Kinokritik + Trailer
Trau keinem Menschen: Mit „Planet der Affen: New Kingdom“ geht die erfolgreiche Sci-Fi-Saga weiter

Tiefe fehlt im Vergleich zum Vorgängerfilm in diesem Sequel etwas

08.05.2024 | Stand 08.05.2024, 11:00 Uhr
Martin Schwickert

„Planet der Affen: New Kingdom“ erzählt von einem neuen Königreich der Primaten – und er sitzt auf dem Thron: der tyrannische Gorilla Proximus Caesar. − Foto: 20th Century Studios, Disney

Der Schlüssel zur Seele liegt in den Augen – ohne diese Erkenntnis würde das „Planet der Affen“-Franchise nicht funktionieren. Die Science-Fiction-Story spielt in einer Zukunft, in der die Affen einige Evolutionsfortschritte gemacht haben. Sie können sprechen, lesen, schreiben und reiten wie ein Mensch. Aber all diese anthropomorphen Bestrebungen würden wirkungslos verpuffen, wenn aus den Gesichtern der hoch entwickelten Primaten nicht menschliche Augen hervorblicken würden. Es sind die Augen, welche die emotionale Verbindung zwischen Publikum und Affen herstellen und die Grenzen zwischen Mensch und Tier verschwinden lassen.



Dieser Effekt gelingt auch in den ersten Minuten des neuen Sequels „Planet der Affen: New Kingdom“, wenn der junge Affe Noa als neuer Protagonist vorgestellt wird. Mit seinen beiden Freunden turnt und klettert er durch eine Berg- und Urwaldlandschaft, deren eigentliche Textur man erst nach einer Weile erkennt: Es sind die überwucherten Überreste einer längst zerfallenen menschlichen Zivilisation, die sich die Natur wieder zurückgeholt hat. Eine Kulisse von morbider Schönheit haben Regisseur Wes Ball („Maze Runner“) und seine Produktionsdesigner hier kreiert. Die Gerippe der Wolkenkratzer sind kaum noch zu erkennen in der zugewachsenen urbanen Gebirgslandschaft.

Der Schimpansen-Clan führt ein abgeschiedenes Leben im Einklang mit der Natur, bis ein Trupp maskierter Affen das Dorf angreift, niederbrennt und dessen Bewohner verschleppt. Noa kann entkommen und macht sich nun auf die Suche nach seinem Clan. Auf seiner Reise trifft er den alten Orang-Utan Raka, der sich in der Geschichte von Affen und Menschen auskennt, sowie die junge Menschenfrau Mae (Fraya Allan), die ihren eigenen Überlebenskampf gegen die Affen führt.

Zusammen mit ihr landet Noa im Camp des tyrannischen Gorillas Proximus Caesar, der davon träumt, die Alleinherrschaft auf der Erde zu übernehmen. Dazu versucht er bisher vergeblich die Pforte eines Hochsicherheitsbunkers der ehemaligen US-Armee zu öffnen, hinter der Waffen, Technologie, Bücher und das ganze Know-how der untergegangenen menschlichen Zivilisation lagern. Wes Ball erzählt in „New Kingdom“ eine klassische Coming-of-Age-Geschichte, in der sich der junge Schimpanse mit naiver Unschuld und einem großen Herzen in einer kriegerischen Welt zurechtfinden muss.

Die Affenwesen haben erstaunlich viel Seele

Es ist erneut verblüffend zu sehen, wie viel Seele Schauspieler und CGI mit Hilfe des Motion-Capture-Verfahrens einem Affenkörper einhauchen können. In Körpersprache, Bewegungsmuster, Mimik und Blicken verschmelzen Tier und Mensch zu einem eigenen Leinwandwesen mit einem enormen emotionalen Spektrum.

Im Kern der Geschichte geht es erneut darum, ob der Affe den Menschen trauen kann, die zwar in der Evolutionshierarchie weit nach unten gerutscht sind, aber ihr Überlegenheitsgefühl weiterhin in sich tragen. Fraya Allan ist als nahezu einziges Humanwesen sehr überzeugend in der Rolle einer undurchsichtigen Kämpferin, die für ihre Mission über Leichen geht. Dennoch erreicht „New Kingdom“ nicht die Tiefe des Vorgängerfilmes „Survival“, der ein sehr viel weiteres Netz an historischen und lebensphilosophischen Analogien aufspannte.

Martin Schwickert


• USA 2024, von Wes Ball, mit Kevin Durand, Freya Allan, 145 Minuten, frei ab 12