Frontenhausen
Kindertheater in Zeiten von Corona

Mobiles Figurentheater aus Niederbayern berichtet von Künstlern in der Krise

12.07.2020 | Stand 20.09.2023, 3:46 Uhr

Kasperl und die Prinzessin haben wichtige Botschaften für die Kinder – auch in Corona-Zeiten.

Strahlende Kinderaugen, voll besetzte Veranstaltungssäle und Kinderlachen – diese Dinge sind normaler Weise angesagt, wenn es heißt: "Das Puppentheater Sonnenschein kommt in die Stadt". Das mobile Figurentheater der Familie Scheuer aus Frontenhausen gibt normalerweise Vorstellungen in den Büchereien, Schulen, Kindergärten und Familienzentren des Landkreises. Doch wegen dem Coronavirus sieht alles ganz anders aus. Die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft ist von den Coronamaßnahmen mit am stärksten betroffen. "Anfang März hatten wir unsere letzte Vorstellung. Wann wir wieder spielen können, ist nicht absehbar", sagt Marcel Scheuer vom Puppentheater Sonnenschein.

Mit ihren Geschichten und Stimmen von Kasperl, Rabe Socke, Jim Knopf oder Pettersson und Findus haucht das Team vom Puppentheater den Figuren auf der Puppenbühne Leben ein und interagiert mit den kleinen Zuschauern.

Doch dieses Jahr wird das Puppentheater nicht so schnell wieder Vorstellungen geben können. Man habe sich schon sehr auf die Volksfeste und Ferienprogramme im Landkreis gefreut, wo das Puppentheater engagiert worden wäre. Doch alle Veranstaltungen wurden bereits abgesagt. Man versucht das Beste aus der Situation zu machen. "Langweilig wird uns aber trotzdem nicht. Wir nutzen die Zeit und proben neue Geschichten, restaurieren Puppen oder gestalten die mobile Bühne neu", berichtet Marcel Scheuer. Derzeit plant das Figurentheater das Märchen vom gestiefelten Kater nach den Brüdern Grimm für die kommende Spielsaison im Herbst und ein neues Kasperlabenteuer.

Hoffnung auf Besserung der Lage besteht im Moment noch nicht. Die derzeitigen gesetzlichen Vorgaben und Hygieneauflagen machen ein Gastspiel fast unmöglich. Eine Aufführung unter freiem Himmel ist wegen der Konstruktion der mobilen Bühne nicht möglich. Märchenstimmung würde aber auch nicht wirklich aufkommen wollen, bei einer Aufführung im Freien. Viele Menschen seien sicherlich auch verunsichert was Veranstaltungen betrifft. Ob Eltern und Großeltern mit ihren Kindern bzw. Enkelkindern in der derzeitigen Situation zu einer Veranstaltung gehen würden, ist nicht vorhersehbar. "Obwohl wir nicht unter die Kategorie Großveranstaltung fallen, ist ein Gastspiel wegen der Einhaltung des Mindestabstandes nicht rentabel. Anstelle von normalerweise 100 bis 150 Zuschauern, dürften wir nur 40 Personen pro Aufführung einlassen. Uns fehlen die Kinder wirklich sehr! Aber auch der Kasperl und die anderen Figuren vermissen die Zuschauer" weiß Marcel Scheuer.

Das Einzige was den Puppenspielern hilft, ist, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht mit den Aufführungen bestreiten. "Hauptberuflich sind wir nämlich abhängig beschäftigt" berichtet das Puppentheater. Bei Puppenspielerkollegen sieht das völlig anders aus. Diese müssen ihren Lebensunterhalt mit den Gastspielen bestreiten. "Wir stehen in ständigem Kontakt mit Puppenspielerkollegen aus ganz Deutschland und tauschen uns gegenseitig aus".

Ein Besuch im Puppentheater ist für die Kinder äußerst wertvoll – gerade in den heutigen Zeiten von medialer Überflutung. Fernsehen und Tablet können einen Besuch im Puppentheater nicht ersetzen: Die Kinder lernen während einer Aufführung aufmerksam dem Spielgeschehen zu folgen, sich in ihre Helden hineinzuversetzen sowie Gut und Böse voneinander zu unterscheiden. "Viele Großeltern, die mit ihren Enkelkindern normalerweise unsere Aufführungen besuchen, berichten uns nach der Vorstellung teilweise gerührt, dass Sie sich an ihre eigene Kindheit zurückerinnern. Am Puppentheater hat sich im Lauf der Zeit nicht allzu viel verändert".

Einige Puppenspielerkollegen würden in der derzeitigen Situation auf Live-Streams im Netz setzen. "Das kommt für uns jedoch nicht in Frage. Was unser Figurentheater ausmacht, ist Liveunterhaltung für Kinder!" erläutert Herr Scheuer. Eine Vorstellung ganz ohne Zuschauer – für das Team vom Puppentheater unvorstellbar. "Wir hoffen bald wieder hinter der Bühne stehen und die kleinen Zuschauer ins Märchenland mitnehmen zu können. In naher Zukunft würden wir uns weitere Lockerungen und geeignete Sonderregelungen von der Regierung wünschen, damit endlich wieder ein Gastspiel möglich wäre. Mit Zuversicht betrachten wir die kommende Zeit. Puppentheater ist ein jahrhundertaltes Kulturgut und wird es auch nach Corona noch geben", betont Scheuer.

− lnp