Digitalministerin
Gerlach: Alle Menschen sollen von Fortschritt profitieren

23.03.2023 | Stand 23.03.2023, 22:55 Uhr

Judith Gerlach - Judith Gerlach, bayerische Staatsministerin für Digitales. - Foto: Sven Hoppe/dpa

«Geschwurbel» oder Konzept für die Zukunft Bayerns? Als Digitalministerin Gerlach im Landtag den neuen Digitalplan der Staatsregierung vorstellt, gehen die Meinungen weit auseinander.

Mit mehr als 200 Einzelmaßnahmen und -projekten will Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) die Digitalisierung im Freistaat vorantreiben. Eines ihrer Hauptziele: Alle Menschen ansprechen und mitnehmen - auch all diejenigen, die nicht mit Smartphone und Laptop groß geworden sind. «Alle Menschen in Bayern sollen vom digitalen Fortschritt profitieren», sagte Gerlach am Mittwoch in ihrer ersten Regierungserklärung im Landtag. Die Opposition hielt Gerlach große Worte und viele Ankündigungen von teils Altbekanntem, aber wenig konkrete Taten vor. Zudem hagelte es Kritik, weil der neue «Digitalplan» dem Landtag nicht vorab vorlag.

Gerlach kündigte unter anderem Fortbildungsangebote an: für Kindergarten, Schule und Weiterbildung, für Wirtschaft und Handwerk, aber auch für Seniorinnen und Senioren. Für «digitale Einsteiger» sollen im Rahmen des neuen Digitalplans in 30 Kommunen «Beratungstheken» für Fragen zu Smartphone und Internet eingerichtet werden. Für das Handwerk soll es neue, modern ausgestattete berufliche Bildungsstätten in Landshut, Weilheim, Traunstein, München und Bamberg geben. Bestehende Bildungsstätten sollen ausgebaut werden. «Digitale Bildung ist für mich die Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts», sagte Gerlach. Jeder solle daran teilhaben können.

Ein weiterer Punkt: die Digitalisierung der Verwaltung, bei der vielerorts noch Einiges im Argen liegt. Hier will Gerlach aufs Tempo drücken. Behördengänge sollten künftig so einfach sein wie Online-Shopping, sagte sie. Es müsste aber alle Kommunen mitziehen.

Weitere Einzelmaßnahmen betreffen etwa ein klimafreundliches Datenzentrum in Passau oder den Ausbau des Landesamts für Datenschutzaufsicht zu einem Kompetenzzentrum für Datenschutz.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze kritisierte, beim Digitalplan handle es sich um eine Ansammlung vieler verschiedener Projekte, von denen aber viele schon lange bekannt seien. Das nun als neuen Plan zu verkaufen, sei noch keine Digitalisierungsstrategie. Für dieses «Stückwerk» trage auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) persönlich die Verantwortung. Konkret fordern die Grünen unter anderem ein neues Schulfach Digital- und Medienbildung.

Volkmar Halbleib (SPD) warf Gerlach «Geschwurbel» vor. Er nannte es einen Skandal, dass der neue Digitalplan bis Mittwochnachmittag dem Landtag noch nicht vorgelegt worden sei. Gerd Mannes (AfD) kritisierte, die Staatsregierung habe bei der Digitalisierung schon vieles versprochen in den vergangenen Jahren, aber noch wenig umgesetzt. Helmut Kaltenhauser (FDP) beklagte, einen «großen Wurf» bei der Digitalisierung hätte es schon viel früher gebraucht.

Laut Gerlach werden im Haushalt 2023 rund 500 Millionen Euro für die Umsetzung des Plans hinterlegt. Zudem würden rund 100 neue Stellen in den Ministerien geschaffen, um die Digitalisierung zu beschleunigen.

Entwickelt wurde der Plan gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern. Mehr als 200 Verbände seien beteiligt gewesen, hieß es. Zudem habe es 24 Workshops mit 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gegeben sowie über 200 Vorschläge, die über eine Online-Plattform eingereicht wurden.

Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags, Manfred Gößl, sagte, die Digitalisierungsstrategie gehe in die richtige Richtung. Für die Wirtschaft sei es eine gute Nachricht, dass es endlich eine ressortübergreifende Strategie gebe. Leider sei in der Regierungserklärung die Wirtschaft zu kurz gekommen. «Es sind nämlich die bayerischen Unternehmen, die tagtäglich mit der Zettelwirtschaft in den Behörden und Ämtern zu kämpfen haben - das kostet jeden Tag viel zu viel Geld sowie personelle Ressourcen.» Es dürfe dabei auch «keine Kleinstaaterei» mehr geben. «Wir müssen davon wegkommen, dass jedes Amt, jedes Ministerium und jede Kommune ihre eigene digitale Strategie verfolgt und ihre eigenen digitalen Angebote hat. Es braucht gebündelte und zentralisierte Kompetenzen.»

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