Deggendorf
Die Schicksale hinter den Stolpersteinen

vhs und "Demokratie leben" geben Broschüre über Deggendorf Juden heraus

03.02.2021 | Stand 18.09.2023, 5:15 Uhr

Präsentierten die neue Broschüre: OB Dr. Christian Moser (v.l.), Prof. Dr. Lutz-Dieter Behrendt, Ursula Keßler (Demokratie leben) und Bernhard Greiler. −Foto: Heinritz

Die Volkshochschule Deggendorfer Land hat eine Broschüre über die Deggendorfer Juden herausgegeben, die während der Nazizeit deportiert und in Vernichtungslagern ermordet wurden. Zum Gedenken wurden 2012 acht Stolpersteine mit den Namen der jüdischen Mitbürger vor den Häusern verlegt, in denen sie bis zu ihrer Deportation lebten. Welche Schicksale dahinter stehen, hat Professor Dr. Lutz-Dieter Behrendt, langjähriger Mitarbeiter im Deggendorf Stadtarchiv, recherchiert. Er hat es übernommen, die Lebenswege der drei jüdischen Familien und weiterer zwei Frauen nachzuzeichnen. Herausgegeben wurde das Heft von der vhs Deggendorfer Land in Zusammenarbeit mit dem Programm "Demokratie leben!".

Eigentlich war geplant, die Broschüre bei einem Vortragsabend mit Prof. Dr. Lutz-Dieter Behrendt anlässlich des Holocaust-Gedenktags am 25. Januar vorzustellen. Dieser Termin musste wegen des neuerlichen Lockdowns gestrichen werden. So blieb nur die Vorstellung bei einem Pressetermin am gestrigen Mittwoch.

"Die Erinnerung an die Deggendorfer Juden soll auch ein Anstoß sein zu der Frage, wie wir mit anderen Bevölkerungsgruppen umgehen, die zu uns kommen", sagte der Geschäftsstellenleiter der vhs, Bernhard Greiler, mit Blick auf die Arbeit des Bundesprogramms von "Demokratie leben!". Die Externe Koordinierungsstelle des Bundesprogramms "Demokratie leben!" steht seit Jahresbeginn unter der Trägerschaft der vhs. Greiler wies darauf hin, dass der Vortrag von Prof. Behrendt aufgezeichnet wurde und als YouTube-Video auf der Homepage der Volkshochschule verlinkt ist.

Dass die Informationen über die jüdischen Mitbürger nun in Schriftform vorliegen, dafür bedankte sich Christian Moser beim Autor und den Herausgebern. "Das waren alles Deggendorfer, die ein Regime ausgelöscht hat." Die Broschüre solle nicht nur Erinnerung, sondern auch Mahnung sein, sagte er und regte an, sie den Nachkommen der Familien zu überlassen, sollte es noch welche geben.

Jeweils ein Sohn oder eine Tochter der drei jüdischen Familien hatte den Holocaust überlebt, wusste Prof. Dr. Behrendt. Es handelte sich um Kinder, die damals schon das Elternhaus verlassen hatten und nicht mehr in Deggendorf lebten, als ihre Familien deportiert wurden. Behrendt erläuterte, dass ihn beim Schreiben die Frage: Wie konnte das geschehen? angetrieben hatte. An den Geschichten der Familien habe sich gezeigt, wie die Entrechtung der Juden Schritt für Schritt legal abgesichert wurde. Neben den acht Bürgern, deren Namen auf den Stolpersteinen verzeichnet sind – Heinrich, Regina und Paula Scharf, Julius, Ilse und Klementine Lauchhammer sowie Leopold und Emma Roederer – geht Behrendt auch auf das Schicksal zweier weiterer gebürtiger Deggendorferinnen ein. Daniela Holzinger, geborene Neuburger, und Gerda Moos, geborene Stern, lebten nicht mehr in Deggendorf, als sie deportiert wurden. Deshalb ist ihnen kein Stolperstein gewidmet.

Die Broschüre ist in der vhs erhältlich.