Deggendorf
Weniger Zivilsachen, mehr Strafbefehle

28.06.2020 | Stand 18.09.2023, 4:38 Uhr


Land- und Amtsgericht nehmen nach der Corona-Zwangspause, nach Homeoffice und wöchentlichen Besetzungswechseln, wieder Fahrt auf.

Was die Zahl der Verhandlungen betrifft, liegt das Deggendorfer Amtsgericht fast wieder auf dem Vor-Corona Niveau, informierte Amtsgerichts-Direktorin Eva Nistler in einem Pressegespräch. Eingeschränkt ist noch der Publikumsverkehr, und die Behördenchefin bittet Bürger mit einem Anliegen um vorherige telefonische Kontaktaufnahme. Die Mitarbeiter weichen mit Besuchern nach Möglichkeit in freie Sitzungssäle aus, was durch eine Terminplanung deutlich erleichtert wird.

Was den Geschäftsanfall beim Amtsgerichts im Jahr 2019 betrifft, so verlief das vergangene Jahr im Rückblick mit kleinen, üblichen Ausschlägen. Für die Bilanz 2020 rechnet Eva Nistler mit stärkeren Schwankungen.

Deutschlandweit geht die Zahl der Zivilsachen zurück. Am Amtsgericht Deggendorf zeigt sich dieser Trend mit leichter Verzögerung. Weil die Geschäftsstelle lange personell unterbesetzt war, mussten die Eingänge erst nach und nach abgearbeitet werden, was inzwischen leichter möglich ist. 2019 waren es 1095 Eingänge und 1200 erledigte Verfahren, im Jahr davor 1159 Eingänge und 1217 erledigte Verfahren.

Bei den Familiensachen stieg die Zahl der Eingänge leicht auf 700 an (erledigte Verfahren 658). Kindeswohlsachen mit Entzug der elterlichen Sorge wegen Gewalt, Verwahrlosung oder Suchtproblemen der Eltern fallen in diesem Bereich besonders ins Gewicht. Im laufenden "Corona-Jahr" hat es bislang noch keinen derartigen Fall gegeben, betont Nistler.

Bei den Strafverfahren fällt die ungewöhnlich hohe Zahl von Strafbefehlen im Vorjahr auf, die zum großen Teil auf die vielen Fälle von Volksverhetzungen zurückgeht. Nach einer Demonstration von Asylbewerbern hatte ein AfD- Vorstandsmitglied ein Video davon auf seine Homepage gestellt, was zahlreiche strafbare Kommentare nach sich gezogen hatte.

Die Deggendorfer Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen für alle, aus ganz Deutschland stammenden strafrechtlich relevanten Kommentarschreiber übernommen. Die Zahl aller Strafbefehle betrug 2019 1306, im Jahr 2018 betrug sie 1174, das Jahr davor 1202.

Bei den Bußgeld-Verfahren wegen Verkehrsverstößen bildet die Statistik die Verhältnisse auf der A3 ab. In Jahren mit Baustellen werden wegen der Staus deutlich weniger Tempo- und Abstandsverstöße erfasst. 2019 lag die Zahl bei 1308, 2018 (keine Baustelle) bei 1531 und 2017 bei 1297.

Das Bezirksklinikum sorgt für einen hohen Wert an Unterbringungssachen im Rahmen von Betreuungen. Hier lag die Zahl im vergangenen Jahr bei 2277 Unterbringungen und ärztlichen Zwangsmaßnahmen (Vorjahr: 2395) und 1798 (Vorjahr: 1808) Betreuungen. 41 Abschiebehaftsachen wurden bearbeitet (2018: 44, 2017: 34).

Bei den Grundbuchsachen verzeichnet das Amtsgericht sinkende Eingänge. Die aufgelaufenen Rückstände will man durch mehr Mitarbeiter abbauen. Gesunken ist die Zahl der Verbraucher- und Insolvenzverfahren von 127 im Jahr 2017 auf 104 im Vorjahr. Hier befürchtet die Amtsgerichts-Leiterin im kommenden Jahr einen deutlichen Anstieg. Bereits jetzt ist laut Eva Nistler eine steigende Tendenz zu beobachten.

Testaments- und sonstige Nachlassverfahren stiegen in den vergangenen Jahren stetig an. Als Ursache werden der Anstieg des Altersquotienten angesehen sowie die Eröffnung von Pflegeheimen und Anlagen für betreutes Wohnen, die zu einem Zuzug von Senioren aus anderen Regionen geführt haben. Bei den Testamentsverfahren ging es von 1094 in 2017 auf 1250 in 2019 rauf.

Stark gesunken ist die dagegen Zahl der Zwangsversteigerungs- und -verwaltungsverfahren. 2017 hatte es noch 128 Zwangsversteigerungen gegeben, im Vorjahr nur noch 34 – eine Folge des Immobilienbooms. Bei den Zwangsverwaltungen sticht nur der Wert von 2018 hervor: Da waren es 72, im Vergleich zum Vorjahr mit 11 und dem vergangenen Jahr mit 3. Dies ist laut Nistler auf eine einzige Anlage in Landkreis Regen zurückzuführen.

− she