PNP-Interview
Die Abhängigkeit von der Politik: Wie das Jahr 2021 für Django Asül war

08.01.2022 | Stand 21.09.2023, 0:20 Uhr

2021 bekam Django Asül den Bayerischen Kabarettpreis. Viel mehr Positives gibt es kaum zu sagen, Amüsantes aber durchaus. −Foto: BR

So richtig abgeschlossen ist ein Jahr erst mit dem satirischen Jahresrückblick. Weil die Auftritte alle abgesagt sind, haben wir den Kabarettisten Django Asül gebeten, diesmal hier im Feuilleton Bilanz zu ziehen.

Django Asül, Sie hätten gerade eine Menge Termine für Ihren satirischen Jahresrückblick auf 2021 – jetzt sind alle abgesagt. Wie bitter ist das für Sie?
Django Asül: Es war für mich ein schönes Ritual, dass ich im Dezember und Januar im Volldampfmodus unterwegs bin – und jetzt fällt das flach. Das ist schon eine schräge Nummer, vor allem, weil es letztes Jahr dasselbe war. Die Politik sperrt uns offiziell nicht zu, setzt aber andererseits die Botschaft in die Welt: Liebe Leute, geht ja nirgendwo hin!

Den Rückspiegel 2021 gibt es kostenlos in der BR-Mediathek – wird er live noch zu sehen sein?
Django Asül: Als es im November hieß, dass die 25-Prozent-Auslastungsregel in Bayern kommt, habe ich den gesamten Jahresrückblick abgesagt. Wir können ja nicht die Veranstalter in den Ruin treiben, es hat schließlich jeder seine Fixkosten. So lässt die Politik im Prinzip die Kultur jetzt am langen Arm verhungern.

Den "Rückspiegel 2021" sehen Sie hier

Das ist Ihr zweiter Rückblick auf ein Pandemiejahr – macht Corona die Aufgabe des Kabarettisten leichter oder schwieriger?
Django Asül: Das Thema überlagert natürlich alles. Man muss drauf eingehen, aber ich will ja nicht eine Stunde nur über Corona reden. Ich sammle das ganze Jahr über Stoff in einer großen Word-Datei, und da fällt schon auf, dass insgesamt viel weniger zusammenkommt: Bayerische Politik zum Beispiel findet de facto nicht mehr statt.

Über 100000 Menschen sind in Deutschland an oder mit Covid-19 gestorben. Wie lassen sich diesem Thema überhaupt humorvolle Seiten abgewinnen?
Django Asül: Meine Marschroute war immer: Du kannst bei jedem Thema davon ausgehen, dass die Politik aus taktischen Gründen ein sehr schiefes Bild abgibt: Was wird kommuniziert – und was haben sie tatsächlich vor? Gerade bei Corona hat das durchaus amüsante Züge, wenn es ganz am Anfang heißt: Das wird für Deutschland nie ein Thema – und dann hechelt man den eigenen Versäumnissen hinterher. Man kann sich zum Glück darauf verlassen, dass es in der Politik immer genug opportunistische Kräfte gibt, die in erster Linie auf die eigene Karriere oder den Zustand der eigenen Partei Rücksicht nehmen. Und daraus entsteht dann Satire.

Sie sagen im Rückblick: Immerhin gibt’s eine neue Verlässlichkeit. Immer wenn die Impfzentren schließen, kann der Bürger sicher sein, dass bald die nächste Infektionswelle kommt.
Django Asül: Genau. Das war für mich so eine Conclusio. Im Sommer haben die Drostens und Wielers ja gesagt: Wenn die Impfrate so bleibt, rauschen wir im Herbst/ Winter in eine richtig große Welle rein. Aber dann meint die alte Regierung, wir können doch jetzt vor der Wahl keine Maßnahmen ergreifen, die den einen oder anderen vielleicht in seiner Bequemlichkeit stören. So viel zum Thema Opportunismus! Oder wer hätte gedacht, dass ein FDP-Finanzminister beim Etat dieselben Taschenspielertricks bringt, die gerade die FDP seit Jahren jedweder Bundesregierung vorgeworfen hat? Oder dass auf einmal für eine Regierung mit den Grünen CO2-lastiges Gas aus Russland klimatisch sinnvoller ist als Atomstrom aus Frankreich?

Zigtausend Menschen haben sich 2021 radikalisiert, weil sie nicht einverstanden sind mit der Art, wie die Pandemie bekämpft wird. In Ihrem Rückblick kommen die nicht vor – warum?
Django Asül: Wo es in Richtung Drohungen geht, ist das für mich kein Thema für Satire. Und zweitens ist diese Denkrichtung so diffus, dass sie für mich wenig hergibt. Mich interessieren mehr die inneren Widersprüche beim Reden und Agieren der Mächtigen.

Gab’s 2021 was richtig Tolles?
Django Asül: Mei, toll ... Privat hätte ich nie damit gerechnet, dass ich mit so viel Freizeit so viel anfangen kann. Das zeigt mir, dass mein soziales Umfeld in Hengersberg wunderbar funktioniert. Was auf alle Fälle nicht toll ist: Zu sehen, dass viele Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht 25 Jahre im Geschäft sind, inzwischen aus dem letzten Loch pfeifen – das tut schon weh.

Was wird besser 2022?
Django Asül: Oh wei! Es bleibt die Hoffnung, dass dieses neue Medikament gut wirkt. Ansonsten kann man als Bürger nur schauen, dass man selber vernünftig agiert und sich nicht auf nächstbeste Kreuzfahrtschiff stürzt.

... oder beim FC Bayern ins Training geht . . .
Django Asül: Der Vorteil beim FC Bayern ist ja: Der Vorsprung ist so groß, selbst wenn die mal 14 Tage nicht trainieren – dann wär das auch fast Wurscht.

Raimund Meisenberger