Traditioneller Starkbieranstich
"Yin und Yang": Digitales Derblecken auf dem Nockherberg

05.03.2021 | Stand 21.09.2023, 3:48 Uhr

Max Schafroth musste am Freitagabend vor leeren Rängen die Politiker derblecken. −Foto: Achim Schmidt

Am Freitagabend fand der traditionelle Starkbieranstich am Nockherberg statt - wegen Corona heuer digital statt.

Im berühmten Nockherberg-Saal der Paulaner-Brauerei, wo beim traditionellen Starkbieranstich und Politikerderblecken üblicherweise Bayerns Spitzen zusammenkommen, da war heuer nur einer: der Kabarettist Max Schafroth.

Wie schon 2019 (2020 war der Nockherberg die erste Großveranstaltung, die wegen Corona abgesagt wurde) gab der Allgäuer den Fastenprediger – und teilte dabei auch heftig aus. Die Politiker, sonst im Saal, wurden digital zugeschaltet. – "die erste Reihe per aufwendiger HD-Satellitenschalte", so Schafroth, "die Leberkäs-Etage" hingegen nur per Besprechungsprogramm auf dem Laptop. Die, so Schafroth, könnten nun ein bisserl das Gefühl einfangen, wie es den Schülern beim Distanzunterricht gehe. Und um es noch authentischer zu machen, ließ der Fastenprediger manchmal einfach den Ton abbrechen – eine Reminiszenz an den teilweise immer noch erbärmlichen Ausbau beim schnellen Internet in Bayern.

"Der Hubert lebt. Der Markus denkt"

Dabei waren viele, aber zwei Gäste von außerhalb waren beachtlich: Bundesfinanzminister (und SPD-Kanzlerkandidat) Olaf Scholz sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, als neuer CDU-Chef ein potenzieller Unions-Kanzlerkandidat. Sie warnte Schafroth als "Gäste von auswärts" schon mal vor: "Das ist Political Correctness in Bayern: Da, wo euch der Atem stockt, da beginnt bei uns der Schenkelklopfer!"

Zwei freilich bekamen es am Freitagabend besonders ab: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) – "das bayerische Yin und Yang". Der Unterschied der beiden? "Der Hubert lebt. Der Markus denkt. Der Markus sagt um 21 Uhr: Mei Cola light is leer. Leude, ich bin müd, ich will zu meine Welbm ins Körbla. Und der Hubert, dieser Dorfkneipen-Dionysos, der schreit in der früh um fünfe in Giesing rum: Mochts de Goststättn auf!" Aiwanger sei derzeit "wichtiger denn je", so Schafroth. Denn seit sich die Grünen aufs Regieren vorbereiten und deshalb "verstummt sind", sei Aiwanger "der einzige, der dem Markus noch rein-grätscht". Gut, vielleicht noch Martin Hagen von der FDP und Horst Arnold von der SPD, aber sonst?

Söder löse halt Begeisterung aus

Für die "feierliche Zuschaltung" von Söder gab sich Schafroth dann staatsmännisch: Die Haltung zu ändern, weil sich die Umstände ändern, das sei "das Prinzip unseres kommenden Gasts. Er ist der beständige Wandel. Das opportun zu nennen, wäre zu einfach, nein. Er ist das politische Panta Rhei, das Prisma, in dem alle politischen Farben sichtbar sind. Bitte setzen Sie daheim die Helligkeit ihrer TV-Geräte herab, damit es nicht zu Röhren-Schäden kommt: Wir begrüßen Dr. Markus Söder." Sogar ein Lied (Schafroth brachte wie schon 2019 einen Haufen Musiker mit, die mal als "JU-Chor Miesbach", mal als "frisch abgestrichenes Zwangsorchester des Hotel- und Gaststättenverbandes" Lieder zum besten gaben) bekam Söder gesungen: "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, der Markus Söder ist bereit..." Söder löse halt Begeisterung aus – CSU-Generalsekretär Markus Blume etwa habe beim Aschermittwoch Söder Blicke zugeworfen "wie die Heidi, wenn der Geißenpeter ums Eck kommt".

Bei der Zuschaltung von Kultusminister Michael Piazolo konnte Schafroth es sich nicht verkneifen: "Begrüßen wir den Feingeist und unfreiwilligen Krisenmanager, Prof. Michael Piazolo. (Pause) Gleich müsst er erscheinen. (Pause) Michael? (Pause) Max hier. Michael, du musst dein Laptop aufklappen. Also, des schwarze Ding, was vor dir liegt, was aussieht wie ein Buch. Aufklappen. Hast schon? Ah, ok, dann musst du des Hansaplast von der Kamera abziehen. (Pause) Jetza! Super! Puh. Herzlich willkommen, Michael Piazolo! Michael, basst, die Schalte ist stabil, wenn Dein System zamm kracht, findst die gesamten Lerninhalte dieses Vortrags auch auf BR-Alpha oder in der Mediathek." Das Los, das Tausende Schüler im weiß-blauen Fernunterricht derzeit auch durchleiden.

"Danke, dass ihr uns hier durchsteuert"

Ein bisserl derbleckt wurden auch andere, etwa Anton Hofreiter von den Grünen. Der sei der einzige, "bei dem man die geschlossenen Friseure nicht gemerkt" habe. Und Andreas Scheuer von der CSU, dem habe er eigentlich die Hälfte der 2020 fertiggestellten, dann aber nicht gehaltenen Rede gewidmet gehabt – ein Corona-Gewinner, sozusagen.

Am Ende gab es aber auch süß-saure Töne. An alle der zugeschalteten Politiker gerichtet befand Schafroth schließlich: "Sein wir ehrlich, ihr neigts zu Machtbesessenheit, Intrigen und karrieristischer Oberflächlichkeit. Aber trotzdem: Danke, dass ihr uns hier durchsteuert. Ich glaub, ihr hört das nicht so oft. Danke!"