Freyung-Grafenau
Beim KJR-Forum waren fast keine Zuschauer aus der Zielgruppe U18 – Dabei wurden extra junge Themen diskutiert

10.09.2021 | Stand 10.09.2021, 16:50 Uhr

Die Debatte rund um Moderator Martin Gruber (Mitte), drehte sich vor allem um Themen, die junge Leute besonders betreffen. Mit dabei (v. l.): Matthias Schwinger, Bündnis 90/Die Grünen, Rita Hagl-Kehl, SPD, Muhanad Al-Halak, FDP, und Thomas Erndl, CSU. −Fotos: Schmatz

Fast keine Jugendlichen waren im Publikum der Podiumsdiskussion der Bundestagskandidaten am Donnerstag im Freyunger Kursaal. Dabei hatte der KJR Freyung-Grafenau die Veranstaltung genau für das Publikum U18 geplant. Ganz leer war der Saal nicht – die Politiker hatten viel Anhang im Gefolge. Bayern 1-Moderator Martin Gruber legte den Fokus besonders auf Themen, die die Jugend beschäftigen, wie dem Klimawandel, dem Nahverkehr, der Bildung und erneuerbaren Energien. KJR-Geschäftsführer Tim Weindinger zeigte sich Tag nach der Debatte im Gespräch mit der PNP enttäuscht, dass so wenige Jugendliche das Angebot wahrgenommen haben. Auch im Livetream seien es insgesamt nur etwa zwanzig Nutzer gewesen. Er erkläre sich das dadurch, dass noch Ferien sind.

Bis auf die "AfD" und die "Linke" waren alle anwesend

Dr. Hans Fellner, Kandidat der "Alternative für Deutschland", hatte den Termin bereits im Vorfeld abgesagt. Er sei bereits verplant. Spontan absagen musste Melanie Demmelhuber von der "Linken". Sonst waren alle Direkt-Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien anwesend. Für das "Bündnis 90/Die Grünen" war Matthias Schwinger da. Für die SPD kandidiert Rita Hagl-Kehl. Die FDP wird von Muhanad Al-Halak vertreten und die CSU von Thomas Erndl.

Nach ein paar kurzen Grußworten von Tim Weidinger und der stellvertretenden Landrätin Helga Weinberger geht der Abend in die heiße Phase. 60 Millionen Wahlberechtigte gebe es in Deutschland und 160000 im Wahlkreis Deggendorf, dem Freyung-Grafenau angehört. Man müsse die Erstwähler abholen, findet Gruber. Es folgt eine kurze Vorstellungsrunde.

"Herr Al-Halak, Sie sind ein Senkrechtstarter", sagt Gruber. "Was treibt Sie an?" "Ich möchte gerne etwas bewegen", erklärt der FDP-Politiker. Als Handwerker wünsche er sich gleiche Aufstiegschancen für alle. Thomas Erndl zeigt sich auf Nachfrage von Gruber bereit für die Diskussion. Er habe seine Partei trotz sinkender Zustimmung nicht aufgegeben. "Ist Söder die bessere Wahl?", fragt der Moderator direkt. "Wir haben jetzt eine Mannschaft und mit der fahren wir." Erndls Hauptaugenmerk sei der Zusammenhalt. Man müsse globalen Herausforderungen stark begegnen und Europa zwischen China und den USA stärken. SPD-Politikerin Rita Hagl-Kehl hat als Parlamentarische Staatssekretärin nicht nur einen Sitz im Bundestag, sondern auch einen in der Regierung. Sie zögert keinen Moment, ihren Kanzlerkandidaten anzupreisen: "Scholz ist der Beste. Er ist ruhig und besonnen." Als Kind des Bayerischen Waldes seien ihr Infrastruktur und Digitalisierung besonders wichtig. Matthias Schwinger erhält direkt die erste Frage von Moderator Martin Gruber: "Welches Auto fahren Sie?", will er von dem Grünen-Politiker wissen. "Ich bin mit dem Bus hier", zeigt der sich souverän. Einen Opel Astra teile er sich mit seiner Partnerin. Sonst setze er auf Nahverkehr, Fahrgemeinschaften und das Fahrrad.

