Freyung-Grafenau/Regen
Bio ist in aller Munde

AELF bringt Erzeuger von regionalen Produkten mit Küchenleitern in FRG an einen Tisch – Erste Erfolge – Weitere Treffen geplant – "Bio-Coach" hilft

15.04.2022 | Stand 15.04.2022, 13:38 Uhr

Kuh Luna genießt die Streicheleinheiten von Betriebsleiter Anton Raidl und die wärmenden Sonnenstrahlen im Freilauf. Raidl ist seit 1986 Bio-Bauer im Landkreis Freyung-Grafenau. −Fotos: AELF

Erzeuger von regionalen Bio-Produkten haben sich auf Initiative des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Regen jüngst mit Küchenleitern aus Kantinen im Landkreis Freyung-Grafenau an einen Tisch gesetzt und Kooperationen und Maßnahmen ausgelotet. Dabei wurden erste Erfolge erzielt und deswegen sind weitere Treffen geplant. Ein "Bio-Coach" soll beim Gelingen helfen.

Wer vor der Jahrhundertwende Bio-Waren einkaufen wollte, war meist auf das Angebot spezieller Fachgeschäfte angewiesen. Mittlerweile liegen Bio-Produkte ganz selbstverständlich in allen Supermärkten neben konventionellen Produkten und haben sich ihr eigenes Marktsegment erobert. "Bayern ist das Ökoland Nummer eins mit über 400000 Hektar Fläche und circa 11000 Ökobetrieben. Rund jeder dritte Ökobetrieb wirtschaftet in Bayern", erklärte unlängst Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. "Wir haben unser Ziel für das Jahr 2020 erreicht, nämlich die Verdoppelung des Öko-Anteils in den letzten zehn Jahren."

Buntes Bündel an Maßnahmen geschnürt

Damit der Anteil weiter steigt, wurde mit dem Bio-Regio-Landesprogramm des Landwirtschaftsministeriums ein ganzes Bündel an Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Beratung, Forschung, Förderung und Vermarktung geschnürt. Doch Bio lässt sich nicht einfach verordnen. Die erzeugte Ökoware muss auch Abnehmer finden. In einem Pilotprojekt "Regionale Gemeinschaftsverpflegung" hat Bereichsleiterin Brigitte Blaim vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Regen Erzeuger von regionalen und biologischen Produkten mit Küchenleitern aus Kantinen des Landkreises Freyung- Grafenau an einen runden Tisch gebracht.

Für Andreas Wilhelm, der mit seiner Familie einen Bio-Milchviehbetrieb in Kronwinkl bei Grainet betreibt, haben sich durch die Gemeinschaftsverpflegung neue Absatzmöglichkeiten ergeben. Er beliefert mittlerweile zweimal wöchentlich das Kreiskrankenhaus Freyung und das Dachdeckerwohnheim Waldkirchen mit frischer Milch, Joghurt und Weichkäse. Tobias Erhard, Heimleiter des Dachdeckerwohnheims, ist sehr zufrieden mit der Qualität und dem Preis dieser Produkte aus bio- regionaler Herkunft, die

Win-win-Situation für alle Beteiligten

für ihn der Inbegriff von Nachhaltigkeit sind. Er war positiv überrascht, wie viele Erzeuger es in der näheren Umgebung gibt und schätzt das Netzwerk, in dem er mit wenig Aufwand neue Partner finden kann.

Dem stimmt auch Walter Hager, Küchenleiter im Kreiskrankenhaus Freyung, zu. Die Geschäftsleitung befürwortet das Projekt und bei den Patienten kommt die (bio-)regionale Küche sehr gut an, auch wenn man, wie er sagt, kleine Schritte gehen muss. Durch eine Zusammenkunft im Jahr 2021 ergab sich für ihn der Kontakt mit dem Biohof König aus Fürsteneck, der ihn fortan einmal wöchentlich mit frischen Tomaten, Kürbissen, Zucchini und Mangold belieferte. Diese baut das Betriebsleiter-Ehepaar in Perma-Mischkultur an.

Für Carmen Ebner vom AELF Regen stellt das Projekt eine Win- Win-Situation für alle Beteiligten dar. Im Frühling noch sind daher wieder neue Treffen in Planung, damit Erzeuger und Küchenchefs ins Gespräch kommen können. Weitere Interessierte sind jederzeit willkommen und können sich unter ✆09921/608-0 bei der Ernährungswissenschaftlerin melden und informieren. Für Landwirte, die eine Umstellung von konventionellem auf biologischen Landbau in Erwägung ziehen, wurde von der Landesanstalt für Landwirtschaft das sogenannte Bio-Regio-Betriebsnetz mit rund 100 Vorzeigebetrieben aufgebaut, um so Best-Practice-Beispiele zeigen zu können.

In FRG steht Anton Raidl Rede und Antwort

Im Landkreis Freyung-Grafenau steht Anton Raidl seinen Berufskollegen Rede und Antwort. Er ist Bio-Bauer seit 1986 mit rund 45 Milchkühen, Nachzucht und 52 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche, davon ca. 17 Hektar Kurzrasenweide und 13 Hektar Pensionsweide für das Jungvieh. "Nimmt mir meine Molkerei die ökologisch erzeugte Milch ab oder muss ich wechseln? Werde ich als Bio-Betrieb meine Milchleistung halten können? Wie funktioniert das mit der Kurzrasenweide und lässt sie sich auf meinem Betrieb realisieren?" Das sind die drängendsten Fragen, denen sich der "Bio-Coach" Raidl in Einzelgesprächen stellt und ehrlich beantwortet.

Ungefähr acht bis zehn Landwirte schauen jährlich nach Absprache bei ihm vorbei und können sich kostenlos informieren oder austauschen. Bekommt er auch ein Feedback? "Am meisten freut es mich, wenn ich die Kollegen, die bei mir auf dem Hof waren, bei späteren Versammlungen meines Bio-Verbandes wieder treffe und sie die Umstellung gewagt haben. Das ist der schönste Lohn" resümiert der überzeugte Bio-Landwirt.

Von 2895 Betrieben sind rund 200 ökologisch

"Im Dienstgebiet des AELF Regen bewirtschaften von insgesamt 2895 Betrieben laut Mehrfachantragszahlen 2021 rund 200 Antragsteller ihren Betrieb ökologisch", fasst Abteilungsleiter Johann Zimmermann vom AELF Regen zusammen. "Auch wenn wir prozentual in Niederbayern den höchsten Anteil von Bio-Betrieben und auch von Bio-Flächen erreichen, liegen wir bayernweit etwas unter dem Durchschnitt."

Hier sieht Behördenleiter Christian Loibl jedoch noch viele Chancen. Insbesondere für Landwirte, die sich durch Aufgabe der Milchvieh-Anbindehaltung anderen Betriebszweigen wie Mutterkuhhaltung oder Jungviehaufzucht zuwenden als auch für Betriebe, die bereits jetzt schon im Bayeri-schen Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) durch Verzicht auf synthetische Mineraldüngung und flächendeckenden chemischen Pflanzenschutz auf allen Grünlandflächen hohe Standards erfüllen. Für diese ist es nur noch ein kleiner Schritt hin zum Ökolandbau ist. Das AELF Regen steht für eine neutrale Orientierungsberatung bereit. Damit das ambitionierte Ziel der bayerischen Staatsregierung – nämlich ein 30 %-Ökoanteil bis zum Jahr 2030 – erreicht werden kann.