Bürgerversammlung in Bodenmais
Bürgermeister Haller nimmt Stellung zur Erhöhung des Kurbeitrags

Bürgermeister Haller nahm in Bürgerversammlung Stellung zur umstrittenen Kurtaxe-Erhöhung

25.10.2022 | Stand 25.10.2022, 15:23 Uhr

Alle wichtigen Themen streifte Bürgermeister Joachim Haller bei seinem Vortrag in der Bürgerversammlung – von den Übernachtungszahlen bis hin zur viel diskutierten Kurbeitragserhöhung. −Foto: Mühlbauer

Punkt 19 Uhr eröffnet Bürgermeister Joachim Haller am Donnerstagabend die Bürgerversammlung im Pfarrzentrum und freute sich, dass sich so viele Interessierte eingefunden hatten. Der Wirt hatte recht kurzfristig abgesagt, wie der Rathauschef erklärte – bedienen musste deshalb das Personal der Gemeindeverwaltung mit 2. Bürgermeister Jochen Koller, Vorzimmerdame Barbara Fritz und Infrastruktur-Abteilungsleiter Karl Kollmaier. Hinter der Schänke standen 3. Bürgermeister Tobias Krenn und der scheidende Kämmerer Reinhard Treml.

Bürgermeister Joachim Haller pflügte sich zweieinviertel Stunden durch den kommunalpolitischen Acker. Als es um die freie Finanzspanne ging, sprach der leidenschaftliche Banker aus ihm.

Es war die erste Bürgerversammlung in Präsenz seit November 2019. Der Rathauschef startete seinen Power-Point-Vortrag mit seinem Tätigkeitsbericht, der sich zwischen 2019 und 2021 spannte. Der Marktrat kam in diesem Zeitraum zu 50 Sitzungen zusammen, der Bau-, Umwelt- und Infrastrukturausschuss (BUI) tagte 31 Mal, zu 17 Sitzungen traf sich der Aufsichtsrat der Bodenmais Tourismus GmbH. Personell berichtete der Rathauschef über die Einstellung von Florian Vogl und Matthias Bergmann im örtlichen Bauhof, den Wechsel von Franz Weikl vom Bauhof zur Kläranlage sowie über das Ausscheiden von Renate Trum (Verwaltung) und Franz Schmid (Bautechnik).

Er informierte über die Finanzen und Aufgaben des Marktes Bodenmais, blickte auf die städtebaulichen Investitionen im Ort und streifte die Fortschreibung des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK), bevor er sich den eingegangen schriftlichen Anträgen zuwandte und den Besuchern das Wort gab.

Touristisch gesehen, habe es noch nie so starke Sommermonate gegeben wie in der Corona-Zeit 2020 und 2021. Zufrieden sei man auch mit den 2022er-Zahlen mit 655525 Übernachtungen bis August, konstatierte der Bürgermeister die Steigerung der Gästeankünfte, was ein Plus von 2,6 Prozent gegenüber 2019 bedeutet, und machte gleichwohl deutlich: "Trotzdem fehlen 400000 Übernachtungen aus den Corona-Lockdowns". Auf rund 450000 Euro kommt die freie Finanzspanne im laufenden Haushaltsjahr, die Pro-Kopf-Verschuldung zum Jahresende 2022 bezifferte der Bürgermeister mit 705 Euro bei einem gesunkenen kommunalen Schuldenstand von rund 2,5 Millionen Euro.

"Was kostet uns der Tourismus?" beäugte Bürgermeister Joachim Haller das Thema kritisch, zumal die Kommunen immer mehr staatliche Aufgaben zu erfüllen haben. Die gestiegenen Personalkosten beruhen auf einer normalen Lohnkostensteigerung "Wir als Gemeinde müssen Laptops kaufen und damit die Lehrer ausstatten", nannte er beispielhaft die Konsequenzen der in Berlin und München getroffenen Entscheidungen. Bezüglich der rapide angestiegenen Kreisumlage in den letzten Jahren machte der Bürgermeister deutlich: "Der Landkreis erhält kein anderes Geld als die Umlage von den Städten und Gemeinden".