"Wir haben keinen klaren Fahrplan der Politik"

Dann startet auch schon die erste Runde: Klimaschutz. "Müssen wir noch klären, dass es einen Klimawandel gibt, oder ist das allen bewusst?" Ja, finden alle Kandidaten. Ganz so einig ist man sich bei der nächsten Frage dann nicht mehr: "Handeln wir schnell genug?" "Ja", findet Erndl, "Nein", seine Kollegen Hagl-Kehl und Schwinger. Al-Halak kann sich auf ein Ja oder Nein nicht festlegen und antwortet stattdessen: "Wir haben keinen klaren Fahrplan der Politik".

Auch der Atom- und Kohle-Ausstieg ist Thema des Diskussionsrunde. Die CSU habe den Ausstieg 2030 ins Spiel gebracht, sich dann aber auf 2038 einigen müssen, weiß Erndl. Die Grünen haben sich ewig nur gegen Atom und nicht gegen Kohle eingesetzt, richtet er sich an Schwinger. Das lässt der nicht auf sich sitzen: "Wir müssen im Sinne des Klimas jetzt handeln", sagt er. Al-Halak findet, dass die bisherige Regierung falsche Mittel nutze, um die Menschen zum Verzicht zu bringen. "Alles wird teurer gemacht", beschwert er sich. Stattdessen solle man positive Anreize schaffen.

Im nächsten Themenblock fragt Martin Gruber nach der Corona-Strategie: "Würden Sie etwas an der Corona-Politik ändern?" "Es wurde reaktiv gehandelt statt aktiv. Das war falsch", findet Schwinger. Rita Hagl-Kehl weiß einen Erfolg zu verbuchen: "Wir haben das mit dem Kurzarbeitergeld sehr schnell auf die Beine gestellt." Was die Schulschließungen angeht würde sie

In der Corona-Pandemie ist vieles falsch gelaufen

einen anderen Weg gehen und so lange wie möglich offen lassen. Erndl ist der Meinung, man habe es im Großen und Ganzen richtig gemacht. "Der Schlüssel ist jetzt die Impfquote."

"Auskunft zum Impfstatus?", leitet der Moderator in eine Blitzrunde ein. CSU und FDP sagen "Nein", die Grünen "Ja" und die SPD "Jein", mit der Erklärung: "In medizinischen Berufen schon."

Weiter geht es zum Themenblock Infrastruktur und öffentliche Verkehrsmittel. Hier ist man sich einig: Die muss besser werden. "Leere Busse helfen weder dem Klima, noch den Leuten", findet Erndl. Al-Halak schlägt vor, den Ruf-Bus auszuweiten und eine App dazu zu gestalten. Das ist auch im Sinne von Hagl-Kehl. Man dürfe aber nicht alles digitalisieren, weil es Menschen gebe, die keine Smartphones haben. "Die Zukunft klappt verkehrstechnisch nur ohne Andreas Scheuer", kann sich Schwinger von den Grünen einen Seitenhieb gegen den CSU-Verkehrsminister nicht verkneifen.

Mit dem Thema Jugendarbeit geht es weiter. Die SPD plant eine Mindestausbildungsvergütung. Al-Halak setze auf Chancengleichheit. Einig sind sich alle, dass die Zukunft des Unterrichts digitaler wird. Bei der SPD ist man der Meinung, dass die Leitungen noch deutlich schneller werden müssen. Erndl und Al-Halak finden, dass die Kommunen nicht alle Mittel ausschöpfen. Es sei aber auch schon sehr viel passiert in dem Bereich, sagt Erndl.

Dann stellt Gruber noch Fragen, die im Vorfeld an den KJR geschickt wurden. "Wie können Sie für junge Menschen greifbarer werden?", fragt er Erndl. "Ich bin viel in Schulen unterwegs und immer digital erreichbar", sagt der. "Warum ist es in Deutschland möglich, Minister ohne Fachkenntnisse zu werden?", richtet Gruber sich an Hagl-Kehl. "Bei uns ist das eigentlich nicht so. Wir teilen uns immer so ein, dass alles fachlich passt", erklärt sie.

"Haben Sie Freunde in anderen Parteien?", ist das Abschlussthema des Abends und somit durchaus ein positives, denn die Frage wird von allen Kandidaten bejaht. Da gebe es keine politischen Grenzen, weiß Hagl-Kehl zu berichten. "Es gibt nur eine Partei, in der ich keine Freunde habe. Freundschaft hört für mich auf, wenn ich die ganze Zeit feindselig angestarrt werde."