Waldkirchen
"Kostbarkeiten in Nahaufnahme": die Elchgeweihflechte

02.02.2021 | Stand 02.02.2021, 11:26 Uhr

Das Foto zeigt eine besonders schöne Wuchsform von "Baummoos". Biologisch stimmt diese Bezeichnung jedoch nicht, denn es handelt sich um eine Flechtenart, nämlich um die "Elchgeweihflechte". −Foto: Haselbeck

Dr. Fritz Haselbeck ist einer, der ganz genau hinschaut. Wo andere nur ein Insekt, einen Grashalm, einen Baum sehen, sieht er Motive für besondere Fotos. Denn erst aus der Nähe betrachtet sieht man wirklich, was für Kostbarkeiten und Kuriositäten die hiesige Natur beherbergt. In der PNP-Serie "Kleine Schätze ganz groß" zeigt und erklärt Dr. Haselbeck seine schönsten Nahaufnahmen. Heute: die Elchgeweihflechte.

Um am Anfang gleich einen Irrtum aus dem Weg zu räumen: Landläufig nennt man die Elchgeweihflechte auch "Baummoos". Dabei handelt es sich biologisch gesehen keinesfalls um Moos, sondern um eine Flechte. Der Begriff hat sich "umgangssprachlich" so eingebürgert, weil man gerade bei Baumflechten sehr anschauliche und bildhafte Wörter verwendet. Man lässt sich in Bezug auf die Namensgebung stark von ihrem Aussehen leiten. Das kann das eine oder andere Mal schon richtig sein, aber halt nicht immer. Für die genaue Bestimmung wird wegen der Vielzahl ähnlicher Flechtenarten für die "Elchgeweihflechte" häufig der lateinische Fachname "Pseudevernia furfuracea" verwendet.

Die Elchgeweihflechte hat einen strauchförmigen Wuchs, weshalb man sie auch zur Ordnung der "Strauchflechten" rechnet. Sie weist ein richtiges "Wirrwarr" von verzweigten Ästchen auf, die sich korallenförmig ausdehnen und zum Ende hin verschlanken. Die breiteren von ihnen sind mit seichten Rinnen besetzt. Je nach Standort und Umweltmerkmalen nehmen sie kleinere oder größere Formen an, manchmal bilden sie an Baumstämmen, Ästen oder Zweigen ein breit wucherndes Geflecht. Sie bevorzugen lebende oder abgestorbene Nadelhölzer, weshalb sie im gesamten Bayerischen Wald und im Böhmerwald häufig anzutreffen sind. Vereinzelt sind sie auch an Laubbäumen zu finden, an solchen mit "saurer" Rinde, wie etwa die der Birke. In seltenen Fällen besiedeln sie auch grobes Gestein, sie lieben dabei Felsformationen mit Silikatgehalten. Ihre Farbe variiert von hellgrauen, grünen oder bläulich-grauen bis zu schwärzlichen Tönen.

Den Grundkörper bildet ein fein verästelter Schlauchpilz, der zum Überleben allerdings auf "Lebenspartner" angewiesen ist. Kugelig aussehende kleine Grünalgen gehen mit ihm eine Lebensgemeinschaft, eine Symbiose ein. Diese produzieren über den Vorgang der Photosynthese für den Pilz Zuckermoleküle und Stickstoffverbindungen. Als Gegenleistung schützt der Pilz die Algen vor Austrocknung und gefährlicher UV-Strahlung. Das dichte Pilzgeflecht dient Kleinstlebewesen als Unterschlupf, manche Tiere finden an ihm, gerade zur Winterzeit, auch Nahrung. Schon vor vielen Jahrzehnten kannte man Flechten als "Zeigerpflanzen" für die Luftgüte, sie sind gerade auch im Bayerwald wichtige Indikatoren für sauerstoffreiche "schadstofffreie" Luft.

In früheren Jahren verwendete man die Elchgeweihflechte für die Herstellung von Parfümen, herb duftende Inhaltsstoffe gaben anregende Gerüche frei. Interessant ist die Tatsache, dass Flechten auch noch anders genutzt wurden: In Notzeiten dienten sie gelegentlich als Nahrungsmittel, man verwendete sie mit ihren Säuren auch zur Herstellung von Naturheilmitteln, Farbstoffen sowie für Kranz- und Gesteckdekorationen.

− fha