Es dürfte einer der spannendsten Tage im Verfahren um den Doppelgängerinnen-Mord von Ingolstadt werden. Die Angeklagte Shahraban K.B. wird an diesem Donnerstag in Saal 11 des Ingolstädter Landgerichts erst Rawan, ihrem jesidischen Exmann, danach dessen Bruder und den Eltern ihres Ex, der in Pförring einen Friseursalon betrieben hatte, gegenüberstehen.
In Streitigkeiten der beiden jesidischen Familien sieht die Staatsanwaltschaft Ingolstadt den Hintergrund für den Mord an der 23-jährigen Khadidja O. aus Eppingen bei Heilbronn. Der Beginn der öffentlichen Verhandlung ist wie immer für 9.15 Uhr angesetzt.
Zeugnisverweigerungsrecht greift für jesidische Ehen nicht
Laut Anklageschrift soll K.B. zunächst versucht haben, den Bruder ihres ehemaligen Lebensgefährten ermorden zu lassen, der gegen eine Versöhnung des Paares gewesen sein soll.
Als der Plan nicht aufging, soll Shahraban zusammen mit dem Mitangeklagten Sheqir K. den teuflischen Plan gefasst haben, im Internet eine ihr ähnlich sehende Frau zu suchen und diese zu ermorden, um ihren eigenen Tod vorzutäuschen und ein neues Leben zu beginnen, so der Vorwurf.
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Shahraban K.B. hatte in dem Friseursalon ein Kosmetikstudio eingerichtet. Mit der Aussicht auf eine kostenlose Laserbehandlung gegen Werbung für das Geschäft auf Instagram soll das Opfer angelockt worden sein. Das Zeugnisverweigerungsrecht, nach dem Ehepartner und nahe Verwandte von Beschuldigten vor Gericht nicht aussagen müssen, greift in diesem Fall nicht.
Shahraban K.B. war mit Rawan nach deutschem Recht nicht verheiratet. Bei einer Eheschließung nach jesidischem Recht gelte das Zeugnisverweigerungsrecht nicht, so Vorsitzender Richter Konrad Kliegl am letzten Verhandlungstag. Kliegl verwies auf entsprechende BGH-Urteile und meinte: „Rawan muss aussagen.“
Aufnahme privater Überwachungskamera darf gezeigt werden
In der Sitzung am Dienstag wies der Vorsitzende den Widerspruch des Anwalts Thilo Bals gegen die Inaugenscheinnahme einer von der Polizei gesicherten Videodatei aus einer privaten Überwachungskamera zurück.
Das Video sei als Beweismittel verwertbar, auch, wenn es gegen die Datenschutzgrundverordnung verstoße – zumal nur ein Zeitraum von wenigen Minuten gezeigt werde, so der Richter. „Das öffentliche Interesse an der Aufklärung dieser Straftat überwiegt gegen Persönlichkeitsinteressen.“
Der Mitschnitt soll das vor einem Grundstück vorbeifahrende Auto mit den beiden Angeklagten auf der Hin- und Rückfahrt nach beziehungsweise von Eppingen zeigen. Er könne belegen, wer wann wo in dem Wagen saß. K.B.s Verteidiger hatten die Einführung des Videos in die Beweisaufnahme beantragt. Der Verteidiger des Mitangeklagten Sheqir K. hatte dem Ansinnen widersprochen – mit Hinweis auf die Privatsphäre seines Mandanten und möglicher weiterer Personen sowie dem Umstand, das die Kamera ohne Erlaubnis öffentlichen Verkehrsraum überwacht hatte.
Die Kammer sieht dies anders. Es sei zu erwarten, dass das Video zur Aufklärung beitragen könne. Der Mitschnitt soll nun bei der Verhandlung am 30. April gezeigt werden.
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