Geiersthal
Gemeinderat will Glasfaser für alle Gebäude

Geiersthal macht beim Breitbandausbau keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Ortsteilen

01.06.2021 | Stand 20.09.2023, 0:44 Uhr
Marion Wittenzellner

Glasfaseranschlüsse für alle Ortsteile – das will der Geiersthaler Gemeinderat und vergab einen entsprechenden Planungsauftrag. −Symbolfoto: dpa

Vom anvisierten Breitbandausbau mit Fördermitteln der bayerischen Gigabit-Richtlinie soll jeder Winkel der Gemeinde Geiersthal profitieren.

In seiner jüngsten Sitzung hat sich der Gemeinderat geschlossen dagegen ausgesprochen, einzelne abgelegene Ortsteile von vornherein aus der Liste der Erschließungsgebiete zu streichen.

In puncto "High-Speed-Internet" schauen viele Geiersthaler ja noch ziemlich in die Röhre. Selbst in Gebieten, wo aufgrund früherer Förderverfahren bereits ein erster Breitbandausbau erfolgt ist, läuft nicht immer alles rund. Doch ein weiterer Ausbau ist richtig teuer und von kleinen Kommunen aus Eigenmitteln nicht zu stemmen.

Hoffnung verspricht da die im März 2020 in Kraft getretene bayerische Gigabit-Richtlinie, mit der der Freistaat neue Wege bei der Glasfaser-Subventionierung beschreitet. Denn plötzlich winkt einer finanzschwachen Gemeinde im ländlichen Raum wie Geiersthal selbst dort, wo bereits Übertragungsraten von mindestens 30 MBit/s verfügbar sind und somit eine weitere Förderung bislang ausgeschlossen war, dank der Härtefallregelung wieder eine satte Zuwendung von 90 Prozent.

Erklärtes Ziel der Landesregierung ist nämlich der Ausbau von "Glasfaser bis hin Haus" mit zuverlässigen Übertragungsraten von mindestens 200 MBit/s für Privathaushalte und von mindestens 1 GBit/s fürs Gewerbe.

Bereits im Juli 2020 hatte der Gemeinderat den Berater Günther Pichlmaier von der Firma Corwese zu einer Sitzung eingeladen, um sich ausführlich über die aktuellen Fördermöglichkeiten von Bund und Land zum Breitbandausbau und schwerpunktmäßig über die neue Gigabit-Richtlinie informieren zu lassen. Der Experte erklärte seinerzeit, dass damit nahezu das ganze Geiersthaler Gemeindegebiet im Kern wieder förderfähig wäre. Er empfahl der Kommune, eine Markterkundung in die Wege zu leiten (VBB berichtete).

Die Forma Corwese erhielt daraufhin den Auftrag zur Voruntersuchung und Durchführung der Markterkundung für die Vorbereitung eines geförderten Breitbandausbaus im Rahmen der Gigabit-Richtlinie. Nachdem das Markterkundungsverfahren nun abgeschlossen ist, lieferte Pichlmaier dem Gemeinderat am Dienstagabend einen Sachstandsbericht und legte die Möglichkeiten zur weiteren Vorgehensweise dar.

Laut seinen Ausführungen habe eine Auswertung nach Adressen, Hauskoordinaten, gewerblicher und privater Nutzung sowie Anschlüssen ergeben, dass die Versorgungslücken übers ganze Gemeindegebiet verteilt sind. Lediglich kleinere Bereiche wie etwa das Neubaugebiet wären nicht im Förderbereich, weil sie bereits mit Glasfaser erschlossen sind.

Nach seiner Kostenschätzung würde der Gesamtausbau aller förderfähigen Gebäude und Anwesen im Geiersthaler Hoheitsgebiet mit 9,3 Millionen Euro zu Buche schlagen. Die Förderung aus der Gigabit-Richtlinie sei allerdings auf maximal acht Millionen Euro gedeckelt. Zusätzlich gelte es auch pro Haus Höchstbeträge zu beachten. Darüber hinausgehende Kosten müsste die Gemeinde gegebenenfalls voll aus eigener Tasche bezahlen, während bei einer gezielten Ausschöpfung des maximalen Fördervolumens nur der Mindesteigenanteil von zehn Prozent fällig würde.

