PNP-Spendenaktion 2023
Begleiterin während der Geburt: Die Dschungel-Hebamme

23.12.2023 | Stand 10.01.2024, 13:24 Uhr |
Philipp Hedemann

Geburtshelferin Gabassay Lavalie steht in ihrem Dorf schwangeren Frauen bei. Für die werdenden Mütter ist sie oft die einzige Stütze, doch nicht immer geht alles gut. − Foto: Hedemann

Traditionelle Geburtshelferinnen wie Gabassay Lavalie begleiten in Sierra Leone werdende Mütter während der Geburt. Trotzdem ist die Mutter- und Säuglingssterblichkeit extrem hoch.

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Vor 2000 Jahren kam in Bethlehem ein Kind im Stall zur Welt. Nicht gerade der perfekte Ort für eine Geburt. Weil sie sich noch nicht mal einen Esel leisten können und es zu Fuß und unter Wehen nicht in die oft mehrere Stunden entfernte Krankenstation schaffen, bringen in Sierra Leone noch heute viele Mütter ihre Babys am Wegesrand zur Welt. Die traditionelle Geburtshelferin Gabassay Lavalie begleitet die werdenden Mütter auf den qualvollen Märschen.

„Die Fahrt auf dem Rücksitz eines Motorrades von unserem Dorf bis zur nächsten Krankenstation kostet rund 150000 Leones. (umgerechnet knapp sieben Euro, Anmerkung der Redaktion) Das kann sich bei uns niemand leisten. Darum mache ich mich mit den Frauen zu Fuß auf den Weg, wenn die Wehen einsetzen“, erzählt Gabassay Lavalie. Oft ist das zu spät.

Keine medizinische Ausbildung



Die Geburtshelferin, die nicht weiß, wie alt sie ist und keinerlei medizinische Ausbildung hat, berichtet, dass rund die Hälfte der Frauen niederkommen, bevor sie die Gesundheitsstation erreichen. Wenn die Schwangeren nicht mehr weiterkönnen, breitet die ungelernte Hebamme im Schatten eines Baumes ein Tuch aus und kniet sich zwischen die gespreizten Beine der werdenden Mutter, um ihr Kind in Empfang zu nehmen. Kommt es dabei zu Komplikationen, wird die Geburt für Kinder und Mütter zur lebensgefährlichen Prüfung.

„Ich bin seit vielen Jahren Geburtshelferin, aber mir ist noch nie eine Mutter bei der Geburt gestorben. Babys allerdings schon“, berichtet Gabassay Lavalie. Sie kann den alles verzehrenden Schmerz, den Mütter empfinden, wenn ein Kind stirbt, nachvollziehen. Sie hat selbst zehn Kinder zur Welt gebracht, fünf von ihnen starben, bevor sie ein Jahr alt waren.

Der Weg zum Krankenhaus ist gefährlich

Kommt ein Kind auf dem Weg zum Krankenhaus auf die Welt, sinken die Überlebenschancen für das Baby dramatisch. Denn dann legt Geburtshelferin Lavalie das noch über die Nabelschnur mit der Plazenta verbundene Kind in eine große Plastikschale, die sie eigens für diesen Notfall mitführt und trägt das Neugeborene darin weiter bis zur Krankenstation. Erst dort kümmert sich medizinisch geschultes Personal um das Baby und die Mutter.

Auch wenn die Mütter- und Säuglingssterblichkeit in den letzten Jahren in Sierra Leone deutlich gesunken ist, ein Kind zu bekommen, ist in dem armen Land im Westen Afrikas nach wie vor ein großes Risiko. Die Müttersterblichkeit ist dort mehr als 100-mal höher als in Deutschland. Denn traditionelle Geburtshelferin wie Gabassay Lavalie können Frauen während der Geburt zwar beistehen, Leben retten können sie nicht immer.

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