unbegleitete Mediennutzung negativ auf Augen und Ohren der Kinder auswirken. „Wir leben in einer digitalen Gesellschaft. Wichtig ist, dass Eltern wissen, warum ihre Kinder Medien nutzen und wie“, so die Expertin, „Mediennutzung sollte immer einen zeitlichen Rahmen haben.“

Im Vergleich zu 2018 begrenzen Eltern die Bildschirmzeit ihres Nachwuchses jedoch nicht mehr so stark, wie die neue Studie ergab. Gaben damals noch 86 Prozent der Eltern an, ihren Kindern bis zum 14. Lebensjahr in puncto Mediennutzung Grenzen zu setzen, waren es 2022 nur noch 76 Prozent.

30 Minuten TV für Vier- bis Sechsjährige täglich



30 Minuten täglich für die vier- bis sechsjährigen Kinder und 60 Minuten für die älteren ist die empfohlene Bildschirmzeit der Initiative. „Die Zeiten sind Orientierungspunkte“, betont Langer. Mediennutzung im Alltag sei selbstverständlich geworden. „Wichtig ist, dass sich Eltern informieren, damit Kinder in der Medienwelt gesund aufwachsen.“ Das sei die Herausforderung, immer wieder gebe es neue Spiele und neue Apps in der digitalen Welt. „Anschauen, bewerten und dann entscheiden, ob es das passende Angebot für ihr Kind ist“, rät die Expertin.

Sind Geschwister im Haus, sei es wichtig, sich bei den Medieninhalten stets an den jüngeren Kindern zu orientieren. Sicherheitseinstellungen bei Streaming/TV-Programmen oder Spielkonsolen können helfen per Filterfunktion, dass Kinder nur altersgerechte Inhalte zu sehen bekommen.

„Es ist hilfreich, vorab Zeiten mit dem Kind zu vereinbaren, also Anfang und Ende festzulegen. Das Kind kann selbst beispielsweise den Fernseher einschalten und dann nach einer Folg e wieder ausschalten“, sagt Langer. So könne das Kind den Moment der Mediennutzung eigenständig beenden.

Auch gebe es die Möglichkeit, sogenannte Medienzeitgutscheine herauszugeben. Ob für Fernsehen oder Hörspiel: „So lernen Kinder auch, sich selbst auf die Zeit einzustellen.“ Eine Eieruhr könne helfen, die Zeiten im Blick zu haben.

„Während eines Spiels kann vereinbart werden, bei einer bestimmten Punktzahl oder einem bestimmten Level aufzuhören. Muss das Kind mitten im Spiel ausschalten, kann das Frust und Enttäuschung erzeugen.“

Medienkonsum eng mit Gesundheit verknüpft



Die Expertin empfiehlt Eltern, eine Struktur mit Regeln aufzubauen: „So finden Medienerlebnisse statt, aber sie finden auch wieder ein Ende“, sagt die Expertin. Kinder wachsen mit Bildschirmmedien auf, ihr Bewusstsein für einen maßvollen Umgang müsse geschärft werden.

Während des Essens, der Hausaufgaben oder vor dem Schlafengehen ist medienfreie Zeit! Eltern sind mit ihrer eigenen Mediennutzung ein Vorbild für ihre Kinder. „Dabei hilft, sich auch einmal selbst kritisch zu fragen, wie oft welche Bildschirmmedien wozu genutzt werden.

Niemand muss immer erreichbar sein, das können Eltern ihren Kindern vermitteln“, schreibt die Initiative auf ihrer Homepage. Ein gemeinsamer medienfreier Tag in der Woche könne helfen, als Familie andere Interessen nicht aus den Augen zu verlieren.

Laut AOK sei die Medienkompetenz eng mit dem Thema Gesundheit verknüpft. „Unser Fokus lag bislang auf Ernährung, Bewegung und seelischem Wohlbefinden.

Wir sehen aber gerade im Bereich der Medienkompetenz Gesundheitspotenzial“, sagt die Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern. Deshalb nehme die Krankenkasse das Thema der Medienkompetenz ab Frühjahr 2023 fest in ihr Programm auf.