Eichendorf
Sohn und Tochter Gottes

Pfarrer Adi Ortmeiner erinnert in Osternacht an Berufung durch Taufe

05.04.2021 | Stand 21.09.2023, 2:02 Uhr
Christine Jahrstorfer

Pfarrer Ortmeier weihte zu Beginn der Liturgie vor der Kirche das Osterfeuer. −Foto: Jahrstorfer

In der Osternacht 2021 konnte immerhin wieder eine begrenzte Zahl an Gläubigen in den Kirchen des Pfarrverbandes Eichendorf die Ostergottesdienste mitfeiern. Die Osternacht, der wichtigste Gottesdienst des ganzen Kirchenjahres, begann in der Pfarrei Eichendorf um 6 Uhr. Die Osternachtsfeier in der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag ist voll von Jubel über die Auferstehung Jesu Christi.

"In der Osternacht ist unser Herr Jesus Christus vom Tode auferstanden und zum Leben hinübergegangen. Darum hält die Kirche in der ganzen Welt diese Nacht heilig; sie lädt ihre Töchter und Söhne, wo immer sie wohnen, ein, zu wachen und zu beten. Gott ist bei uns. Dieses Bei-uns-Sein Gottes ist ein Licht in der Nacht, ein Funke, der entzünden, erhellen und mit Licht erfüllen kann – wenn wir dieses Licht im Glauben erfassen und behalten: So wie Gott seinen Sohn nicht in der Nacht des Todes gelassen, sondern in sein immerwährendes Licht auferweckt hat, so will er auch unsere Nacht zum Tag machen. Das kann uns Hoffnung und Zuversicht schenken, die wir gerade jetzt in der Corona-Krise so dringend notwendig haben. Das Osterlicht ist Zeichen für den Sieg des Lebens über den Tod. Lassen wir uns im Glauben darauf ein: Bekennen wir uns neu zu ihm als dem Gott unseres Lebens."

Pfarrer und Ministranten ziehen in dunkle Kirche ein

Nach diesen Worten segnete Pfarrer Adi Ortmeier das Osterfeuer, woran anschließende die Osterkerze entzündet wurde. Sowohl die Osterkerze als auch das Osterfeuer gelten als ein Symbol für die Wiederauferstehung von Jesus Christus. Nach der Weihe zog der Geistliche gemeinsam mit den Ministranten in die dunkle Kirche ein und erleuchtete diese mit der Osterkerze, dem "Lumen Christi". Die Kirchenglocken der Pfarrkirche St. Martin sowie die Orgelmusik, die sich am Gründonnerstag verabschiedet hatten, kehrten beim Gloria wieder mit vollem Klang zurück und die Ministranten läuteten mit den Altarglocken und der Sakristeiglocke.

"Ostern ist anders, ganz anders, alles verändernd." Mit diesen Worten begann Pfarrer Ortmeier seine Predigt. Ostern − das sei die Revolution Gottes, sein radikaler Neuanfang mit dem Menschen und der Welt. Das Ereignis von Ostern liege jenseits der kühnsten Träume der Menschen. Der Gekreuzigte lebt – diese Botschaft sei unableitbar. Kein logischer Denkweg führe dorthin und keine "natürliche" Erklärung könne sie entkräften. Ostern sei nicht zu erfinden: nicht von den ratlosen Frauen am Grab und nicht von den Jüngern – am allerwenigsten von einem kritisch bodenständigen Menschen wie Petrus.

Gerade weil es so unglaublich ist, deshalb könnten wir es glauben. Jesus lebt, sagte Pfarrer Ortmeier. "Der von Gott unendlich geliebte Jesus hat sein Ende in Gott, dem Lebendigen, und nicht im Grab. Dieser ans Kreuz Gehängte, dieser anscheinend Gescheiterte ist ein Hoffnungsträger des Lebens für uns Menschen. Gott hat ihn durch den Tod hindurch gerettet."

