Landau/Pilsting
Freispruch für 76-jährigen Pilstinger

Verhandlung wegen Körperverletzung – Verschiedene Aussagen zum Tathergang

24.03.2021 | Stand 22.09.2023, 2:52 Uhr
Sabine Lorenz

−Symbolfoto: Lorenz

Ein 76-Jähriger Pilstinger stand am Dienstag wegen Körperverletzung vor Gericht und wurde von Richter Michael Piringer freigesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, seine 63-jährige Mieterin mehrere Stufen hinuntergeschubst zu haben, so dass sich diese eine Schwellung am Knöchel zugezogen haben soll.

Der Tat ging ein monatelanger Streit zwischen dem Vermieter und seiner Mieterin voraus. Von Missverständnissen im Mietvertrag über die Höhe der Mietzahlungen, über Ungereimtheiten in den Nebenkostenabrechnungen, dem chaotischen Zustand der Mietwohnung bis zum Nichtbezahlen der Monatsmiete ist die Rede. Die Mieterin und ihr Vermieter sind in den Monaten vor dem Tattag mehrere Male lautstark aneinander geraten. Am 13. Oktober 2020 eskalierte der Streit dann und die Zeugin erstattete Anzeige wegen Körperverletzung.

Handyfoto als Streitauslöser

Laut Aussage des Angeklagten hat er seiner Mieterin aufgrund einer fehlenden Monatsmiete den Strom abgestellt und einen Münzautomaten installiert, so dass diese ihren Strom im Hausflur des Vermieters durch den Einwurf von Münzen bezahlen musste.

Dies tat die 63-Jährige dann auch. Sie bezahlte laut ihrer Aussage zuerst 20 Euro, am nächsten Tag 200 Euro und trotzdem reichte der Strom nicht einmal für einen ganzen Tag. Nach Absprache mit ihrem Anwalt wollte sie den nächsten Bezahlvorgang per Handyfoto als Beweis festhalten. Und genau das passte ihrem Vermieter nicht. "Ich wollte nicht, dass sie in meinem Haus, im Privaten Fotos macht", erklärt der Rentner. Er versuchte, sie daran zu hindern, wollte ihr das Handy aus der Hand schlagen. In einem kurzen Wortgefecht schrien die beiden sich an.

Und ab dann gehen die Schilderungen auseinander. Die Zeugin sagte aus, dass ihr Vermieter sie "mit zwei Händen am Kragen packte, zur Tür zog, diese aufriss und sie dann die Treppenstufen hinunterschubste". Beim Sturz verletzte sie sich das Sprunggelenk und litt zwei Monate unter den Schmerzen der Schwellung. Einen Arzt suchte sie aber trotzdem nicht auf. Ihre Begründung: Sie leidet seit 20 Jahren an einer Arthrose-Verletzung am besagten Fuß, die immer wieder zu Schwellungen führt. Sie wusste deshalb selbst, wie sie die Verletzung zu versorgen hat und brauchte keinen ärztlichen Rat.

Der Angeklagte wiederum versicherte dem Richter, dass er ihr "nicht wehgetan hat, sie lediglich am Arm gepackt hat, nach draußen begleitet und dann die Tür hinter sich geschlossen hat." Der Mann beteuerte auf der Anklagebank: "Wenn ich sie wirklich da runtergeschubst hätte, hätte sie sich ja alle Knochen gebrochen." Unterstützt wird seine Aussage von seiner Ehefrau, die als Zeugin aussagte und seine Schilderung des Tathergangs bestätigte.

Richter: "Jemand sagt nicht die Wahrheit"

Die Staatsanwältin glaubte den "nachvollziehbaren" Aussagen der Mieterin und forderte eine Strafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu 20 Euro wegen Körperverletzung. Die Verteidigung hingegen plädierte darauf, ihren Mandanten freizusprechen. "Der Angeklagte hat die Frau nicht geschubst, was auch seine Ehefrau als Zeugin bestätigt. Wenn man diese Treppe runterfällt, hat man andere Verletzungen und nicht nur einen geschwollenen Knöchel", argumentiert die Rechtsanwältin. "Und an der Hand nehmen, ist keine Körperverletzung."

Richter Piringer sprach den Angeklagten schließlich frei. "Ich kann nicht sagen, wie es war und wenn ich es nicht sagen kann, muss ich freisprechen. Jemand von Ihnen sagt nicht die Wahrheit. Wer es ist, kann ich heute nicht herausfinden." Die Zeugenaussage der Mieterin sei "gut erklärt gewesen, aber auch gut ausgeschmückt." Für den Richter ist es nicht nachvollziehbar, wieso die Geschädigte nicht zum Arzt gegangen ist. Die Angaben des Angeklagten werden andererseits von den Aussagen seiner Ehefrau gestützt. "Vielleicht war es irgendwas in der Mitte. Nicht so schlimm wie die Zeugin es beschrieb, aber auch nicht so harmlos wie der Angeklagte es erklärte", erklärt Richter Piringer weiter.

"Irgendwie gewesen sein könnte - das gilt im Rechtsstaat jedoch nicht", fasst er zusammen und schloss die Verhandlung mit einem Freispruch.

Der Pilstinger und seine ehemalige Mieterin haben inzwischen keinerlei Kontakt mehr. Seit dem 12. Dezember 2020 hat die 63-Jährige ihre neue Wohnung in Landau bezogen. Mindestens einmal werden sie sich aber noch wiedersehen, da noch viele Streitigkeiten offen sind, die vor dem Zivilgericht aufgeklärt werden müssen.