Bodenmais
Der Herrgottschnitzer ist ein Achtziger

28.08.2018 | Stand 20.09.2023, 6:27 Uhr

Der Herrgottschnitzer Joachim von Zülow mit Heilig-Geist-Kugeln. Der Kunsthandwerker konnte jetzt seinen 80. Geburtstag feiern. −Foto: Archiv/Arweck

"Berufsrechtlicher Holzbildhauer" als Berufsbezeichnung klingt sperrig, "Herrgottschnitzer" dagegen weitet den Blick auf die große Palette, die über christlich-religiöse Kunstwerke weit hinausreicht. In Bodenmais versteht einer so viel davon wie kaum ein anderer in der Region. Und es ist nicht hochtrabend, wenn man Joachim von Zülow einen Perfektionisten nennt. Die Werkstatt ist nach wie vor sein Revier, die Hände in den Schoß legen ist seine Sache nicht. Vor 80 Jahren begann der Lebensweg des "Herrgottschnitzers von Bodenmais". Jetzt feierte Joachim von Zülow sein rundes Wiegenfest im Wohnhaus am Dreifaltigkeitsplatz.

Unter den Gratulanten waren Pfarrerin Tamara Stampka, 2. Bürgermeister Hans Sturm, Marianne Wölfl vom Sozialausschuss der Pfarrei und Vereins-Delegationen. Zu seinem 80. Geburtstag erreichten Joachim von Zülow zahlreiche Glückwünsche. Das allein dokumentiert schon das Ansehen und die Beliebtheit des Holzbildhauermeisters, dessen Wiege in Haifa im heutigen Israel stand.

Es war im August 1938, da war der Vater von Joachim von Zülow im damaligen Palästina in der deutschen Botschaft im diplomatischen Dienst beschäftigt. Der junge Joachim machte seinen Weg aber auf dem europäischen Kontinent. Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen sind zwei Orte, in denen Joachim von Zülow seine Beziehung zu Holz vertiefte. Von 1952 bis 1956 lernte er an der Staatlichen Fachschule das Handwerk des Holzbildhauers.

1960 hat sich Joachim von Zülow mit seinen Eltern am Rechen in Bodenmais niedergelassen, sich selbstständig gemacht. 1971 wurde das Wohnhaus am Dreifaltigkeitsplatz gebaut, dazu Werkstatt und Ausstellungräume errichtet.

"Der Herrgottschnitzer von Bodenmais" hat sich seit sechseinhalb Jahrzehnten der Holzbildhauerkunst verschrieben. Was wäre diese erfolgreiche berufliche Karriere ohne den notwendigen Rückhalt, der aus der Familie kommt? Den Grundstein dafür legte Joachim Zülow am 28. Oktober 1971, als er Roswitha Schreiner aus Bodenmais zum Traualtar führte, die ihm vier Söhne schenkte: Martin, Sebastian, Florian und Tobias. Holzbildhauer, Restaurator und Kirchenmaler sowie einen Beruf im Metallbereich haben sie gewählt. Annalena, Fabian, Rosalie und Lorena sind die vier Enkel des stolzen Opas, der zu seinen Lieben ein sehr gutes Verhältnis hat. Sohn Sebastian hat mittlerweile das Geschäft übernommen. Mehr als 40 Auszubildenden hat Joachim von Zülow das berufliche Rüstzeug mitgegeben, die Angestellten schätzen ihn als einen verständnisvollen Arbeitgeber, dem sie Respekt zollen.

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel hat die Tragik 1998 die Familie erreicht, als Rosemarie von Zülow die schreckliche Diagnose ihrer Krebserkrankung erhielt. 2012 hat sie mit nur 61 Jahren diesen aussichtslosen Kampf verloren. Und es war wieder die Familie, in der der Witwer die Zuwendung erfuhr, derer er nach diesem Schicksalsschlag bedurfte. "Der Herrgottschnitzer von Bodenmais" bestand diese Prüfung. Und natürlich sei ihm auch zum 80. Geburtstag der Eifer für sein Handwerk und die Kraft fürs Leben mit seiner Familie gewünscht – ad multos annos!

− Wolfgang Mühlbauer