Mainkofen
Gedenkfeier für NS-Opfer am Bezirksklinikum

Krankenhausdirektor Böttcher und Bezirkstagsvizepräsident Pröckl legen Kranz nieder

29.10.2021 | Stand 21.09.2023, 2:02 Uhr

In einem schweigenden Marsch trugen Krankenhausdirektor Uwe Böttcher (l.) und Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl den Kranz zur Erinnerung an die während der NS-Zeit ermordeten Patienten.

Sonnenstrahlen fielen wie Schimmer der Hoffnung durch die herbstbunten Bäume, als Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl am Donnerstag davon sprach, dass sich die Geschichte nie wiederholen dürfe und jeder entschieden für Frieden, Freiheit und gegen Ausgrenzung eintreten müsse. Eine Geschichte, die auf den Tag genau vor 81 Jahren mit einem ersten T4-Transport (so der Tarnname der Aktion) der Nationalsozialisten von psychisch Kranken und Behinderten in die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz begann. Dort war die Endstation für das Leben dieser Menschen. Sie wurden dort grausam ermordet. An sie erinnert jedes Jahr am 28. Oktober eine ökumenische Gedenkfeier an der Gedenkstätte, die 2014 den Gesichtern einen Namen und ein Gesicht gab.

Das Gedenken als Pflicht verstehen

In einer stillen Linie hatten sich die Bezirksräte Margret Tuchen, Michael Deller und Mia Goller zusammen mit Krankenhausdirektor Uwe Böttcher und seinem Vorgänger Gerhard Schneider, dessen Herzensprojekt die Gedenkstätte war und ist, aneinandergereiht. Auch einige Angehörige der Opfer des Nationalsozialismus waren gekommen und nahmen an der Andacht teil, um an ihre Verstorbenen zu denken.

"Wir sind heute hier zusammengekommen, um an die Opfer der Zwangssterilisation und ,Euthanasie‘ während des Nationalsozialismus in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Mainkofen zu erinnern. Heute vor 81 Jahren fand der erste von fünf T4-Transporten statt. Insgesamt wurden von Mainkofen aus 606 Menschen in die Tötungsanstalt Hartheim gebracht. Im ersten Zug saßen 114 Patienten", erinnerte Bezirkstagsvizepräsident Dr. Pröckl. Es waren Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung, psychisch oder chronisch Kranke, Menschen, die an Epilepsie, Alterssenilität oder Geschlechtskrankheiten litten, aber auch sogenannte Asoziale und sozial Entartete.

Erst als Bevölkerung und hohe kirchliche Würdenträger Kritik geäußert hätten, wurde die T4-Aktion gestoppt. Und doch sei das Töten weitergegangen: Im November 1942 sei die Hungerkost eingeführt worden, blickte Pröckl zurück. Eine völlig fleisch- und fettlose Kost für die Patienten. Mehr als 700 starben – an Hunger, Krankheit, Kälte und Vernachlässigung. "81 Jahre sind seit damals vergangen, viel Zeit. Und doch können wir uns in der Stille, an diesem Ort des Gedenkens, erinnern. Wir können nicht nur, wir müssen. Wir selbst haben diese grausame Zeit nicht mehr erlebt. Doch das Wissen um die schrecklichen Verbrechen damals ist eine Verpflichtung für uns alle, öffentlich zu erinnern", machte er deutlich. Pröckl rief dazu auf, die Stimme zu erheben, sollte es im Alltag, bei politischen oder privaten Diskussionen nötig sein: "Wir müssen heute achtsamer denn je sein, dass diejenigen Stimmen, die unsere freiheitliche demokratische Grundordnung und unsere humanistischen Errungenschaften in Frage stellen, nicht zu laut werden."

Ökumenische Andacht gefeiert

Die Andacht zelebrierten der evangelische Krankenhausseelsorger, Pfarrer Klaus-Ulrich Bomhard, und sein katholischer Kollege, Diakon Slavko Radeljic-Jakic. "Auch heute sind Gefühls- und Teilnahmslosigkeit, Hass und Hochmut, blinde Wut und Zerstörungslust, Ungerechtigkeit und Besitzgier, Ausgrenzung und Verfolgung wie auch andere globalen Kräfte auf dem Vormarsch. Mit einem Satz: Wir sind Zeugen des Aufstiegs eines neuen totalitären, internationalsozialistischen und transhumanistischen Regimes", sagte der Diakon in seiner Predigt.

Nach einem gemeinsam gebetenen Vaterunser besprengte Radeljic-Jakic die Gräber mit Weihwasser und segnete auch den Kranz, den Bezirkstagsvizepräsident Dr. Pröckl und Krankenhausdirektor Böttcher in einem schweigenden Marsch zum Ort des Gedenkens trugen, bei dem auf Glas die Namen der Patienten verewigt sind, die die Gräueltaten der Nationalsozialisten nicht überlebt haben. Laut Pröckl bleiben sie für immer unvergessen.