Kinderkliniken
Engpass beim Transport kranker Kinder in Bayern

06.02.2024 | Stand 07.02.2024, 12:42 Uhr

Rettungswagen - Ein Rettungswagen der Feuerwehr fährt auf einer Straße. - Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa/Symbolbild

Kinderkliniken stellen die Versorgung schwer kranker Kinder und Säuglinge sicher. Doch nicht immer ist ein Platz in der Nähe frei. Und beim Transport kranker Kinder herrscht laut Experten ein Engpass.

In Bayern besteht aus Sicht von Kinder- und Jugendmedizinern ein Engpass bei den Transportmöglichkeiten von kranken Kindern. Das Rettungswesen im Freistaat, wie es aktuell strukturiert sei, stoße beim Transport kritisch kranker Kinder oftmals an Grenzen, teilte Matthias Keller, ärztlicher Direktor der Kinderklinik Dritter Orden in Passau, mit. „Oftmals finden wir keine Notärzte, die diese Kinder transportieren.“ In solchen Fällen springt laut Keller dann das Personal der Kinderkliniken ein und begleitet die Kinder.

Das sei problematisch, da die Teams der Kinderkliniken dafür keinen offiziellen Versorgungsauftrag hätten und die Ressourcen dafür deshalb auch nicht vorgehalten würden. Die Teams seien dann ungeplant abwesend, zudem erhielten die Kinderkliniken dafür in der Regel keinerlei Vergütung, sagte der Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche in Passau.

Das bayerische Innenministerium sieht den öffentlichen Rettungsdienst bei der notärztlichen Versorgung und dem Transport von Säuglingen und Kindern zwischen Kliniken dagegen „sehr gut aufgestellt“, wie eine Sprecherin mitteilte. Dass ein Facharzt für Kinder oder Neugeborene bei Fahrten zwischen Kliniken dabei sein muss, ist den Angaben nach nur gelegentlich der Fall, etwa wenn ein Patient beatmet werden muss oder um erforderliche Spezialtherapien sicherstellen zu können. „Solche vom Krankenhauspersonal begleiteten Transporte stellen überwiegend eine freiwillige Leistung zur Unterstützung des Rettungsdienstes dar, kompensieren aber nicht die Leistungen des Rettungsdienstes“, heißt es vom Innenministerium.

Dass aus Sicht der Kinder- und Jugendmediziner grundsätzlich Verbesserungsbedarf beim Transport kranker Kinder in Bayern besteht, zeigt wiederum ein Konzeptentwurf aus dem November 2023. Der Landesverband Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Bayern (VLKKD Bayern) spricht sich darin für ein „Modellvorhaben zur Erprobung einer nachhaltigen Strukturanpassung und Sicherstellung von Transporten von kranken Kindern innerhalb Bayerns“ aus. Nach Angaben des Innenministeriums ist eine abschließende Bewertung des Konzepts derzeit nicht möglich, da die Finanzierung noch ungeklärt ist.

Erste Verbesserungen sieht Klinikchef Keller bei der Vernetzung der bayerischen Kinderkliniken. Am 18. Dezember 2023 ist das Netzwerk der „virtuellen Kinderklinik“ in Bayern an den Start gegangen. Mittlerweile sind nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums mehr als 90 Prozent der pädiatrischen Kapazitäten im Freistaat an diese Kommunikationsplattform angeschlossen. Die Kliniken tauschen dabei Informationen über freie Betten und Behandlungskapazitäten aus. „Bisher musste hier viel miteinander telefoniert werden, um herauszufinden, wer welches kranke Kind aufnehmen kann“, teilte Ministerin Judith Gerlach (CSU) mit.

Ab Herbst soll die „virtuelle Kinderklinik“ laut Gerlach auch telemedizinische Konsultationen zwischen behandelnden Ärzten und Spezialisten in anderen Kliniken ermöglichen. Das bedeutet, dass sich Ärztinnen und Ärzte etwa per Videotelefonat austauschen können. „Spezielles Expertenwissen steht damit unmittelbar in allen Landesteilen zur Verfügung, wovon insbesondere auch der ländliche Raum profitieren wird“, sagte die Ministerin. Als erster Anwendungsbereich sei die Kinderintensivmedizin geplant.

Kinder- und Jugendmediziner Keller sieht in der „virtuellen Kinderklinik“ einen wichtigen Schritt. Nun müsse noch sichergestellt werden, dass die notwendigen Transporte zwischen Kinderkliniken reibungslos und zeitnah erfolgen.

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