Fürstenzell
Warum eine Kerze am Adventskranz rosa ist

15.12.2017 | Stand 21.09.2023, 22:25 Uhr

Die beiden ersten violetten Kerzen durfte Mesner Georg Wagner bereits entzünden. An diesem Sonntag ist Rosa an der Reihe. − Foto: Schlegel

In der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt in Fürstenzell pflegt man seit nunmehr drei Jahrzehnten eine seltene Tradition. Auf dem großen Adventskranz, der hoch über den Köpfen der Kirchenbesucher schwebt, sind nämlich nicht die üblichen roten Kerzen angebracht, sondern dort gestalten drei violette und eine rosa Kerze die Adventszeit etwas bunter.

Eingeführt wurde diese Besonderheit von Mesner Georg Wagner, der sich die ungewohnte Farbgebung 1994 vom Budapester Dom abgeschaut hatte und erklären ließ. "Das Violett rührt daher, dass die Adventszeit eigentlich auch immer eine Bußzeit sein sollte", schildert er. "Und das Rosa lehnt sich an den dritten Adventssonntag, den Gaudete, an." Damit meint Wagner, dass die Kerzen im Fürstenzeller Adventskranz den hergebrachten liturgischen Farben entsprechen, die der Priester an den jeweiligen Adventssonntagen trägt. Während die übrigen Gottesdienste mit violetten Roben abgehalten werden, spielt am dritten Sonntag bereits das weihnachtliche Weiß in die Amtstracht hinein. "Weiß und Violett ergibt Rosa", erläutert Wagner. "So wird die Bußzeit dem Gaudete entsprechend etwas aufgelockert." Gaudete, der lateinische Ausdruck für "freuet euch", ist schließlich das erste Wort des Einzugsgesangs für diesen Sonntag und gilt deshalb als Motto des dritten Advents.

Den Kranz an dieser Symbolik auszurichten, erschien dem Mesner so schlüssig, dass er sich nach seinem Ungarnbesuch kurzerhand dazu entschlossen hatte, den Brauch auch in seiner Kirche einzuführen. "Anfangs gab es natürlich Widerstand. Die Leute dachten, Rot sei die festlichere Wahl", erinnert sich Wagner. "Aber mittlerweile ist die Gemeinde stolz darauf, eine Art Vorreiter zu sein." Tatsächlich wurde die Fürstenzeller Variante bereits von mehreren Kirchen aus der Region aufgegriffen, die sich, wie Wagner selbst, von dem sinnhaften Hintergrund überzeugen ließen.

"Es wäre schön, wenn noch mehr nachzögen. Mir persönlich gefällt unser Kranz viel besser als dieses ewige Rot wie im Passauer Dom", befindet Pfarrer Christian Böck. Immerhin würde die Verwendung von Violett und Rosa keinen echten Traditionsbruch darstellen. Den Adventskranz, wie wir ihn heute kennen, gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Eine religiöse Begründung für die roten Kerzen hat es jedoch nie gegeben.

− fjb