Aus Freunden wurden Partner
Regener Städtepartnerschaft mit Eschwege wurde nach 30 Jahren Freundschaft offiziell

Trachtenverein legte Grundstein für Städtepartnerschaft – Regelmäßige Festbesuche noch heute

10.06.2023 | Stand 25.10.2023, 12:18 Uhr |

Vor allem durch seine Fachwerkhäuser in der Altstadt zeichnet sich Eschwege aus. Eine andere Besonderheit ist der Dietemann, die Symbolfigur Eschweges, der zu jeder vollen Stunde auf dem Eschweger Landgartenschloss trompetet. −Foto: Tourist-Info Regen

„Willkumme in Eschwege“, heißt es schon seit 1967, als der damalige Stadtrat Sepp Schwannberger mit einer Regener Delegation und per Bus zum ersten Mal nach Eschwege fuhr. Obwohl der Besuch im Oktober an einem Freitag dem 13. stattfand, war das kein schlechter Vorbote für die spätere Partnerschaft zwischen den beiden Kommunen, die auch über 56 Jahre später noch ausgiebig gelebt wird. Auch wenn sich die beiden Vereine, auf deren Freundschaft die Partnerschaft aufbaut, nicht mehr aktiv an dieser beteiligen können.

Die Partnerschaft der Kreisstadt mit der 19000 Einwohner großen Stadt im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis, knapp eine Stunde von Kassel entfernt liegend, beruht auf einer zufälligen Begegnung während eines Kuraufenthaltes. 1966 lernten Stadtrat Sepp Schwannberger und der Regener Bürgermeister Alois Reitbauer in einem Thermalbad in Bad Mergentheim Kurt und Hildegard Fischer aus Eschwege kennen. Aus dieser Freundschaft entstand dann die Idee, die Saisonabschlussfahrt der Mitwirkenden der Heimatabende in Regen nach Eschwege zu unternehmen.

Und so machte sich die Regener Delegation um Sepp Schwannberger, Alois Reitbauer, die Musikkapelle Hain und einige Mitglieder des Volkstrachtenvereins Bayerwald Regen um 3 Uhr morgens auf den Weg nach Eschwege. Das Motto der Fahrt: „Vom Bayernland zum Werrastrand“. Dort angekommen stellte sich Regen sowohl mit einem Heimatabend bei der Bürgerhauseinweihung in Heldra vor als auch am nächsten Tag in der Turnhalle bei einem Werbeabend. Jeweils 350 bis 400 Eschweger waren zu den Abenden gekommen, um die neuen Freunde aus dem Bayerwald kennenzulernen.

Wie erfolgreich der erste Auftritt der Bayerwaldler in Nordhessen war, zeigte sich auch in der Gründung des Zweigvereins Trachtenverein Eschwege-Regen, der zum Volkstrachtenverein Bayerwald-Regen gehört. Über die nächsten dreißig Jahre bis zum Abschluss der offiziellen Städtepartnerschaft am 24. Oktober 1997 und darüber hinaus pflegten vor allem die Mitglieder der beiden Vereine die Freundschaft der Gemeinden. „So eine Freundschaft gibt es nicht oft“, sagt Elisabeth Ertl, Schriftführerin im hiesigen Volkstrachtenverein.

Die 82-Jährige ist seit den Anfängen der Freundschaft dabei, ihr Mann Wilhelm Ertl ist Ehrenvorsitzender des Vereins. Jedes Jahr habe man sich gegenseitig besucht, erzählt sie. Die Eschweger seien mit ihren Trachten auf den Regener Festumzügen mitgelaufen und die Regener auf den Eschweger Umzügen. „Dafür sind wir extra am Wochenende hingefahren“, erinnert Ertl sich. Mit dem Bus dauert eine Fahrt etwa sechseinhalb Stunden.

