Pfarrkirchen
Kehrtwende bei Photovoltaik

10.07.2022 | Stand 25.10.2023, 11:03 Uhr

Bislang war die Stromerzeugung auf Dächern nur außerhalb der Allee erlaubt. Nun hat der Bauausschuss den Weg freigemacht, dass auch in der Altstadt Photovoltaikanlagen möglich sind. −F.: Schön

Wie sich doch die Zeiten ändern können. Vor knapp drei Jahren hatte der Stadtrat mit breiter Mehrheit einen Grundsatzbeschluss getroffen, dass im Hinblick auf den Schutz des Altstadtensembles keine Photovoltaikanlagen innerhalb der Allee errichtet werden dürfen. Nun die Kehrtwende: Angesichts der Unsicherheiten am Energiemarkt in Folge des Ukraine-Krieges wurde nun dieser Beschluss vom Bauausschuss wieder zurückgenommen – und zwar einstimmig als Empfehlungsbeschluss an den Stadtrat. Jedoch bedeutet diese Entscheidung keinen Freifahrtsschein. Jede beantragte Anlage wird künftig einzelfallbezogen im Rahmen eines Antrags auf denkmalschutzrechtliche Erlaubnis behandelt.

"Man muss sich der Realität stellen", meinte Stefan Lang, Leiter des Stadtbauamtes, als er den Sachverhalt erläuterte. Für die Aufhebung gebe es mehrere Gründe. Dazu würden der klimatische Wandel, der beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie sowie das geplante Ende der Kohleverstromung zählen. Natürlich würden auch die extremen Preisschwankungen bei fossilen Energieträgern in Folge des Ukraine-Krieges eine große Rolle spielen, dass man nun eine komplett andere Ausgangslage am Energie- und Versorgungsmarkt als noch 2019 habe. Verschärfend komme noch hinzu, dass zunehmend Anlagen mit erneuerbaren Energien für Heizungsanlagen mit dem Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden in den Fokus gerückt werden, so Lang. Denn viele Heizungen würden nun modernisiert – und das auch im Altstadtbereich.

Für die Stadtverwaltung stehe fest, dass man eine ganzheitliche Einschränkung von Photovoltaikanlagen im Altstadtensemble im Hinblich auf die fortschreitende Energiewende langfristig nicht aufrechterhalten könne. Laut Lang gebe es immer mehr Anfragen von Immobilienbesitzern. Zumal sich bei einer Modernisierung eine Wärmepumpe ohne Photovoltaikanlage nur sehr schlecht umsetzen lasse.

Die Aufhebung des Grundsatzbeschlusses bedeute aber nicht, dass nun überall Anlagen möglich seien, wie das Gremium erfuhr. Denn für eigentlich baurechtlich verfahrensfreie Photovoltaikanlagen im Ensembleschutz sei eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich, wie Lang erläuterte. Damit sei eine Einzelfallprüfung für das jeweilige Vorhaben gewährleistet. Somit habe es die Stadt letztendlich in der Hand, die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern. "Wir erhalten damit mehr Flexibilität", wie Lang ergänzte.

Rainer Niedermeier (SPD) begrüßte den Antrag und bezeichnete die Kehrwende als sehr vernünftig. In diesem Zusammenhang erinnerte er daran, dass er schon damals gegen diesen Grundsatzbeschluss gestimmt habe. Denn damit habe man die Bewohner innerhalb der Altstadt von der Energiewende ausgeschlossen. Außerdem befürwortete er es, dass über jedes Vorhaben im Einzelfall entschieden werden soll.

Der gleichen Meinung war auch Sarah Kandlbinder (Grüne). Sie hatte schon damals nicht verstanden, warum dieser Beschluss so gefasst worden sei.

"Die Formulierung des Antrags ist hervorragend" meinte Karl Hafner (CSU). Denn man müsse bei jeder Anlage prüfen, ob dies ins Ensemble passe. Seiner Stadtratskollegin Sara Kandlbinder jedoch widersprach er. Denn der Beschluss von vor drei Jahren sei sehr wohl durchdacht gewesen.