Saldenburg/Neuschönau
Von der Politik vergessen

11.03.2021 | Stand 21.09.2023, 6:22 Uhr

Wann hier in der Jugendherberge Waldhäuser in Neuschönau wieder Gäste empfangen werden können, steht noch nicht fest. −Foto: Gemeinde Neuschönau

Sie fühlen sich von der Politik im Stich gelassen: die Jugendherbergen im Grafenauer Land. Der Stufenplan der Bundesregierung stellt nach wie vor keine zuverlässigen Perspektiven oder Öffnungsszenarien für die Beherbergungsbetriebe in der Region in Aussicht. Wie die beiden Jugendherbergen im Landkreis mit der Situation umgehen, wollte der Grafenauer Anzeiger deswegen von den Verantwortlichen wissen.

In der Jugendherberge Waldhäuser mussten die letzten Gäste am 21. Oktober vergangenen Jahres abreisen. Seitdem habe man hier keine Einkünfte mehr, jedoch laufende Kosten für den Erhalt der Gebäude sowie die Rücküberweisungen der Vorauszahlungen zu tätigen, erklärt Herbergsleiter Martin Herbinger.

"Wir fühlen uns von der Politik im Stich gelassen, denn für die Hotellerie wird mit keinem Wort erwähnt, wann und zu welchen Bedingungen geöffnet werden kann", sagt Herbinger. Planen könne man deswegen nicht, ab wann man das Personal, das teilweise wegen fehlender Arbeit gekündigt hat, ersetzten muss. "Wir brauchen eine langfristige Planung, da die Grundreinigungen anstehen und die Arbeiten natürlich auch bewältigt werden müssen – dafür braucht man dann gegebenenfalls neues Personal", erklärt der Herbergsleiter weiter.

Angebote, die der Landesverband des Deutschen Jugendherbergswerk diesbezüglich der Landesregierung unterbreitet hat, seien ungehört geblieben. Dazu zähle in erster Linie der Vorschlag, die Räumlichkeiten als Lehrräume zu nutzen, um somit große Schüleraufkommen entzerren zu können. "Das könnte Präsenzunterricht für alle Schüler ermöglichen und nicht geteilt im Präsenz- und Wechselunterricht", sagt Herbinger. "Solange Bildung nicht den gleichen Stellenwert wie bestimmte Wirtschaftszweige hat, werden die Schüler und Schülerinnen wohl eher regelmäßig zum Friseur als regelmäßig zur Schule, geschweige denn in Jugendherbergen gehen können", erklärt der Betreiber weiter.

Auch in der Jugendherberge Saldenburg gestaltet sich die Lage nicht besser: Seit 1. September 2020 treffen hier keine Gäste mehr ein, was wiederum dazu führt, dass die Burg keine Einnahmen hat. Rückzahlungen der Vorauszahlungen der Gäste, die nicht anreisen konnten, seien aber trotzdem zu machen. "Außerdem ist unsere Burg instand zu halten, das heißt, Heizkosten, Gebühren und der Erhalt des Gebäudes sind als Kosten weiterhin zu leisten", erklärt Mitarbeiterin Sandra Mitschelen.

Was auch in Saldenburg fehle, sei die Planungssicherheit. Im Stich gelassen fühle man sich auch deswegen, weil man trotz bester Hygienestandards keinerlei Erwähnung finde. "Gerade weil uns die Zukunftsperspektive fehlt, haben bereits viele langjährige Mitarbeiter gekündigt. Wir haben also nicht die Möglichkeit, von heute auf morgen wieder zu öffnen, da ja auch aufgrund der langen Schließzeit Grundreinigungen, Mitarbeiterfindung- und einarbeitung anstehen und bewältigt werden müssen", sagt Mitschelen.

Auch sie bestätigt, dass auf das Angebot des Landesverbandes, die Jugendherbergen als Lehrräume zu nutzen, keine Rückmeldung gekommen sei. "Welchen Stellenwert die Bildung in unserem Land hat, ist durch diese Pandemie offensichtlich", so die Jugendherbergs-Mitarbeiterin weiter. "Es scheinen die Lobbyisten zu fehlen, die andere Wirtschaftszweige eindeutig haben. Wir betreuen oder verwalten unsere Kinder im Distanzunterricht – ohne uns der Konsequenzen bewusst zu sein."

Gerade jetzt bräuchte man, laut Mitschelen, die Jugendherbergen um Schüler aller Altersklassen vom Computer wieder in die Gesellschaft zu integrieren.