Bayern, Böhmen und die Kult-80er
Konzert der Knappschaftskapelle Bodenmais am Ostersonntag

04.04.2024 | Stand 05.04.2024, 10:51 Uhr

Ihr Jahreskonzert präsentierten die Musiker der Knappschaftskapelle unter Leitung von Hans Kuchl. − Fotos: A. v. Bismarck

Ostersonntag bedeutet für viele Osternacht, Ostergottesdienste und Ostereiersuchen in der Familie. Aber in Bodenmais gehört zum Ostersonntag untrennbar verbunden immer ein ganz besonderes Ereignis: das Jahreskonzert der Knappschaftskapelle im katholischen Pfarrzentrum.

Blasmusik gehört in Bayern einfach dazu – und das nicht nur im Bierzelt – hat doch fast jeder kleine Ort seine Blaskapelle. Aber über 60 Mitwirkende, die dazu noch größtenteils im eigenen „Haus der Musik“ herangezogen wurden, ist schon was besonderes, sozusagen „Nachwuchs aus kontrolliertem Anbau“. Unter dem Motto „Weistasdubist“ war auch diesen Ostersonntag wieder das Jahreskonzert angesagt.

Ein Blick ins Programmheft ließ erahnen, was für ein vielfältiges Musikspektrum den Zuhörern begegnen sollte. Präzision war schon beim ersten Stück des Abends angesagt, dem Marsch Bai-Kai-Lai des tschechischen Komponisten Karel Pospišil. Unter dem seit 25 Jahren in Bodenmais agierenden Dirigenten saß alles perfekt. Die Zuhörer haben sich gefragt, was der Titel des Marsches bedeutet. Dass das der Name eines Prager Bieres ist, darüber gab Simone Maurer, die ganz wunderbar durch den Abend führte, in ihrer Begrüßung die Lösung.

Und sie konnte auch die Bodenmaiser Bürgermeister, den Landrat, die katholische Geistlichkeit und den evangelischen Pastor begrüßen. Im folgenden Verlauf des Abends steuerte Maurer, die im Übrigen in der Kapelle als Flötistin mitspielt, immer wieder interessante Hintergrundinformationen bei.

Vielseitigkeit zeigt sich auch darin, dass eine Blaskapelle auch Stücke spielen kann, die ursprünglich nicht für diese Besetzung geschrieben sind, aber bei einer überzeugenden Interpretation trotzdem beim Publikum überzeugen können. Solch einen Spagat haben die Bodenmaiser schon oft sehr gelungen gemeistert.

„Rosen aus dem Süden“ (op. 388 aus dem Jahr 1880) ist sicher einer der bekanntesten Walzer von Johann Strauss (Sohn) – jeder kennt den zarten Anfang mit Streichern und Holzbläsern. Wie andere Strauss-Walzer, so besteht auch „Rosen aus dem Süden“ aus mehreren Teilen. Die Knappschaftskapelle unter ihrem umsichtigen Dirigenten Hans Kuchl versteht es wunderbar, die unterschiedlichen Stimmungen der einzelnen Teile herauszuarbeiten, ohne dass das Stück in Einzelteile zerfällt.

Da ja der bayerische Wald ziemlich nah an der tschechischen Grenze liegt, liegt es nahe, auch Literatur „aus der Nachbarschaft“ im Repertoire zu haben. Die Beinpolka von Karel Hulak ist eine wunderbare Huldigung an Brünn (Brno), die Hauptstadt Mährens und gleichzeitig die zweitgrößte Stadt Tschechiens.

Mit Kurt Gäble kam auch mal ein zeitgenössischer Komponist aus Deutschland zu Wort. Sein Stück „Lichtblicke − Ray of hope“ spricht eine zeitgemäße Sprache, ohne „zu modern“ zu klingen. Nach einem fanfarenartigen Beginn und Glocken – als würde die letzte Stunde schlagen – folgt das eigentliche ziemlich bewegte Stück mit vielen Stimmungs- und Taktwechseln sowie Harmonierückungen, die das Stück auflockern.

Bedřich Smetana ist ja zusammen mit Antonin Dvořak eine der Symbolfiguren des aufkommenden Nationalbewusstseins im 19. Jahrhundert. Am bekanntesten von ihm sind die Symphonische Dichtung „Moldau“ aus dem Zyklus „Mein Vaterland“ und die Oper „Die verkaufte Braut“. Aus dieser Oper erklangen vor der Pause Polka und Finale.

Während der Pause bereiteten sich schon mal die Starter vor, das Nachwuchsensemble der Knappschaftskapelle. Es ist ein nicht zu unterschätzender Gewinn für dieses doch besondere Blasorchester, dass der Nachwuchs sozusagen „im eigenen Haus“ ausgebildet wird und dann auch schon mal mehrere Generationen einer Familie mitspielen.

Die Starter unter der Leitung von Martin Schmidt hatten nach der Pause ihre große Stunde. Sie meldeten sich mit dem Intro von Deep Purples bekanntem „Smoke on the water“. Dann spielten sie ganz souverän den traditionellen afrikanischen Zulu-Song „Syahamba“ und den bayerischen Zweifachen „Leit, miasst’s lustig sein“.

Wieder die ganze Kapelle brachte mit „Hey Jude“ von den Beatles einen Höhepunkt des Abends – hier kamen wahrhaftig symphonische Qualitäten zutage!
Sehr schön auch „80er Kult(tour)“, wo Hits der „Neuen Deutschen Welle“ Revue passierten, u.a. „Skandal im Sperrbezirk“ der Spider Murphy Gang und „Ohne dich schlaf ich heut nacht nicht ein“ von der Münchner Freiheit.

Zum Schluss des offiziellen Programms gab es noch Alphavilles „Forever Young“, den sehr schönen Walzer „Weistasdubist“ von Barbara Ströbl und von Timo Dellweg den schmissigen Marsch „Kaiserin Sissi“. Als Zugabe gab es Ludwig Blankenburgs Marsch „Abschied der Gladiatoren“ mit einer wunderschönen Piccoloflöte im Trio und –Last Not least – den obligatorischen „Glückauf-Marsch“. Grandioser Abschluss eines wieder einmal sehr gelungenen Konzertes!
Aurel v. Bismarck