Förderer der Kunst
Sie gründeten das Dream House Polling: Heike Friedrich und Uli Schägger sind tot

04.01.2024 | Stand 04.01.2024, 19:56 Uhr

Begeisterte Förderer und Ermöglicher von Kunst: Heike Friedrich und Uli Schägger. − Foto: privat

Es sind Leuchttürme der Kunst in Oberbayern: das Dream House in Polling im Landkreis Weilheim-Schongau und das Museum mit dem Namen „Das Maximum“ in Traunreut im Landkreis Traunstein. Zwei Personen, die diese Institutionen einst gegründet und gefördert haben, sind innerhalb weniger Tage an ihrem gemeinsamen Wohnort in Polling gestorben. Wie die Stiftung „Klang.Licht.Raum“ und das Museum in einer Mitteilung bekannt machten, sind Heike Friedrich (14.4.1938-28.12.2023), die Zwillingsschwester des Kunstmäzens und „Maximum“-Museumsgründers Heiner Friedrich, und deren Lebenspartner Uli Schägger (19.7.1949-24.12.2023) gestorben.

USA- Reise inspirierte sie zum Dream House

Heike Friedrich wuchs mit ihren zwei Brüdern Holger und Heiner zunächst in Stettin, Berlin und später Oberbayern auf, wo ihr Vater Harald Friedrich 1945 in Altenmarkt die Firma Alzmetall gegründet hatte, heißt es in der Mitteilung. Während Heiner Friedrich bereits 1963 in München eine Galerie für zeitgenössische Kunst eröffnete und ab 1972 vorwiegend in Nordamerika für die Kunst wirkte, war Heike Friedrich über viele Jahre hinweg in München in der Jugendarbeit und der psychologischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen aktiv, bevor sie gemeinsam mit Uli Schägger und ihrer Stiftung „Klang.Licht.Raum“ das Dream House in Polling, einen den Angaben nach in Deutschland einzigartigen Ort für zeitgenössische Kunst, ins Leben rief.

Eine Reise in den 90er Jahren zu Kunstorten in den USA wie dem Lightning Field von Walter De Maria in New Mexico oder der Chinati Foundation von Donald Judd in Marfa, die durch die von Heiner Friedrich mitbegründete DIA Art Foundation zu Meilensteinen der zeitgenössischen Kunst geworden sind, führte Heike Friedrich und Uli Schägger auch in das Dream House von La Monte
Young und Marian Zazeela in New York. Das Künstlerpaar hatte mit diesem begehbaren Gesamtkunstwerk aus Klang, Licht und Raum einen Ort geschaffen, an dem die Grenzen zwischen bildender Kunst und Musik aufgehoben werden sollen. Mit seinen Musikstücken, deren Kompositionen auf einer erweiterten Zeitdauer, reiner Stimmung oder komplexen mathematischen Berechnungen beruhen, galt La Monte Young als Pionier der zeitgenössischen Musik. Youngs Musik verbindet sich im Dream House mit Zazeelas Werk an der Schnittstelle von Licht und Skulptur.

Tief beeindruckt von diesem „Sound and Light Environment“ eröffneten Heike Friedrich und Uli Schägger 2001 nach New York das einzige weitere Dream House. Nach intensiver Suche fanden sie in der Gemeinde Polling, etwa 60 km südlich von München, den zu einem großen barocken Klosterkomplex gehörigen Regenbogenstadl, ein ehemals landwirtschaftlich genutztes Gebäude. Dieses ließen sie nach den Vorgaben der Künstler umbauen, die später selbst mehrfach zu Konzerten in Polling zu Gast waren.

Polling sei seit Jahrhunderten ein kulturelles Zentrum und Ort der klösterlichen Lehre und Forschung gewesen, schreibt Maximum-Museumsleiterin Maria Schindelegger. Diese Geschichte, die herausragenden Bauwerke aus der Zeit des Barock sowie die reizvolle umgebende Landschaft bildeten ein einzigartig stimmiges Umfeld für das dauerhaft eingerichtete Werk von La Monte Young und Marian Zazeela.

Das Dream House lade Besucher ganzjährig ein, die visuellen und akustischen Eindrücke intensiv aufzunehmen und bei wiederkehrenden Besuchen über Jahre und Jahreszeiten hinweg Veränderungen zu erkennen und die eigene Wahrnehmung zu reflektieren. Zu den Öffnungszeiten am Wochenende hießen Heike Friedrich und Uli Schägger die Besucher bis vor Kurzem selbst willkommen und setzten sich unermüdlich für die ungestörte Erfahrung des Kunstwerks in der weitläufigen Abfolge von Räumen ein. Über die Jahre organisierten die beiden eine Vielzahl an Konzerten, öffentlichen Proben oder Symposien, zuletzt ein Konzert zu Heike Friedrichs 85. Geburtstag im April 2023.

Die Konzentration auf das Kunstwerk und die eigenständige Erfahrung des Besuchers stehen im Dream House ebenso im Zentrum wie in dem von Heiner Friedrich 2011 gegründeten Museum „Das Maximum – Kunst-Gegenwart“ in Traunreut, das Heike Friedrich von Anbeginn begleitet und gefördert hat. Ihre besondere Verbindung zum Museum bekräftigte sie 2018 mit der großzügigen
Schenkung eines 1967 von Andy Warhol geschaffenen Selbstporträts, das sie ursprünglich von ihrem älteren Bruder Holger erhalten hatte, der bereits 1971 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Dadurch erweiterte sich der bestehende Schwerpunkt mit Arbeiten Warhols aus den 1980er Jahren um ein hervorragendes Werk der früheren Jahre.

Eichenpflanzung in Gedenken an Joseph Beuyes

2017 haben Heike Friedrich und Uli Schägger wesentlich dazu beigetragen, dass Dan Flavins monumentales Werk Untitled, 1970, eine ca. 30 Meter lange Barriere aus rotem und blauem Fluoreszenzlicht, im barocken, von Michael und Dorothea Jarnach betriebenem, Fischerbau in Polling, einem ehemaligen Bierkühlhaus des Klosters, einen dauerhaften Aufstellungsort fand. Flavins Lichtkunst führe in bahnbrechender Weise die Geschichte des Klosterortes, die ihm innewohnende Auseinandersetzung mit Spiritualität und christlicher Lichtmetaphysik in die Gegenwart, heißt es in der Mitteilung.

Noch im April 2022 verwirklichte Heike Friedrich eine „Eichenpflanzung zu Ehren von Joseph Beuys“ vor den Toren der Klosterkirche, ein von ihrem Bruder Heiner Friedrich angestoßenes Projekt des Museums „Das Maximum, das Joseph Beuys’ Aktion „7000 Eichen. Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ zur documenta7 1982 in Kassel würdigt. Damit reihte sich Polling ein in ein über 40 Pflanzorte umfassendes deutschlandweites Netzwerk, das Beuys’ Idee der Sozialen Plastik weiter trägt. Am Montag findet die Beerdigung in Polling statt.

− pnp


Ab 13. Januar ist das Dream House im Regenbogenstadl Polling wieder geöffnet Sa. 15-17 Uhr, Info: www.regenbogenstadl.de

Museum Das Maximum Traunreut, mit Werken von Georg Baselitz, John Chamberlain, Walter De Maria, Dan Flavin, Imi Knoebel, Uwe Lausen, Blinky Palermo, Andy Warhol und Maria Zerres. Fridtjof-Nansen-Str. 16, geöffnet ab 1. Februar Sa./So. 11-16 Uhr. Info auf: www.dasmaximum.com