"Verrat an der Botschaft Jesu"
Missbrauchsskandal: Marx bittet in Garching um Entschuldigung

17.07.2021 | Stand 21.09.2023, 3:17 Uhr

Kardinal Reinhard Marx bei der Pressekonferenz am Samstagabend im Pfarrzentrum St. Nikolaus in Garching an der Alz. −Foto: Limmer

"Ich bin der Bischof. Auch für die Zeit vor mir trage ich Mitverantwortung", sagte Kardinal Reinhard Marx bei seinem Besuch in Garching (Landkreis Altötting) zu den dortigen Missbrauchsfällen.

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"Das ist Verrat an der Botschaft Jesu", mit diesen Worten kommentierte Kardinal Reinhard Marx am Samstagabend bei einer Pressekonferenz im Pfarrzentrum in Garching an der Alz das mehr als 20-jährige Treiben des Missbrauchspfarrers H. im Pfarrverband Garching-Engelsberg, der dort von 1987 bis 2008 eingesetzt war. "Und es ist außerdem ein Versagen der Institutionen, für das ich um Entschuldigung bitte", so Marx weiter. Im Gottesdienst, der der Pressekonferenz voranging und bei dem keine Pressevertreter zugelassen waren, habe er sich auch bereits bei den Gläubigen der Pfarrei persönlich entschuldigt. Seine Entschuldigung nehme aber seine Mitarbeiter, sofern sie Schuld auf sich geladen hätten, nicht automatisch aus der Verantwortung, machte Marx deutlich.

"Wir haben wahrscheinlich etwas unterschätzt, was an Spannungen, an Verwundungen und an Verletzungen da ist, die noch nicht ausgesprochen sind", sagte der Kardinal. Deswegen sei er dankbar, dass die Medien durch Wiederaufgreifen des Themas 2019 dazu beigetragen haben, dass die Missbrauchsfälle um H. nicht vergessen würden.

Marx: "Wichtig, zuzuören"

"Heute war es wichtig für mich, noch einmal zuzuhören", kommentierte Marx die Gespräche, die im Vorfeld der Pressekonferenz mit den Pfarrgemeinderatsmitgliedern aus Engelsberg und Garching und mit den Mitgliedern der "Initiative Sauerteig" stattgefunden hatten, einer Gruppe aus Garching, die die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals dort vorantreibt. Aufarbeitung sei eine lange Geschichte, so Marx weiter. Viele würden das unterschätzen. Aufarbeitung bedeute dabei, nicht einfach miteinander abzurechnen, sondern zu prüfen, was passiert sei, und es einander mitzuteilen. Nach aktuellen Wissensstand sei bekannt, dass auch im Pfarrverband Garching-Engelsberg Missbrauch geschehen sei und dass der dort eingesetzte Pfarrer ein Missbrauchstäter gewesen sei, so Marx weiter. Weitere Einzelheiten werde man erfahren, wenn ein Gutachten, das dazu momentan erstellt werde, fertig sei.

Die Gespräche in Garching habe er als konstruktiv wahrgenommen. Und er freue sich, dass es einen Neustart mit den Garchingern gegeben habe und dass man jetzt die Zukunft gemeinsam gestalten könne. "Wir wollen nicht, dass dieser Täter auch noch unsere Zukunft bestimmt", so Marx. Auf die Frage, wie die Aufarbeitung im Pfarrverband Garching-Engelsberg weitergehen werde, antwortete Marx: "Das muss hier vor Ort mitentschieden werden". Das weitere Vorgehen müsse in weiteren Gesprächen mit Vertretern aus dem Pfarrverband abgestimmt werden. Die Initiative Sauerteig sei dabei wichtig. "Das muss hier vor Ort mitüberlegt werden, ich will da keine Dinge überstülpen", so Marx.

Pfarrgemeinderat und Garchinger Pfarrer offen für Aufarbeitung

Aber sowohl der Pfarrgemeinderat als auch der amtierende Garchinger Pfarrer hätten signalisiert, dass sie dafür offen seien. Er wolle Menschen aus Garching ermutigen, die Missbrauchserfahrung haben, sich zu melden. Er wisse, dass das für die Betroffenen aus verschiedenen Gründen schwierig sein könne. Da könne vielleicht die Initiative Sauerteig helfen, sagte er. "Das kann man nicht alles von München aus machen." Er fügte hinzu, dass auch die Erneuerung in Form des Synodalen Wegs für ihn zur Aufarbeitung gehöre.

Die Vertreter aus dem Pfarrverband Garching-Engelsberg bewerteten die Gespräche ebenfalls als positive und bedankten sich bei Kardinal Marx für den Besuch und für die Gespräche sowie für das Interesse an der Initiative Sauerteig. Dadurch könne man gestärkt in die Zukunft sehen. Auch für die Entschuldigung bedankten sich die die Vertreter des Pfarrverbands.

− smi