Wenn nicht genügend Geld da ist, muss man Prioritäten setzen, meinte Pichlmaier. Somit bleibe nur die Wahl, entweder einzelne Gebiete gleich von vornherein von der Ausbauliste zu streichen, oder aber erst einmal mit dem kompletten Gebiet in die Ausschreibung zu gehen und dort eine Maximalsumme von acht Millionen Euro festzusetzen, oberhalb der sich die Gemeinde die Auftragsvergabe vorbehält.

Der Experte legte den Bürgervertretern die letztere Vorgehensweise nahe, denn so bestehe zumindest die Chance, dass ein Provider ein günstigeres Angebot abgibt, in dem trotzdem das gesamte förderfähige Ausbaugebiet mit erfasst ist. Bei mehr als 5,35 Millionen Euro geschätztem Auftragswert müsse die Ausschreibung ohnehin europaweit erfolgen, gab er zu bedenken.

Die Angst vor einem plötzlichen Wegbrechen der schon sicher geglaubten Zuschüsse sei unbegründet, weil der Vertrag erst nach Erhalt der Förderzusage unterzeichnet werde, zerstreute er diesbezügliche Sorgen des Gremiums.

Die Abschlagszahlungen seien dann auch immer relativ schnell da, ergänzte Kämmerer Josef Geiger. Haushaltstechnisch wäre im laufenden Jahr ohnehin nur ein Ansatz für die Beratungskosten zu berücksichtigen; allerdings bräuchte man eine Verpflichtungsermächtigung, damit der Auftrag heuer noch vergeben werden könne.

Hinsichtlich der Fördervarianten könne die Kommune zwischen dem "Wirtschaftlichkeitslückenmodell", dem "Betreibermodell" und dem "Beistellungsmodell" wählen, fuhr Pichlmaier fort. Für eine Gemeinde in der Größenordnung von Geiersthal empfahl er das Wirtschaftlichkeitslückenmodell, weil es sich dabei um ein relativ einfach abzuwickelndes Rundum-Sorglos-Paket handle.

Trotz der europaweiten Ausschreibung sei davon auszugehen, dass wohl in erster Linie die Deutsche Telekom und die Amplus AG Angebote abgeben werden, mutmaßte der Referent auf Nachfrage aus dem Gremium. Sollte die Telekom den Zuschlag erhalten, dann wäre mit einer Ausbauzeit von vier Jahren zu rechnen.

Die Ausschreibung müsse wettbewerbsneutral erfolgen, betonte Pichlmaier. Am Ende gewinne der Betreiber, der das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. Sollte das günstigste Angebot von Amplus kommen, dann müssten die Telekomkunden, die auch vom schnellen Internet profitieren möchten, zu Amplus wechseln, weil zwischen den beiden Unternehmen bis jetzt noch kein Kooperationsvertrag besteht.

Angebot und Anbieter kann die Gemeinde vorab nicht beeinflussen, stellte Bürgermeister Richard Gruber fest. Er plädierte dafür, alle förderfähigen Gebäude und Grundstücke anzuschließen. "Warum soll der Außenbereich da weniger zählen als der Ortskern?"

"Ich wüsste nicht, wie man den anderen Bürgern das klarmachen sollte", war auch Grubers Stellvertreter Ludwig Weindl der Auffassung, dass der Ausbau der ganzen Gemeinde alternativlos sei.

Ihre Ratskollegen sahen das genauso. Am Ende beschloss das Gremium einstimmig, folgende zehn Ortsteile in das Erschließungsgebiet aufzunehmen: Gumpenried, Furthof, Haid am Sand, Frankenried, Altnußberg, Fernsdorf, Linden, Vorderpiflitz, Geiersthal und Holzhaus. Die Firma Corwese wird gemäß dem bereits im Juli 2020 erfolgten Auftrag das Auswahl- und Förderverfahren durchführen.