Besprechung am Landratsamt
Querdenker, Bauernproteste und Kriminalität: Wie sicher ist der Landkreis Regen?

19.03.2024 | Stand 19.03.2024, 11:14 Uhr

Sie trafen sich zum sicherheitspolitischen Gespräch am Landratsamt (v.l.): Dr. Stefan Wechsler, Alexander Kraus (beide Landratsamt), Till Hauptmann (Polizeiinspektion Zwiesel), Andreas Ertl (Polizeiinspektion Viechtach), Doris Schmid (Polizeiinspektion Regen), Arno Bogner (Kriminalpolizeistation Deggendorf), Werner Sika (Polizeipräsidium Niederbayern), Annette Haberl (Kriminalpolizeiinspektion Straubing), Landrat Dr. Ronny Raith, Frederick Fauser (Landratsamt), Oliver Hesse (Polizeipräsidium Niederbayern), Dr. Carolin Müller (Landratsamt), Christian Aulinger (BRK), Silvia Moser (Landratsamt), Franz Lobmeier (BRK) und Günther Weinberger (Landratsamt). − Foto: Gehard/LRA

Ist der Landkreis ein sicheres Pflaster? „Ja“, sagen die Sicherheitsbehörden, die zu einer Besprechung am Landratsamt waren. Etwas Sorgen macht die hohe Zahl von „Querdenkern“ in der Bevölkerung, und auch die Reichsbürgerszene beschäftigt die Behörden.

Am Landratsamt haben sich auf Einladung von Landrat Dr. Ronny Raith Vertreter der zuständigen Polizeibehörden aus dem Landkreis und aus Niederbayern, von Feuerwehr, BRK und Verwaltung zu einem Gespräch über die Lage vor Ort getroffen. Einhellig äußerten die Anwesenden, dass Regen ein sehr sicherer Landkreis sei.

Abschleppdienste im Landkreis fehlen



So sprach Werner Sika vom Polizeipräsidium Niederbayern gleich ein Thema an, das mehreren Anwesenden auf den Nägeln brannte: der Mangel an Abschleppdiensten im Landkreis, die Fahrzeuge nach Einsätzen abschleppen. Es sei im Moment so, dass Autos von einem Plattlinger Unternehmen abgeschleppt würden und Schwerverkehr von der Firma Kran Saller in Deggendorf. Dies sei mit entsprechenden Anfahrtszeiten verbunden, bedauerte Oliver Hesse vom Polizeipräsidium Niederbayern.

Für Kreisbrandrat Hermann Keilhofer ergibt sich daraus für die Einsatzkräfte eine schwierige Situation. Man könne die Fahrzeuge nicht ungesichert stehen lassen. „Die Kolleginnen und Kollegen übernehmen dann die Aufsicht, bis der Abschleppdienst kommt. Sie stehen zum Teil stundenlang neben der Straße.“ Das löse bei den Arbeitgebern von ehrenamtlichen Feuerwehrfrauen und -männern natürlich keine Begeisterung aus. Bisher habe man trotz großer Anstrengungen keinen Abschleppdienst aus dem Landkreis gefunden, der bereit sei, diese Einsätze zu übernehmen, so Hesse.

Für kleinere Unternehmen sei es häufig ein großer Stolperstein, das ganze Jahr über 24 Stunden pro Tag zur Verfügung zu stehen. „Deshalb sind wir auch bereit, einen Verbund zu akzeptieren, in dem sich Unternehmen die Zeiten aufteilen“, betonte Hesse.

Vernünftige Bauern, aber viele Querdenker



Was die grundsätzliche Lage im Landkreis betreffe, sei Regen „schon ein sehr sicherer Landkreis“, betonte Werner Sika. Auch die Protestaktionen in der letzten Zeit seien sehr glimpflich verlaufen. „Wir haben sehr kooperative Bauern, mit denen kann man sprechen“, lobte er. Genauso blickt Kreisbrandrat Keilhofer auf die Situation: „Unsere Bauern sind auf die Seite gefahren, wenn ein Feuerwehrauto gekommen ist, keiner hat geschimpft. Vernunft war die Regel, nicht die Ausnahme.“

Arno Bogner, Leiter der Kriminalpolizeistation Deggendorf, stimmte der Einschätzung Sikas zur allgemeinen Sicherheitslage im Landkreis zu: Was die Kriminalität beträfe, „bewegen wir uns im niedrigen Bereich, damit können wir zufrieden sein.“ Annette Haberl von der Kriminalpolizeiinspektion Straubing, zuständig für den Landkreis bei Teilen der Strafverfolgung wie dem Staatsschutz, schränkte ein wenig ein: Sie verwies darauf, dass es im Landkreis zahlreiche Querdenker gebe, die ihre Einstellungen auf der Straße und in den sozialen Medien verbreiten würden, so dass man auf Seiten der Kriminalpolizeiinspektion immer wieder gut beschäftigt sei. Die meisten Einsätze von Straubing aus gingen in den Bayerischen Wald.

