Landshut
Neustart nach Streit um Erbe von Bildhauer Fritz Koenig

05.02.2021 | Stand 21.09.2023, 1:20 Uhr

Die neue Museumschefin Alexandra von Arnim vor der Skulptur "Großes Bouquet III" von Fritz Koenig auf dem Gelände des Koenigmuseums. −Foto: Armin Weigel/dpa

Jahrelang ist in Landshut über den Umgang mit dem Erbe des Bildhauers Fritz Koenig, gestorben im Jahr 2017, gestritten worden. Nun steht ein Neustart an.

Dieser betrifft sowohl das Koenigmuseum wie auch den Wohnsitz "Ganslberg". Das Museum hat mit der Wiener Kulturmanagerin Alexandra von Arnim eine neue Leiterin. Wohnhaus und Atelier Koenigs könnten in Zukunft ebenfalls für Publikum geöffnet werden. Freunde des Künstlers fordern Denkmalschutz für das Ensemble. Überdies soll im Herbst in New York eine Koenig-Schau stattfinden. Die neue Museumschefin ist seit Montag im Amt und gerade dabei, sich einzufinden. Freude und Begeisterung für die Aufgabe sind ihr beim Rundgang durch das Museum anzumerken. Und die will sie den Besuchern vermitteln: "Mir geht es sehr darum, die Strahlkraft von Fritz Koenig und seinem Werk zu verstärken und zu transportieren", sagt sie. Zudem will sie Koenig insbesondere der nächsten Generation nahe bringen.

Neues Leben in den Skulpturenpark bringen

Dafür will die Kunsthistorikerin – sobald Corona das erlaubt – die Türen des festungsartigen Baus buchstäblich offen halten und in den davor liegenden Skulpturenpark weiteres Leben bringen. Ihr schweben Open-Air-Veranstaltungen vor, bei denen die Menschen zu Wort kommen sollen, die Koenig persönlich gekannt haben. Sie hebt den Filmemacher Percy Adlon hervor, der fünf Dokumentationen über Koenig gedreht hat.

Das 1998 eröffnete Koenigmuseum liegt im Berg unterhalb der mächtigen Burg Trausnitz, schlichte Betonräume auf 2200 Quadratmetern Fläche, verborgen hinter der einstigen Stadtmauer, die als Fassade dient. Nur ein kleines Fenster gibt es – hinter diesem hat von Arnim ihr Büro. Künstlermuseen bezeichnet sie als ihre Leidenschaft. Auch ihre Doktorarbeit hat sie darüber geschrieben. Nun leitet sie ein solches. Das Koenigmuseum habe sie seit jeher bewundert. Arnim studierte in Wien, Salzburg und Boston und war für das Kunstareal München, das Auktionshaus Dorotheum in Wien und für die Vienna Art Week beruflich tätig. Zudem ist sie Vorstandsmitglied im Lenbachhaus in München.

Museumschefin setzt auf Neustart

Koenig habe ihr das Motto "Weltruhm und Heimatliebe" vorgelebt, sagt von Arnim. In diesem Sinne möchte sie sein Werk dem Publikum nahe bringen. Koenig sei als Künstler "international unheimlich wichtig". Die Orte weltweit, an denen seine Skulpturen stehen, seien gute Anknüpfungspunkte. Dort würden Menschen auf Koenig aufmerksam gemacht, die dann vielleicht Interesse haben, nach Landshut zu kommen und sich das Werk zu erschließen. Besonders fasziniert sie die außerordentliche Schaffenskraft Koenigs, die von Großplastiken über Schmuckstücke bis hin zu Zeichnungen reiche. Dieses Werk soll im Fokus ihrer Arbeit stehen, sagt sie. Mit den Streits der vergangenen Jahre hat sie als bislang Außenstehende nichts zu tun. Von Arnim setzt auf Neustart: "Ich schaue in die Zukunft. Es geht um die Kunst und um Koenig, Koenig, Koenig. Er ist das Essenzielle und darauf konzentriere ich mich."