Explizit ging der Rathauschef in seinem Vortrag auf zwei Positionen ein, die den Haushalt und damit die Finanzen der Kommune arg belasten. "Wir pflegen kilometerweite Loipen", sagte er zum massiven Defizit am Bretterschachten, das der Markt schon jahrelang mitschleppt. Im Jahr 2021 kam das Defizit auf rund 262000 Euro. "Uns kostet ein Tag Bretterschachten etwa 2000 Euro", rechnete der Bürgermeister vor und fügte an: "Wir werden von Auswärtigen geschimpft, weil wir Parkgebühren verlangen." aus. Ohne Parkgebühren wäre das Defizit weitaus höher.

"Wir werden auch in Zukunft für auswärtige Besucher mehr verlangen, nicht für uns und unsere Urlaubsgäste", unterstrich der Rathauschef. "Wir sind der einzige Ort im Landkreis mit Freibad und Hallenbad, bei anderen Orten heißt es da entweder oder", erklärte der Bürgermeister. Bei den kommunalen Bädern des Marktes kommen die Einbußen 2021 auf knapp eine Million Euro. Der Löwenanteil davon kann im Kurbeitrag dargestellt werden. Trotz Erhöhung der Eintrittspreise ist der Bäderbetrieb defizitär.

Der Bürgermeister lenkte den Blick auch auf die steigenden Energiekosten, als dramatisch bezeichnete er die erhöhten Stromgebühren. "Wir wussten nicht, wo die Reise hingeht", verwies er auf die Klausur des Marktrates im April 2022, in der auch die Energiekosten der Bäder ein Thema waren. "Schief angeschaut" wurden Personal und Markträte wegen der Erhöhung der Eintrittspreise in den Bädern.

"Wir wollen diese Einrichtungen behalten", erklärte Bürgermeister Haller, und machte klar: "Sollte das Bäder-Defizit bei einer Million Euro gehalten werden, dann müssten die Eintrittspreise verdreifacht werden." Eine Verdreifachung aber ist absolut unmöglich, daher wurde am Kurbeitrag nach oben geschraubt, die Erhöhung gilt ab 1. Januar 2023. "Wir sind eine Solidargemeinschaft", verwies der Bürgermeister auf die damit verbundenen harten Diskussionen. Zwar seien staatliche Hilfen eingetreten, auch für die Betriebe, was jedoch nicht zum Ausgleichen reicht. "Wenn wir den Kurbeitrag nicht erhöhen, könnten wir aussuchen, was wir zuerst zusperren, Bretterschachten oder Bäder". Für diesen Kurbeitrag bestehe in Bodenmais eine Leistung wie in keinem anderen Ort.
"Mit der Ortslinie fahren wir momentan warme Luft", gab der Rathauschef in der Bürgerversammlung überspitzt zu, stellte aber klar: "Wir gehen den Weg des geordneten Verkehrs". Rund 330000 Euro im Jahr betragen die Gesamtkosten der Ortslinie, 80 Prozent dieser Ausgabe sind im Kurbeitrag verrechnet, die restlichen 60000 Euro belasten den Haushalt des Marktes. Mit der Einführung der Ortslinie – es läuft ein zweijähriger Probebetrieb – soll der Ort im Wettbewerb mit anderen Kommunen gestärkt werden. "Wir dürfen die Tickets nicht auf Einheimische einschränken", erklärte der Bürgermeister in dem Zusammenhang, dass der Auswärtige genauso zur Kasse gebeten wird. Die Umstellung auf Automatentechnik ist in Vorbereitung. "Wir wollen kein Chaos, sondern Wertschöpfung schaffen", so der Rathauschef.

Bevor er auf die Anfragen einging, die sich auf die Innenortsentwicklung, Heimatabende, Ortslinie, WLAN auf dem Marktplatz, ärztliche Versorgung und die Weihnachtsbeleuchtung bezogen, streifte er die Fortschreibung des ISEK. Baulücken und Leerstände wurden in einem Kataster erfasst. "Wenn ein Ortskern lebendig sein soll, muss auch Wohnen im Ortskern möglich sein", erklärte er dazu. Bezüglich einer Haltestelle der Ortslinie am Marktplatz machte der Bürgermeister deutlich: "Wir wollen nicht alle vier Wochen den Fahrplan ändern. Die Busse müssen benutzerfreundlich sein und wenn wir anpassen, wird auch das Vital-Zentrum als Haltepunkt aufgenommen."

− wm