Der Glaube der Auferstehung Jesu richte sich aber nicht nur auf die Zukunft. Dieser Glaube wirke sich auf unser jetziges Leben aus. Der auferstandene Jesus rufe uns zu: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben. Ihr sollt einander das tun, was ich euch getan habe." Jesus gebe uns ein Zeichen seiner Liebe. Wer in die Nachfolge dessen eintritt, der sein Leben bis zum Letzten für die Menschen einsetzte, der werde sich einsetzen für den anderen. Wer in die Nachfolge eintritt, werde nicht schweigen und untätig bleiben, wo Menschen von Menschen niedergehalten oder zerstört werden. Er werde sich mit Aufmerksamkeit und auch mit Zärtlichkeit den Menschen zuwenden, die benachteiligt werden.

Seit jeher finden an Ostern Taufen statt. Das ist kein Zufall, der Glaube ist wie die Ostererfahrung unableitbar. "Der Glaube, wir können auch sagen, die ganz persönliche Ostererfahrung im Leben eines Menschen, ist nicht zu machen und kann nicht erarbeitet werden. Es ist auch nicht eigentlich zu ,vermitteln‘ und auch nicht ,weiterzugeben‘", so der Geistliche. Bei den frühen Christen sei diese Erfahrung überaus lebendig. Bei ihnen war die Taufe des erwachsenen Menschen die Regel. In der Überlieferung heißt es, dass bei diesem Bekenntnis des Glaubens nicht selten die Tränen flossen. Das war wie der Einbruch des Lichtes. Wer sich taufen ließ, der setzte einen radikalen Neuanfang, der begann ein neues Leben.

Bei der Taufe einneuer Mensch geworden

Besonders deutlich wurde dies in dem alten Taufritus, auf den Paulus im Römerbrief anspielt: Der Täufling wurde ganz untergetaucht als Zeichen dafür, dass sein bisheriges Leben mit Christus gestorben ist und begraben wurde. Und das Wiederauftauchen wurde zum Zeichen dafür, dass er ein neuer Mensch geworden ist.

Jedes Jahr aufs Neue bringt die Osternacht wieder in Berührung mit dem Wasser der Taufe. Das ist umso wichtiger, weil uns jenes Taufbewusstsein der frühen Christen in der Regel fehlt, so der Geistliche. Die Taufe wurde im Laufe der Geschichte oft zum Instrument der Mitgliederaufnahme reduziert, so Ortmeier. Uralte Begriffe der Tauftheologie gingen dem Volk Gottes auf diesem Weg verloren: Erwählung, Berufung, Weihe, Würde. All diese großen Worte wurden irgendwann in erster Linie auf den Klerus angewendet. In Vergessenheit geriet, dass jeder Christ ein von Jesus Erwählter, Berufener und Geweihter sei, bekleidet mit der höchsten Würde: Sohn oder Tochter Gottes zu sein. Diese Würde sei durch nichts mehr zu steigern. Der wichtigste Tag auch im Leben eines Priesters, Bischofs und Kardinals, ja, selbst des Papstes ist und bleibe sein Tauftag. Der österliche Mensch ist der, der aus der Taufe lebt.

Aus dem Bewusstsein der Taufe zu leben, das bedeutet: Vor Gott aufrecht stehen dürfen. "Wir danken dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen, und dir zu dienen", wird im Zweiten Hochgebet gebetet. Wer vor Gott aufrecht stehen darf, der braucht vor niemandem mehr buckeln. "Sie weiß, dass sie Gottes Tochter ist. Er weiß, dass er Gottes Sohn ist. Diesen Titel muss ich mir nicht erwerben und kann ich nicht verlieren", betonte Pfarrer Ortmeier. "So lassen wir uns in dieser Nacht, an diesem Osterfest im Zeichen des geweihten Wassers neu erinnern, wer wir sind. Du bist Gottes Sohn, du bist Gottes Tochter. Du bist von ihm erwählt, berufen, geweiht. Christ, erkenne deine Würde."

Mit diesen Worten beendete Pfarrer Ortmeier seine Predigt. Im Anschluss an die Osterpredigt erneuerten die Gläubigen ihr Taufversprechen und der Geistliche weihte das Taufwasser.