"Der Weg zur Freiheit"
Supermarkt, Verein, Wirtshaus: Söder will an vielen Orten impfen

Söder will Zugang zum Impfen deutlich vereinfachen

13.07.2021 | Stand 20.09.2023, 21:30 Uhr

In Pforzheim in Baden-Württemberg sind im Mai Kunden eines Supermarkts geimpft worden. Sie konnten mit dem Auto zur Impfung vorfahren oder sich im Markt impfen lassen. −Foto: dpa

Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder sieht nur zwei Möglichkeiten, Corona zu überwinden: Durchseuchung oder Durchimpfung.

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Letzteres sei mit zwei, drei Piksen verbunden und deutlich angenehmer. Seine Schlussfolgerung: "Impfen ist der Weg zur Freiheit." Und Entwarnung wollte Söder am Dienstag ohnehin nicht geben: Die Inzidenz "steigt an", es gebe nach Wochen der Entspannung eine "Trendumkehr", drei Kreise in Bayern lägen schon wieder über der Marke von 20, zwei davon seien gar deutsche Spitzenreiter, der Reproduktionswert liege über 1 und die Delta-Variante mache bereits mehr als die Hälfte der bayerischen Infektionen aus. "Kein Grund zu Panik", so Söder, aber Lockerungen zum jetzigen Zeitpunkt seien der "absolut falsche Ansatz". Und dass es an der Zeit sein könnte, dass der Staat den Kampf gegen Corona in die Hände seiner Bürger legt, aus staatlichen Vorschriften also ein freiwilliger Selbstschutz wird, mag Söder ebenfalls nicht erkennen.



Was die Kennzahlen angeht, von denen am Ende Freiheiten oder eben aber Vorschriften abhängen, ist Söder durchaus zu gewissen Kompromissen bereit: Angesichts der Zahl an Geimpften könnten auch die Inzidenzwerte erhöht werden, zusätzlich auch die Belastung der Krankenhäuser gemessen werden. Aber unter dem Strich sieht er eine Rückkehr zu Freiheiten nur durch Impfen möglich.

Doch just hier bricht die Bereitschaft der Bayern offenbar gerade in sich zusammen: "Ein Teil glaubt, das Ganze ist vorbei", gibt sich Söder ratlos und resümiert: "Erst gab es eine Nachfrage nach Impfstoff, jetzt eine Nachfrage nach Impfwilligen." Um es denen einfacher zu machen, will Söder nun an vielen Orten "niedrigschwellige Angebote" machen, in Supermärkten und Einkaufszentren, als Drive-In und Familien-Event, beim Sport, im Verein und im Freizeitbereich. Sogar "Impfen im Wirtshaus", natürlich weiterhin durch medizinisches Fachpersonal, kann er sich vorstellen. Vor allem die jungen Menschen will er ansprechen, auch durch neue, jüngere Gesichter. Das ist das eine Bein seiner Strategie, das andere lautet: Anreize. Geimpfte sollen nach dem Urlaub nicht mehr in Quarantäne müssen, Geimpfte (und Genesene) bei Sport- und Kultur-Veranstaltungen nicht mehr zur Höchstgrenze der maximal Zugelassenen hinzuzählen.

Veranstaltung mit "länderübergreifendem Charakter"

Umgekehrt soll denen, die nur auf das Prinzip Testen setzen, das Leben vergällt werden – indem Söder laut darüber nachdenkt, ob Tests (zumindest außerhalb der Schulen) in Zukunft kostenfrei sein sollen. Im Klartext: Wer keine Lust hat, sich Impfen zu lassen, soll schauen, wo er seine Tests herbekommt und sie gefälligst auch selbst bezahlen.

Wieweit Söders Strategie mit der Verfassung konform ist, die vorschreibt, dass jede einzelne Maßnahme geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist, wird sich zeigen – ebenso, ob seine abstrakte Warnung vor womöglich auftretenden langfristigen Folgen einer Erkrankung hinreichend rechtssicher ist.

Bemerkenswert ist schließlich, dass Söder und sein Kabinett sich am Dienstag dann doch noch zu Lockerungen durchrangen: So können bei einer Inzidenz unter 35 Sport- und Kulturveranstaltungen mit bis zu 20.000 Personen (Geimpfte, Genesene, Getestete) stattfinden. Am Veranstaltungsort (etwa einem Stadion) darf dies allerdings höchstens 35 Prozent der Kapazität ausmachen, anderthalb Meter Abstand müssen gewahrt bleiben, es darf nur Sitzplätze geben (nur dort und unter freiem Himmel entfällt die FFP2-Maskenpflicht), die Tickets müssen personalisiert sein. Konsum und Verkauf von Alkohol sind verboten. Und: Es muss sich um eine Veranstaltung mit "länderübergreifendem Charakter" handeln. Das geht sicher in der Champions League. Aber in der Kultur?