Landshut
Schläge, Knebel und Peperoni in offene Wunden als Strafe

28.02.2019 | Stand 20.09.2023, 22:09 Uhr
Alexander Schmid

Seit Montag muss sich das in Altdorf lebende Paar aus Nigeria wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor der Jugendkammer des Landgerichts Landshut verantworten. −Foto: Schmid

Weil das damals sechsjährige Mädchen ein Handy geklaut hat, sollen die Mutter und ihr Lebensgefährte zu einer äußerst grausamen Erziehungsmethode gegriffen haben. Das mit Geschirrtüchern gefesselte Kind sollen sie geschlagen und mit einer Art Nadel verletzt haben. In die Wunden und die Augen des Kindes hätte der Angeklagte dann eine scharfe Peperoni gerieben. Seit Montag muss sich das in Altdorf lebende Paar aus Nigeria wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor der Jugendkammer des Landgerichts Landshut verantworten. Beide bestreiten die Vorwürfe.

Zwei kleine Mädchen stürmen lärmend in den Gerichtssaal, die Eltern schieben den Kinderwagen hinterher und nehmen auf der Anklagebank Platz. Weil die Kinder die ganze Verhandlung aufmischen, wird versucht, sie mit Butterkeksen und Gummibären zu besänftigen. Erst eine kurzfristig organisierte Mitarbeiterin des Jugendamts sorgt für Ruhe, als sie die Mädchen – die jüngeren Geschwister des mutmaßlichen Opfers – mit zum Spielen nimmt.

Gefesselt und mit einem Klebeband geknebelt

Was der dreifachen Mutter und ihrem Lebensgefährten vorgeworfen wird, ist erschütternd. In der Wohnung des Lebensgefährten musste sich das Kind laut Anklage auf Anweisung der Erwachsenen erst bis auf Oberteil und Unterhose ausziehen. Dann sei es gefesselt und mit einem Klebeband geknebelt, und mehrmals mit der Hand und mit einem Gürtel von beiden Angeklagten geschlagen worden.

Anschließend hätte das Duo das Kind mit besagter Nadel am Handrücken und an beiden Oberschenkeln verletzt und dann sowohl die Wunden als auch die Augen des Mädchens mit einer scharfen Peperoni bestrichen. Der Grund für die harte Bestrafung: Das damals sechsjährige Mädchen soll im Oktober 2016 im Kinderhort ihrer Grundschule in Altdorf ein Handy geklaut haben.

"Ich liebe meine Tochter. Ich habe sie den ganzen Weg von Nigeria hierhergebracht, weil sie ein besseres Lebens haben sollte – ich würde sie nie schlagen", wehrte sich die Mutter gegen die Vorwürfe. Auch ihr Lebensgefährte und Vater ihrer beiden kleineren Töchter würde so etwas nie tun, wie die Frau dem Gericht gegenüber erklärte. Auch wenn er nicht der leibliche Vater sei, hätten die beiden dennoch ein "Papa-Tochter-Verhältnis". Sie habe ihre Tochter zu Hause lediglich geschimpft, dass man nicht stehlen dürfe, doch das Mädchen leugnete den Diebstahl. Auch ihr Partner habe der Tochter nur am Telefon die Leviten gelesen und ihr gesagt, man dürfe nicht stehlen.

Generell habe die Angeklagte damals öfters Probleme mit ihrer Tochter gehabt und sich deswegen auch Hilfe bei der Caritas holen wollen. "Sie war schwierig, hat gestohlen und gelogen", berichtete die Mutter der Jugendkammer.

Die Verletzungen seien ihr zuvor nie aufgefallen

Als der Mutter Lichtbilder von den Narben ihrer Tochter gezeigt wurden, gab diese an, die Verletzungen seien ihr zuvor nie aufgefallen. Die Tochter sei allerdings von Mitschülern immer wieder gehänselt und auch geschlagen worden. Manchmal habe sie sich auch beim Spielen mit den Nachbarskindern verletzt, "wie das bei Kindern halt so ist."

Am Tag nach dem Diebstahl sei das Mädchen wieder zur Schule gegangen, aber nicht mehr nach Hause gekommen. Es wurde vom Jugendamt in Obhut genommen und ins Krankenhaus gebracht, weil sie angab, von der Mutter geschlagen worden zu sein.

Das Mädchen befindet sich derzeit in einem Kinderheim und darf ihre Mutter etwa alle zwei Wochen unter Aufsicht sehen. Der Angeklagte wollte sich zu den Tatvorwürfen nicht äußern. Der Prozess wird am Donnerstag, 28. Februar, fortgesetzt.