Kollnburg
"Die Kirche in Deutschland strahlt nicht mehr"

Ernste Worte von Pfarrer Josef Renner in seinem letzten Gottesdienst vorm endgültigen Abschied nach Afrika

27.09.2022 | Stand 21.09.2023, 22:01 Uhr

Wie es in seiner afrikanischen Heimat der Brauch ist, erteilten Gläubige dem Abschied nehmenden Pfarrer Renner bei seinem letzten Gottesdienst in Kollnburg einen gemeinsamen Abschiedssegen. −Foto: E. Wittenzellner

Am Freitag, 30. September, fliegt Pfarrer Josef Renner nach Afrika zurück. Er wird wohl nicht mehr nach Deutschland kommen. Im Januar werde er 80 Jahre alt und trage eine schwere Krankheit in sich, sodass er keine lange Reise mehr auf sich nehmen möchte. Am Sonntag richtete der ehemalige langjährige Kollnburger Pfarrer bei einem Abschiedsgottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche, in Form eines Charismatischen Gottesdienstes gehalten, mahnende Worte an die Gläubigen.
Das Thema seiner Predigt lautete "Religiöser Aufbruch im Bayerischen Wald?" Dabei gab er den Gläubigen, die an diesem Sonntag dichter als sonst üblich in den Kirchenbänken saßen, eine Botschaft weiter: "Schimpft nicht dauernd über die Kirche, erwartet keine Neuerungen, sonst werdet ihr nur negativ und frustriert und verliert eure Freude am Glauben. Werdet positiv, fangt mit der Erneuerung bei euch selber an, brecht auf und sucht einen Weg, der euch glücklich stimmt!"
Papst Franziskus habe zur Charismatischen Erneuerung gesagt: "Ihr habt das Charisma der Einheit. Haltet Gottesdienst miteinander, Christen verschiedener Richtungen und Konfessionen!" Das wollten sie nun heute tun: von verschiedenen Konfessionen aus ein Fest der Freude feiern.
Bei einem Verwandtenbesuch in der Oberpfalz habe er am Abend das angestrahlte Kloster Reichenbach über dem Fluss Regen bewundert. Mit der Energiekrise wurden nun die Lichter abgeschaltet, die Kirche strahlt nicht mehr. "Die Kirche strahlt nicht mehr! Das ist der Eindruck, den ich von der deutschen Kirche mitnehme nach Ghana. Katholiken treten von der Kirche aus oder kommen nicht mehr zum Gottesdienst, Klöster werden geschlossen, das Priesterseminar leert sich, die Leute schimpfen über die Missstände, die Freude am Glauben fehlt", erklärte Renner. Eine Einheit unter den Christen, selbst die Einheit unter den Bischöfen sei nicht zu erkennen.
Erzbischof Philipp, der Vorsitzende der Ghanaischen Bischofskonferenz, habe im ghanaischen Fernsehen gesagt: "Die deutsche Kirche ist für uns kein Vorbild mehr. Wir müssen unseren eigenen Weg gehen." Wie Renner berichtet, sind in Ghana am Sonntag die Kirchen voll, die Zahl der Priester und Ordensleute steigt ständig, Jugendliche melden sich in Scharen zum Taufunterricht. In Ghana stehe Jesus im Mittelpunkt, nicht die Kirche. "Christen verschiedenster Konfessionen und Richtungen, Muslime und Anhänger der traditionellen Religion ziehen voller Freude in die Kirche ein, um in der Gemeinschaft Gott zu loben in Gesang, Tanz und mit allen zur Verfügung stehenden Instrumenten. Wir gehen auf Gott zu, miteinander! Jeder bringt sich ein, wir lassen uns von Gott beschenken, werden positiv", betonte Renner.
Im Anfang seines Deutschlandurlaubs sei er vor allem Menschen begegnet, die über die Kirche schimpften. Manche waren schon ausgetreten, andere wollten es tun. Sie traten aus und fielen in ein tiefes Loch. Da sei nichts Geistliches mehr da gewesen. "In Ghana treten auch Menschen aus der Katholischen Kirche aus, treten aber sofort in eine andere Kirche ein, wo man Freude und Begeisterung am Glauben erfährt".

Und der Geistliche ging noch einen Schritt weiter: "Die Kirche von gestern wird nicht mehr die Kirche von morgen sein", prophezeite Renner und appellierte an die Gottesdienstbesucher: "Fangt bei euch selber an." Man könne zum Beispiel nicht Gebete nur herunterbeten, sondern sie in einer tiefen Beziehung zu Gott verrichten. Seht das Positive in der Schöpfung und im Handeln Gottes! "Viele Männer möchten verheiratete Priester werden, auch einige Frauen Pfarrerinnen. Die Amtskirche verwehrt es ihnen. Vor 15 Jahren legte der Kardinal in München einer Gemeindereferentin die Hände auf und berief sie zur Wortgottesdienstleiterin. Seit 15 Jahren hält diese Geistliche nun am Sonntag in München einen Wort-Gottesdienst ohne Pfarrer. Lebt geistlich und werdet frohe und glückliche Christen! Entdeckt die Bibel als großen geistlichen Schatz wie meine Schüler in Ghana!", rief er die Menschen auf.
Im Laufe des weiteren Gottesdienstes durften alle Ehe- oder Geburtstagsjubilare vor den Altar kommen, wo sie Pfarrer Renner extra segnete. Am Ende zeigte sich eine Einheit mit anderen Richtungen und Konfessionen, die Renner zu sich zur Aussendung rief, damit sie gemeinsam für ihn als Abschied-Nehmendem beten und ihn segneten. Es war ein beeindruckender Gottesdienst, in dem ein Gefühl der Einheit und Verbundenheit geweckt wurde.
Von zwei Bischöfen wurde Renner in seinem Priesterleben bislang verabschiedet: in Kollnburg und dann in Yendi. Nun folgt ein drittes Mal an seinem 80. Geburtstag am 6. Januar 2023 in Tamale – zur Einweihung von Kindergarten, Schule und Gymnasium, die er in der Bezirkshauptstadt, in der er jetzt in der Familie einer ehemaligen Haushälterin lebt, aufgebaut hat. Und dann will Renner in den Ruhestand gehen.

− ewi