Osterhofen
Unkraut: "Nicht ärgern, sondern aufessen"

Am Montag ist "Tag des Unkrauts" – Wilde Kräuter tragen zur Biodiversität und zur Ernährung bei

26.03.2022 | Stand 20.09.2023, 23:14 Uhr

Für Fingerfood und als Brotaufstrich ist eine Kräuterrahmcreme mit verschiedenen Kräutern geeignet. −Fotos: Eiblmeier

"Ehre, wem Ehre gebührt," heißt es im Volksmund, wenn jemand besondere Wertschätzung verdient. Am Montag, 28. März, wird dem Unkraut diese Ehre zu teil. Im "Kalender der kuriosen Feiertage" steht an diesem Datum der "Tag des Unkrauts". Um den landläufig als Unkraut bezeichneten Wildpflanzen die ihnen gebührende Wertschätzung zukommen zulassen, haben Garten-Freunde aus Amerika im Jahr 2003 den "Tag des Unkrauts" ins Leben gerufen.

So viel Ehre für den Wildwuchs findet so mancher Hobby-Gärtner sicher sehr kurios. An den "wilden Kerlen" im Garten, da scheiden sich bekanntlich die Geister. Die einen bekämpfen das Unkraut mit allen Mitteln, für andere ist jedes Unkraut eine schöne Blume. "Ob eine wildwachsende Pflanze ein lästiges Unkraut, eine schöne Blume, ein hilfreiches Heilkraut oder ein delikates Gemüse ist, das liegt immer im Auge des Betrachters. Das Wissen um den Nutzen der Wildpflanzen ist ein entscheidendes Kriterium dafür, ob Menschen sie schätzen und schützen", ist Kräuterpädagogin Angela Eiblmeier aus Göttersdorf (Stadt Osterhofen) überzeugt.

Für sie sind alle Pflanzen in irgendeiner Art und Weise nützlich. Die einen, wie etwa die Vogelmiere, bedecken das Erdreich und schützen den Boden vor Austrocknung und Erosion. Viele Wildkräuter bieten mit ihre Blüten Nahrungsquelle und Lebensraum für Insekten und tragen maßgeblich zum Gleichgewicht des Ökosystems bei. Sie leisten also einen wichtigen Beitrag für die Biodiversität und sind immer ein Indikator für die Beschaffenheit und die Nährstoffdichte des Bodens.

Brennnessel und Löwenzahn sind beispielsweise Stickstoffzeigerpflanzen. Labkräuter und Schafgarbe wachsen bevorzugt auf mageren Standorten. Breitwegerich, Ackerschachtelhalm und Klette weisen auf eine starke Verdichtung des Bodens hin. Giersch und Gundermann lieben humusreiche Erde. Letztere sind nicht nur hervorragende Bodendecker sondern auch ein wunderbares Gemüse und ein aromatisches Würzkraut.

Gerade jetzt im Frühjahr, wenn das wilde Grün überall buchstäblich über Nacht aus dem Boden "schießt", empfiehlt Angela Eiblmeier es getreu dem Motto "nicht ärgern, sondern aufessen" in der Küche zu verwenden. Bis vor rund zweihundert Jahren war diese Art der Nutzung gängige Praxis. Bedingt durch die professionelle Saatgutvermehrung und den Anbau von Futterpflanzen ist die Verwendung von wild wachsenden Pflanzen als Nahrung zunehmend in Vergessenheit geraten.

Seit etwa zwei Jahrzehnten ist das Wissen um den kulinarischen Wert der Beikräuter, wie das Unkraut nun wertschätzend bezeichnet wird, wieder sehr gefragt. Das zeigt die große Anzahl von Kochbüchern, die es dazu gibt. "Kochen mit wilden Kräutern, das ist wilder Genuss und der beginnt schon bei der Ernte. Wildkräuter und Wildgemüse wachsen ohne unser Zutun in unserer unmittelbaren Umgebung. Ich ernte wo ich nicht gesät habe. Ein paradiesischer Gartengenuss!", freut sich die Kräuterpädagogin. Ein weiterer Pluspunkt: Wildpflanzen übertreffen den Vitamingehalt der Kulturgemüse häufig um ein Vielfaches, zudem sind sie reich an wertvollen sekundären Pflanzenstoffen. "Bei der Zubereitung kann man Wildkräuter gut mit Gartengemüse und -Kräutern kombinieren, aber auch ’Solo‘ sind sie ein wilder Genuss," schwärmt Angela Eiblmeier von den Vorzügen der wilden Küche. Bei Vorträgen und Kräuterführungen gibt sie, wie viele ihrer Kolleginnen, ihre Begeisterung und ihr Wissen um den Wert und die Verwendung der Wildpflanzen weiter und weckt bei Teilnehmern dabei die Lust aufs Unkraut.

− eib



REZEPTE FÜR KULINARISCHEN UNKRAUTGENUSS

Kräuterrahmcreme

Zutaten: 2 Gelbe Rübe, 2 Handvoll Giersch, evtl. gemischt mit Pastinaken-, Kerbel- oder Gelbe Rübengrün, 100g Sauerrahm, 200g Frischkäse, 1 Prise Salz, etwas Zitronensaft. 8 Scheiben Zwieback in Stücke gebrochen, 1 bis 2 EL Semmelbrösel. Blüten nach Jahreszeit zum Garnieren.

Zubereitung: Gelbe Rüben, Giersch und Gemüsegrün klein schneiden, mit Sauerrahm, Frischkäse, Salz und Zitronensaft im Mixer pürieren. Zwiebackstücke zugeben und weiter fein mixen. Falls die Creme zu flüssig ist, Semmelbrösel zugeben. Die Creme hält im Kühlschrank mehrere Tage und passt gut als Dipp für Gemüse, als Belag für Fingerfood-Häppchen oder als Brotaufstrich.

Kraut- und Rüben-Quiche

Zutaten: 1 frischer Blätterteig oder salziger Mürbteig, 500g Wildgemüse (Melde, Giersch, Brennnessel), 1 Zwiebel, 2 gelbe Rüben, Paprika, Zucchini oder Kürbis, 200g Spitzkraut, Chinakohl, Mangold oder Kohlrabi, 100g Schinkenwürfel, 200g Feta, 1 Becher Sauerrahm, 1 Ei, je ½ Teel. Salz, Thymian, Bohnenkraut, Oregano, 1 Mozzarella.

Zubereitung: Wildgemüse, Zwiebel, gelbe Rüben, und Kraut klein schneiden. Alles zusammen kurz in einer Pfanne andünsten und etwas abkühlen lassen. Anschließend Schinkenwürfel, Sauerrahm, Feta, Gewürze und das Ei unter das Gemüse mischen.

Eine Kuchen- oder Quicheform mit Blätterteig oder pikantem Mürbeteig auskleiden. Auf dem Teigboden die Gemüsefüllung verteilen. Die Quiche im vorgeheizten Backofen bei 200 Grad Celsius ca. 35 Minuten backen.
Etwa zehn Minuten vor Ende der Backzeit den in Scheiben geschnittenen Mozzarella auf das Gemüse legen. Die Gemüsezutaten sind nach Belieben und Jahreszeit variabel.

− eib