Der Meister in München
Wolfgang Niedecken interpretiert Bob Dylan

08.09.2021 | Stand 21.09.2023, 0:39 Uhr

Der Fan und sein Idol: Wolfgang Niedeckens Dylan-Interpretationen kamen beim Publikum in München gut an. −Foto: Buchenberger

Der Meister, wie Bob Dylan von vielen seiner Fans respektvoll und ehrerbietig genannt wird, war schon länger nicht mehr in München. Kehrt aber nun doch irgendwie in Gestalt von Wolfgang Niedecken und seinem aktuellen Programm in die bayerische Landeshauptstadt zurück. Um genau zu sein in den Schlosspark der Katholischen Akademie in Schwabing. Dort heißt es am Montagabend: "Wolfgang Niedecken liest und singt Bob Dylan." Basierend auf einer Reise Niedeckens durch Amerika auf den Spuren von Bob Dylan für eine Dokumentation des Fernsehsenders Arte und dem daraus entstanden Buch, inszeniert der Frontmann der Kölsch-Rocker Bap zusammen mit Mike Herting am Piano einen kurzweiligen, aber mit zweieinhalb Stunden Laufzeit nicht gerade kurzen Storytellingabend. Herting am Keyboard und Niedecken am Lesetisch mit umgeschnallter Gitarre und Harmonika. Gemeinsam intonieren sie einige wenige Bap-Songs mit Bob-Bezug, aber umso mehr Dylan-Lieder. Und das gemeinsam ist wichtig, denn obwohl Songs wie "The Times They Are A-Changin'" allein durch die inhaltliche Bedeutung und Niedeckens markante Stimme wirken, trägt das Piano wesentlich zur klanglichen Aufwertung bei. Auch gesanglich unterstützt Herting das Geschehen, was Niedecken nach der Darbietung von "Mighty Quinn" auf Englisch und Kölsch durchaus wohlwollend erwähnt. Und mit einem starken Intro auf den Tasten zu "One More Cup Of Coffee (Valley Below)" zeigt er umso mehr, was er drauf hat. Niedecken hingegen leitet die Musik immer mit einem gelesenen Auszug aus seinem Buch und/oder einer Erzählung von seinem Roadtrip ein. Beispielsweise vom Auftakt der Reise in Washington und dem Besuch des Lincoln-Memorials. Wo 1963 Bürgerrechtler Martin Luther King seine berühmte "I-have-a-dream"-Rede hielt, in deren Umfeld Bob Dylan musikalisch mit dabei war. Andere Abstecher in den U. S. A. hängen nicht immer unbedingt mit einer physischen Anwesenheit Dylans zusammen. Manchmal geht es auch "nur" um Figuren aus den Stücken des Literaturnobelpreisträgers. Man erfährt einiges über das Leben und Wirken des Meisters und über das von Niedecken, der auch auf seine eigene Vita eingeht. Sowie seine musikalische Sozialisation, die sehr eng mit dem reichhaltigen Werk Dylans verknüpft ist. Durchgehend mit Hut und Sonnenbrille erweist sich Niedecken durchaus als würdiger Verwalter dieses Werks. Nur dass mit der bairischen Sprache ist noch nicht so ganz die Stärke des 70-jährigen Kölners, auch wenn sein Mundartversuch in "You Ain’t Goin’ Nowhere" auf Begeisterung beim Publikum stößt. Musikalisch ist aber alles hochwertig. Und hat den Vorteil, dass man im Gegensatz zu vielen Dylan-Konzerten tatsächlich erkennt, welcher Song gerade gespielt wird. Wie zum Beispiel gegen Ende. "Knockin’ On Heaven’s Door". Als Letztes dann passenderweise "Schluss, aus, okay" von Bap. Mit diesem entlassen Herting und Niedecken um 22 Uhr das Publikum in die Nacht, und der Dylan-Fan gibt allen noch den passionierten Aufruf, sich impfen zu lassen, mit auf den Weg. Bap spielen schließlich nächstes Jahr auf dem Tollwood-Festival, und das soll wieder normal stattfinden. Dort hat ja übrigens 2014 auch schon der Meister höchstpersönlich gespielt.