Chiemsee/München
Gericht bestätigt: Jodl-Grab darf für weitere 20 Jahre genutzt werden

06.04.2019 | Stand 20.09.2023, 7:22 Uhr

Das Verwaltungsgericht München hat das Grabnutzungsrecht für das Alfred-Jodl-Grab um 20 Jahre verlängert. −Fotos: Rainer Nietzsche/Thois

Empört und enttäuscht reagieren Gegner des Alfred-Jodl-Grabs auf der Fraueninsel auf die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichts München. Dieses hat am Donnerstag auf Nachfrage der Heimatzeitung mitgeteilt, dass der Klage des Großneffen des Nazi-Generals gegen die Gemeinde Chiemsee stattgegeben wurde, sein Grabnutzungsrecht sich also um 20 Jahre verlängert.

Von einer "törichten Verharmlosung des Faschismus" spricht Wolfram Kastner, der seit vielen Jahren dafür kämpft, dass "dieses Ehrenmal für einen Kriegsverbrecher" vom Klosterfriedhof der Chiemsee-Insel verschwindet. Wie vor zwei Wochen berichtet, hatte die Gemeinde Chiemsee Widerspruch gegen den gerichtlichen Vergleichsvorschlag eingelegt. Anstatt nur Name, Geburtsdatum und Dienstgrad von Alfred Jodl mit einer Platte zu verdecken, hätte die Gemeinde das Grab lieber sofort aufgelöst.

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Die 12. Kammer macht nun aber nochmals deutlich, dass das Argument der Gemeinde, nämlich Platzmangel auf dem Friedhof, nicht stichhaltig sei. Und genausowenig der geschichtliche Hintergrund: Die Richter gehen davon aus, dass künftig keine "Störungen der Friedhofsruhe" mehr zu befürchten seien. Sie spielen damit zum einen auf die Interventionen von Wolfram Kastner an. Dem Münchner Aktionskünstler, der das Grab des NS-Kriegsverbrechers unter anderem mit Planen verdeckt, mit roter Farbe beschmiert und einem "Kriegsverbrecher"-Schild versehen hatte, wirke die Gemeinde durch zivilrechtliche Schritte und den Erlass eines Hausverbots entgegen.

Gericht sieht in Grab keine Pilgerstätte für Neonazis

Zum anderen sieht das Gericht in dem Grab auch keine Pilgerstätte für Neonazis: Politische Agitation rechtsgerichteter Kräfte habe sich auf einen einmaligen Aufmarsch von fünf NPD-Anhängern beschränkt - "nach einer Verunstaltung der Grabstätte durch Herrn Kastner". Und: Bei dem Grabmal handle es sich auch "nicht um ein Denkmal, sondern um ein Familiengrab mit einem gewöhnlichen Grabstein, wie er auf zahlreichen Friedhöfen zu finden ist". Deshalb sei es ausreichend, wenn der Grabnutzer, wie zugesagt, die Inschrift von Alfred Jodl verdecke, der dort ohnehin nicht bestattet ist, weil seine Asche nach der Hinrichtung in der Isar verstreut wurde.

"Genau das ist der Punkt", sagt Wolfram Kastner kopfschüttelnd. "Wie soll es ein normales Grab sein, wenn Alfred Jodl dort gar nicht begraben ist?" Es sei der mit Abstand größte Grabstein auf dem Friedhof, die Form erinnere an das Eiserne Kreuz, ein Militärehrenzeichen der Nazis. "Die Richter sorgen dafür, dass hier ein geschichtsvergessenes Gedenken an einen Massenmörder Bestand hat. Eine Verhöhnung unserer Grundwerte und unseres Grundgesetzes, das auf der benachbarten Herreninsel geboren wurde."
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