Zwieseler Winkel/Freyung
Umstrittener Namensgeber

Nazi-Nähe des Heimatdichters Hans Watzlik ist Thema in Freyung – und bald auch bei uns?

30.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:15 Uhr

In Zwiesel gibt es sie, in Frauenau, in Bayerisch Eisenstein und in vielen anderen Städten Bayerns ebenfalls: Eine Hans-Watzlik-Straße. Da und dort könnte sich das ändern. −Foto: Mühlehner

Ein tschechoslowakischer Staatspreis für Literatur, eine Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft, ein Adalbert-Stifter-Preis sowie mehrere posthume Ehrungen – die Vita des deutsch-böhmischen Schriftstellers Hans Watzlik liest sich nicht schlecht. Doch in dieser Vita gibt es Schattenseiten. Und die haben in den vergangenen Jahren immer wieder zur Diskussion darüber geführt, ob Watzlik als Namensgeber etwa für Straßen tragbar ist. Gerade kocht die Debatte um die Nähe des Schriftstellers zum Nationalsozialismus in Freyung wieder auf. Überträgt sie sich auch auf den Zwieseler Winkel?

Dass der Autor, der 1879 im Bezirk Krumau im heutigen Tschechien geboren wurde und 1948 nahe Regensburg gestorben ist, die meisten seiner Ehrungen von den Nazis erhalten hat, ist wohl kein Zufall. So weist beispielsweise die Stadt Augsburg – dort gibt es eine Straße, die nach dem Schriftsteller benannt ist – auf ihrer Webseite darauf hin, dass „die ausgeprägte volkstumsbezogene Heimat-Thematik in Watzliks Werken deren Instrumentalisierung im Sinne der NS-Ideologie naheliegend machte“. Weiter heißt es, dass er in seinen Werken wiederholt „bewusst nationalistische und rassische Themen aufgriff“, was ihm letztendlich nicht nur die Anerkennung der Nazis, sondern auch hochdotierte Preise und Ehrungen in jener Zeit einbrachte.

War Hans Watzlik nur ein Opportunist? Eher nicht. Darauf lässt neben seiner Parteimitgliedschaft bei der NSDAP auch seine Verehrung Adolf Hitlers schließen. So heißt es in seinem Werk „Sudetendeutsche Reden und Aufrufe“ von 1940 wörtlich: „Wir wissen, wem wir unsere Freiheit zu danken haben. Wir wollen darum immer in Treue zu ihm gehören, unserem Befreier, dem größten Staatsmann der Deutschen, dem größten deutschen Willensmenschen (…) einzigartig, einmalig in der Geschichte der Völker: Adolf Hitler!“

Infotafel zum Straßenschild?

Auf die Diskussion um Hans Watzlik war zuletzt ein Freyunger Stadtrat aufmerksam geworden und hatte das Thema nach persönlicher Recherche ins dortige Gremium gebracht. Denn auch in Freyung gibt es eine Hans-Watzlik-Straße. Der Freyunger Stadtrat wird sich demnächst damit befassen, wie man mit dieser Straße weiter verfahren will. Möglich wäre, sie umzubenennen oder sie mit einer Zusatztafel zu versehen, die über die kritischen Aspekte in Watzliks Vita aufklärt.

Auch im Zwieseler Winkel gibt es mehrere Hans-Watzlik-Straßen. Eine davon in der Stadt Zwiesel. Den Namen hat sie laut Stadtarchivar Roland Schreder 1960 erhalten. „Beschwerden hat es wegen des Namens noch keine gegeben“, erklärt er auf Nachfrage. Die Diskussion um eine Namensänderung sei aber schon öfter „hochgeköchelt“, dann allerdings genauso schnell wieder abgekühlt.

Hinweise auf eine NS-Nähe Watzliks seien wohl erst über die Jahre aufgetaucht, glaubt Roland Schreder. „Zur Zeit der Namensgebung sah man Hans Watzlik vermutlich nur als den großen Heimatdichter, der den Bayerischen Wald bekannt gemacht hat.“ Mittlerweile seien aber durchaus einige sehr fragwürdige Aussagen Watzliks ans Licht gekommen. „Man muss das aber natürlich auch immer im Kontext der Zeit sehen“, meint Schreder.

Und gerade diese Einordnung ist seiner Ansicht nach eine Sache, die eine Kommune kaum leisten kann. „Das müsste meiner persönlichen Meinung nach eine übergeordnete Einrichtung tun, etwa der Gemeindetag oder das Haus der Bayerischen Geschichte“, so der Stadtarchivar. Eine Einrichtung, die entsprechende Historiker an der Hand habe, um Watzliks Vergangenheit fundiert bewerten zu können. „Und die dann eine Empfehlung an die Kommunen ausgibt.“ Schreder ist sicher: „Sollte sich herausstellen, dass die Verbindung zwischen Hans Watzlik und dem NS-Regime ein kritisches Ausmaß hatte und die Empfehlung lautet, man solle sich von seinem Namen distanzieren, würde sich die Stadt Zwiesel dem sicher nicht verschließen.“

Ein Fall für dieGemeinderäte

Das Thema Hans Watzlik wird wohl – infolge einer Anfrage eines Online-Magazins – auch in der Gemeinde Frauenau auf den Tisch kommen, wie Bürgermeister Fritz Schreder (SPD) auf Nachfrage sagte. Denn auch dort gibt es eine nach dem umstrittenen Heimatdichter benannte Straße. „Ich will da auf jeden Fall den Gemeinderat mitnehmen und ein breites Meinungsbild einholen“, so Schreder. Deshalb soll das Thema zunächst in nicht-öffentlicher Sitzung angesprochen werden.

Ähnlich will es sein Bayerisch Eisensteiner Kollege Michael Herzog (CSU) handhaben. Denn auch im Grenzort ist Hans Watzlik Namensgeber für eine Straße. „Für mich war die Thematik mit der NS-Vergangenheit von Hans Watzlik gänzlich neu“, so Herzog auf Anfrage. Man werde jetzt erst einmal die Hintergründe der Straßenbenennung zu klären versuchen und das Thema dann im Gemeinderat behandeln. Beschwerden aus der Bevölkerung über die Straßenbenennung sind weder dem Eisensteiner noch dem Frauenauer Rathaus-Chef bisher zu Ohren gekommen.

Aber nicht nur Kommunen, auch der Nationalpark Bayerischer Wald ist mit der Angelegenheit konfrontiert, denn das Urwaldgebiet bei Zwieslerwaldhaus trägt den Namen „Hans-Watzlik-Hain“. Diese Bezeichnung habe es bereits vor der Gründung des Parks gegeben, so Nationalpark-Chef Dr. Franz Leibl, und dieser Name sei bis heute geblieben.

„Angesichts der nationalsozialistischen Orientierung von Hans Watzlik ist es aus Sicht der Nationalparkverwaltung gerechtfertigt, über eine Umbenennung der Örtlichkeit beziehungsweise über das Anbringen eines Zusatzschildes nachzudenken“, sagt Leibl. Hierzu gebe es erste Überlegungen in der Nationalparkverwaltung. „Von Seiten unserer Besucher haben wir zu dieser Thematik noch keine Beschwerden erhalten“, so Leibl.

− fs/cor/rz