Münchner Notizen
Bayerns Wirtschaft braucht Strom – und Tschechien baut neue AKWs

09.02.2024 | Stand 09.02.2024, 19:00 Uhr

Tschechien will seine Atompläne ausweiten, betroffen davon könnte auch das grenznahe AKW Temelin sein. − Foto: imago

Ausgerechnet in der Stunde der höchsten Not, als nach Russlands Überfall auf die Ukraine 2022 in Deutschland die Energie knapp zu werden drohte und als den Menschen empfohlen wurde, sich sogar im Winter kalt zu duschen oder, noch besser, nur den Waschlappen zu benutzen, da setzten sich die Grünen in der Bundesregierung durch und verfügten, die längst beschlossene Abschaltung Deutschlands letzter Kernkraftwerke tatsächlich zu vollziehen.



Im April letzten Jahres war Schluss. In der verunsicherten Öffentlichkeit kam das nicht gut an – und ein Politprofi und politischer Leitwolf wie Markus Söder nahm sofort Witterung auf: „Es braucht eine vernünftige und pragmatische Energiepolitik statt ideologischer Seifenblasen, die bereits zerplatzt sind“, rieb der Ministerpräsident und CSU-Chef im vergangenen Jahr besonders den Grünen die Sache hin. „Der Ausstieg der Ampel aus der Kernenergie führt zum Abstieg Deutschlands“, weshalb es eine „Reaktivierung der Kernenergie“ brauche.

Aiwanger: „Reines grünes Politikum“

Auch Söders Sidekick Hubert Aiwanger von den Freien Wählern äußerte sich so: „Wir brauchen den Strom und es ist ein reines grünes Politikum, die wollen ihren Wählern, ihrer Parteibasis nicht gegenübertreten und sagen: Wir haben uns verzockt, wir müssen jetzt verlängern. Lieber riskieren sie den Blackout“, hatte er 2022 im TV gesagt. Solange der Ausstieg vom Atomausstieg aussichtslos war, ließ sich gut Politik mit derlei Forderungen und Ankündigungen machen (und womöglich auch ein bisserl von dem einen oder anderen eigenen energiepolitischen Versäumnis ablenken). Blöd, dass Tschechien nun plant, vier neue Kernkraftwerke zu bauen – derlei aber bei der bayerischen Bevölkerung gerade in Grenznähe nicht nur auf ungeteilte Freude trifft, um es mal vorsichtig zu sagen.

Selbst CSU-Landräte wie Bernd Sibler in Deggendorf und Sebastian Gruber in Freyung-Grafenau zeigen sich besorgt und wiesen zudem auf diverse Endlagerpläne dies- und jenseits der Grenze hin. Alleine: Wer selbst für Kernkraft ist, wie Söder und Aiwanger es ja erklärt haben, kann den Tschechen da jetzt nicht allzu viel hineinreden, geschweige denn die Pläne kritisieren. Zudem braucht Bayerns Wirtschaft Strom – und zwar schnell, sicher und preiswert. Weil es sonst womöglich bald vorbei mit dem weiß-blauen Wohlstand.

Alles ist (ferne) Zukunftsmusik

Und da in Bayern von den Stromtrassen bis zur Windkraft, vom Wasserstoffnetz bis zum Fusionsreaktor so ziemlich alles (ferne) Zukunftsmusik ist, muss man sich in München schön langsam etwas überlegen. In der CSU jedenfalls dürften sie gerade ziemlich froh sein, dass für die Energiepolitik in Bayern kein CSU-ler, sondern Aiwanger die Ressortverantwortung trägt.