Auf die Frage des Landrats, warum man hier so überproportional vertreten sei, stellte Haberl klar: Der Landkreis Regen sei unter den Bayerwaldlandkreisen nicht an der Spitze. Aber „je weiter donauabwärts und je ländlicher“, desto anfälliger sei die Bevölkerung offenbar für Querdenker-Gedankengut. Die Aufklärungsquote sei allerdings sehr hoch. Doris Schmid von der Polizeiinspektion Regen stimmte zu: „Die Geldstrafen sind sehr hoch und die Justiz verfolgt das sehr streng. So kann man es eindämmen.“

Alexander Kraus, Leiter der Abteilung Kommunal-, Bau- und Umweltrecht im Landratsamt, dankte der Polizei für ihre Ermittlungsunterstützung bei Schulschwänzern aus dem Querdenkerbereich. Hier gebe es häufig Vernebelungsversuche, und der Zugriff auf die Ermittlungsressourcen der Polizei sei für das Amt von großem Wert.

Silvia Moser, Leiterin der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung am Landratsamt, erklärte, auch in ihrer Abteilung beschäftige man sich mit Reichsbürgern, vor allem im Waffenrecht. Sie lobte ebenso die Zusammenarbeit wie der neue Leiter der Polizeiinspektion Viechtach, Andreas Ertl.

Gewalt gegenüber BRK-Leuten gebe es kaum, sagte Christian Aulinger von der BRK-Rettungswache Regen auf eine Frage des Landrats, verbal sehe die Sache etwas anders aus. Auch die Vertreter der Polizei waren der Ansicht, dass in der Bevölkerung der Respekt vor Autorität etwas zurückgehe, es sei aber bei weitem nicht so wie andernorts.

Schleuserkriminalität auf den Landkreisstraßen?



Frederick Fauser, Abteilungsleiter Soziales, Jugend und Ausländerrecht, ergänzte aus Sicht des Ausländerrechts: „Wir haben zwei dezentrale Unterkünfte im Landkreis, und die hier untergebrachten Leute halten sich im Großen und Ganzen an Recht und Gesetz.“ Die illegale Migration sei jedoch ein Problem, erklärte Till Hauptmann, Leiter der Polizeiinspektion Zwiesel, die auch den Grenzübergang in Bay. Eisenstein betreut, es gebe relativ viele Schleuser.

Aus Sicht von Stephan Schrottenbaum, Leiter der Bundespolizeiinspektion Passau, steht dagegen bei der Schleuserkriminalität wegen der Balkanroute die Grenze zu Österreich klar im Vordergrund, der Grenzraum zu Tschechien spiele im Vergleich keine große Rolle.

Gesundheitsamtsleiterin Dr. Carolin Müller sprach die Teillegalisierung von Cannabis an, hier gebe es Herausforderungen im Bereich Prävention, und man habe deshalb bereits einen gemeinsamen Arbeitskreis gegründet. Werner Sika ergänzte, dass in Bayern wohl das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit für den Vollzug zuständig sein werde und Kontrollbehörden geschaffen werden sollen.

Im Anschluss sprach Veterinäramtsleiter Dr. Stefan Wechsler die Zusammenarbeit zwischen Landratsamt und Polizei bei Tierschutzfällen an. „Wenn Fälle amtsbekannt werden, egal ob bei der Polizei oder bei uns, ist mir ein enger Kontakt sehr wichtig.“ Da es die Aufgabe des Veterinäramts sei, die Situation betroffener Tiere zu beurteilen, liege ihm sehr viel daran, dass das Veterinäramt möglichst früh hinzugezogen werde.

BRK-Kreisgeschäftsführer Franz Lobmeier verwies zum Thema Krankenhausreform darauf, dass Notarzteinsatzfahrzeuge anders als in Nachbarlandkreisen im Landkreis Regen bisher noch immer mit einem Fahrer besetzt seien, wenn auch nicht immer mit einem Notarzt. Aktuell könne man vieles personell noch gut kompensieren, weil man gut aufgebaute Strukturen habe. „Wenn sich die Krankenhausstrukturen ändern, wird es für uns schwieriger“, warnte Lobmeier. Man sei auch hier dann immer mehr auf Ehrenamtliche angewiesen.

− bb