Dieser Blick auf Koenig war in Landshut zuletzt ein wenig verloren gegangen – überlagert vom Streit zwischen der Stadtverwaltung und der früheren Museumsleiterin Stefanje Weinmayr, einer anerkannten Koenig-Expertin. Ihr hatte die Stadt Kompetenzen als Museumsleiterin entzogen. Weggefährten des Künstlers sprechen von Mobbing. Zwar bekam sie 2020 vor dem Landesarbeitsgericht München ihre Kompetenzen wieder zuerkannt, dennoch kam es später zur Vertragsauflösung zwischen Weinmayr und der Stadt. Dem Werk Koenigs und dessen Umfeld sei sie aber weiterhin verbunden, sagt sie.

Zukunft des "Ganslberg"

Weiterer Konfliktpunkt in Landshut war – neben einem Streit um die Koenig-Schau 2018 in den Uffizien in Florenz – die Zukunft des "Ganslberg". Freunde Koenigs und Kenner seines Werkes fürchten dessen Verfall und sehen die Staatsregierung in der Pflicht. Das Anwesen steht seit dem Tod Koenigs leer, das Inventar ist in einem Depot sicher eingelagert. Diese Woche sprachen sich die Unterstützer dafür aus, den "Ganslberg" unter Denkmalschutz zu stellen.

"Nur so ist seine dauerhafte Erhaltung zu sichern, sind falsche Begehrlichkeiten zu seiner Zerstörung und Verwertung abzuwehren, wie auch sein landschaftlicher Umgriff zu schützen", heißt es in einem unter anderem an Kulturstaatssekretärin Monika Grütters (CDU) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gerichteten Brief. Zu den Unterzeichnern gehören Filmemacher Percy Adlon, Historiker Michael Wolffsohn, Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, sowie Eike Schmidt, Direktor der Uffizien in Florenz.

Für die Nutzung des Anwesens zeichnet sich eine Lösung ab – als Museum, basierend auf einem Konzept von Percy Adlon. Wie die Stadt am Donnerstag mitteilte, soll eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden. Zu diesem Ergebnis kam am Mittwoch ein von Oberbürgermeister Alexander Putz (parteilos) einberufener Gesprächskreis, dem unter anderem Vertreter des Kunstministeriums sowie Weggefährten Koenigs angehörten. Das Ergebnis der Studie könnte Ende des Jahres vorliegen.

Unterstützer-Kreis ist zuversichtlich

Historiker Wolffsohn wie auch der Kunsthändler Alexander Rudigier aus dem Unterstützer-Kreis sind nach dem Gespräch zuversichtlich. Es sei unerwartet harmonisch verlaufen, sagen sie. Beide plädieren dafür, dass der Freistaat das Anwesen kauft oder pachtet und die Trägerschaft übernimmt. Die Fritz-und-Maria-Koenig-Stiftung als momentane Eigentümerin könnte den Unterhalt finanziell nicht leisten. Landshut und Bayern könnten vom "Ganslberg" als einem "niveauvollen Disneyworld" profitieren, sagt Wolffsohn und bezeichnet Niederbayern als "Schatzkästlein", das touristisch nicht so stark frequentiert sei. Auf dem "Ganslberg" könnten sich Besucher dann mit Leben und Werk des Künstlers auseinandersetzen und zugleich unterhalten lassen.

Koenig gilt als einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer der Nachkriegszeit. Berühmt ist seine Plastik "Kugelkaryatide N.Y.", die nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 in New York beschädigt aus den Trümmern des World Trade Centers geborgen wurde. Seit 2017 steht sie nahe der 9/11-Gedenkstätte. Zum 20. Jahrestag des Attentats ist, wie Rudigier verriet, in New York eine Ausstellung geplant.

− dpa