Durch die regelmäßigen Besuche benannte Adolf Scheuffler seine Kneipe in Eschwege sogar inoffiziell in den „Regener Wirt“ um, nachdem dort immer wieder die Treffen der beiden Gruppen stattfanden. Neben den Festumzügen traten die Regener aber auch bei weiteren Heimatabenden in Eschwege auf: „Einmal haben wir dort sogar Schuhplattler getanzt“, lacht Elisabeth Ertl. Auch bei der 7. Nordhessenrundschau 1989 konnte sich Regen dank der Verbindung zu Eschwege als einziger Fremdenverkehrsort beteiligen. Die Freundschaft sei so eng gewesen, sagt Ertl, dass man bei jeder Heimfahrt immer noch lange dem Bus nachgewunken habe.

Doch seine letzte Fahrt nach Regen hat der Trachtenverein aus Eschwege 2018 angetreten. Seitdem verhinderte erst die Corona-Pandemie weitere Reisen, dann das vorangeschrittene Alter der Mitglieder. „Der Verein hat große Nachwuchsprobleme“, sagt Ingrid Möller-Quanz, Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins Eschwege und ebenfalls sehr aktiv in der Partnerschaftspflege mit Regen. Es sei für den Trachtenverein leider nicht mehr machbar, die Fahrten zu organisieren: „Sie fahren nicht mehr.“

Das betrübt Elisabeth Ertl sehr: „Wenn die Eschweger nicht mehr nach Regen kommen, weiß ich nicht, ob die Regener noch nach Eschwege fahren.“ Denn auch der Regener Mutterverein hat starke Nachwuchsprobleme, und aufgrund des zunehmenden Alters der Mitglieder ist der letzte Besuch beim Zweigverein schon einige Jahre her. „Die Blütezeit des Trachtenvereins ist vorbei“, ist Ertl traurig und nennt den Hauptgrund dafür: „Heutzutage interessiert die Jugend das nicht mehr.“ Vielleicht irgendwann, mutmaßt sie, könne man noch einmal fahren, aber das sei schwierig zu organisieren.

Dafür fährt in diesem Jahr erstmals seit der Pandemie wieder der Städtepartnerschaftsverein Eschwege mit einer kleinen Delegation nach Regen. Im Juli geht es zum Altstadtfest. Dann bringen die Eschweger auch wieder eine ihrer hessischen Spezialitäten mit, verrät Ingrid Möller-Quanz. Im Rahmen der Reise zum Altstadtfest soll auch die große Reise im nächsten Jahr rund um Christi Himmelfahrt nach Regen geplant werden.

Auch die Regener sind, unabhängig vom Volkstrachtenverein, regelmäßig in Eschwege. Erst im letzten Jahr wurde dort die 25-jährige Partnerschaft der beiden Städte groß gefeiert. Die Feier fand im Rahmen des Eschweger Johannisfests statt. Ein fest eingetragener Termin auch für den Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Regen, der jährlich beim Festzug des Johannisfests dabei ist. Für den Besuch auf ihrem Stadtfest revanchieren sich die Eschweger mit jährlichen Besuchen auf dem Pichelsteinerfest in Regen. Auch in diesem Jahr wird Eschweges Bürgermeister Alexander Heppe wieder beim Fest anwesend sein, genauso wie eine sechsköpfige Delegation aus Kommunalpolitikern. Das bestätigt Alexander Unger, Leiter des Sachgebiets Partnerschaften und Städtepartnerschaften in Eschwege. Von Dienstag bis Samstag seien die Eschweger in Regen, allerdings sei noch unklar, wer neben dem Bürgermeister mitfahre. Heppe kommt auch zum Volksmusikspektakel drumherum 2024, so Unger.

Da die Partnerschaft mittlerweile hauptsächlich von den Rathäusern der beiden Städte gepflegt wird, ist die aktive Weiterführung der Partnerschaft trotz der Altersprobleme der beiden Trachtenvereine für die Zukunft gesichert. Elisabeth Ertl hat dafür noch einen Wunsch an die Politik: „Wenn die Stadt an den Verein herantreten würde für eine Fahrt nach Eschwege, kämen sicher einige zusammen, die mitfahren, vielleicht sogar in Tracht.“ Damit ein letztes Mal noch die alte Freundschaft gefeiert werden kann, die die Städtepartnerschaft überhaupt ermöglicht hat.

− skr

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