Bad Reichenhall
"Solides Handwerkszeug" für neuen Lebensabschnitt

Abiturzeugnis-Verleihung in gefühlter Normalität – Sechs Mal die Note 1,0 und hervorragende Ergebnisse

19.07.2021 | Stand 20.09.2023, 21:21 Uhr
Brigitte Janoschka

Erfreuten mit dem Presto aus dem Concerto e-Moll von Georg Philipp Telemann: Anna Zehentbauer, Klavier (nicht im Bild)m, Conny Fischer, Blockflöte und Anna Hauber (Q12), Querflöte.

Die gesamte Oberstufenzeit hatte dieser Abiturjahrgang mit der Corona-Pandemie gelebt. Trotz dieser Herausforderung konnten sich am Schluss sechs Schülerinnen und Schüler über die Traumnote 1,0 freuen. Studiendirektorin Sabine Simon moderierte die Zeugnisverleihung: "Ich bin stolz auf meine 80 Kinder. Noch nie hat es so viele herausragende Ergebnisse gegeben wie in diesem Jahrgang – und das unter diesen widrigen Bedingungen."

Jahrgang, der am intensivsten betreut wurde

Glücklich über die Normalität fügte sie hinzu, dass viele andere Gründe diesen Jahrgang zu etwas Besonderen machten und gratulierte auch zum gelungenen Abiturball in Salzburg. Es war der erste Jahrgang im M+ (der Mittelstufe plus), "der Jahrgang, den ich am wenigsten gesehen, aber am intensivsten betreut habe." Sie erinnerte daran, dass das Originalzeugnis nie aus der Hand gegeben werden dürfe. Daher seien im Kuvert noch zwei beglaubigte Kopien. Für jeden Abiturienten und jede Abiturientin erschien auf der Bühnenrückwand ein Foto aus Kinderzeiten, und sie betraten die Bühne mit individuell gewählter Musik.

Sabine Simon durfte für hervorragende Leistungen verschiedener Art Schulpreise übergeben, ebenso wie Mitgliedschaften in der deutschen physikalischen Gesellschaft oder den Abiturpreis der Erzdiözese München-Freising, und sie stellte charmant die Stärken der einzelnen Schüler heraus, so zum Beispiel bei einem Schüler stellvertretend für Theater, Chor und Orchester, die ihre Fähigkeiten im vergangenen Jahr nicht zeigen konnten. Eine Schweigeminute wurde für den verstorbenen David Sentic eingelegt.

Das Thema Corona zog sich verständlicherweise durch die gesamte Entlassfeier und auch schon durch den Gottesdienst zuvor, bei dem – wie der evangelische Pfarrer Thomas Huber betonte –, wegen einer technischen Panne ebenfalls Flexibilität gefragt war. "Auf dem Weg sein", aber nicht allein, sondern miteinander gehen, über alles sprechen und die Hoffnung weitertragen, das galt für die Jünger auf dem Weg nach Emmaus ebenso wie es jetzt für die Abiturienten zutreffe, legten Pfarrer Huber und die katholische Pastoralassistentin Constanze Bär das Evangelium aus.

In seiner Begrüßung in der Mehrzweckhalle des Karlsgymnasiums, die entsprechend der Coronaregeln bestuhlt war, sprach anschließend der stellvertretende Schulleiter Robert Vilsmeier über Freiheit und Verantwortung, in deren Kombination er den Abiturientinnen und Abiturienten wünschte, den "Weg zu Ende zu gehen, der sie zu dem führt, was sie sich für ihr Leben erhoffen."

Mit hohem Maß an Empathie für Schüler da

Er dankte Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung und Landrat Bernhard Kern für ihr Kommen trotz dicht gedrängter Termine der Stadt, ebenso wie dem Vertreter des Elternbeirats Ludger Kux. Vilsmeier stellte das hohe Maß an Empathie und Engagement für die Schüler von Oberstufenkoordinatorin Sabine Simon heraus. Zudem würdigte er die Arbeit der Gottesdienstvorbereitungsgruppe und den Einsatz des Organisten Thomas Graf, der zu Beginn des Gottesdienstes 15 Minuten mit Orgelmusik überbrückte. "Ein bayerisches Respekt schallt dir entgegen," rief er dem Abiturienten zu.

Er dankte auch seinem Kollegen Dr. Markus Woski und dessen Schülern vom Arbeitskreis Technik, ohne die eine Veranstaltung wie diese Abiturfeier nicht möglich wäre. Dank sagte er auch den Abiturientinnen Anna Hauber, Querflöte, und Cosima Fritsch, Violine, die die Entlassfeier würdig umrahmten: Im Presto aus dem Concerto e-Moll von Georg Philipp Telemann (1681-1767) musizierten gemeinsam mit Anna Hauber (Q12) jeweils als Gast Conny Fischer, Blockflöte und Anna Zehentbauer, Klavier. Cosima Fritsch wurde bei dem virtuosen "Scène de Ballet", op. 100 von Charles-Auguste de Bériot (1802-1870) von Claudia Fritsch am Klavier begleitet.

Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung bescheinigte den Abiturienten in seiner Gratulation zum bestandenen Abitur die Fähigkeit, Antworten auf die herausfordernden Veränderungen in der Gesellschaft zu finden. "Das solide Handwerkszeug dazu haben Sie sich am Karlsgymnasium erworben, ebenso die Fähigkeit, sich weiteres Wissen anzueignen," sagte er und zitierte zur Erklärung des Begriffs Bildung mit den Bestandteilen Wissen, Herz und Charakter Nelson Mandela: "Bildung ist die mächtigste Waffe, um die Welt zu verändern."

Bildung als Hilfe zur Selbstverwirklichung

"Kompliment, wie Sie mit der schwierigen Situation umgegangen sind," zeigte er sich stolz und fügte hinzu "das ist keinesfalls ein Notabitur". Mit Sir Peter Ustinov war Lung augenzwinkernd sicher, dass "Bildung unerbittlich bis ans Lebensende weiter gehe." Auch Landrat Bernhard Kern machte qualifizierte Bildung als Hilfe zur Selbstverwirklichung und zur Erweiterung des Blickwinkels, sowie soziale Kompetenz zum Thema seiner Ansprache. "Bleiben Sie sensibel, einsatzfreudig und offen," wünschte er den Abiturienten, ebenso wie Freude, Selbstvertrauen, Gelassenheit, Zuversicht, Ausdauer und das notwendige Glück.

Der Vertreter des Elternbeirats, Ludger Kux, betrachtete die Bedeutung des Abiturzeugnisses nicht etwa als "ein mit Noten bedrucktes Papier", sondern als Beweis für persönliche Leistungen, die weit über die fachliche Qualifikation hinausgehen, nämlich Analysestärke, Selbstbewusstsein, Optimismus, konstruktiver Realitätssinn, Pragmatismus, Handlungskontrolle und Gefühlsstabilität. "Mit dem Abitur am Karlsgymnasium und diesen Fähigkeiten zur Resilienz, der Fähigkeit, die Krise als Chance zu nutzen, können wir euch euren Weg zuversichtlich gehen lassen."

Schulzeit mit Segelregatta verglichen

In ihrer Rede verpackten die Abiturientenvertreter Katharina Stock und Moritz Böhmer alle schulischen Ereignisse kreativ in die Symbolik einer Segelregatta, zum Beispiel mit den Begriffen Heimathafen, Startschwierigkeiten, Schiffbruch und Erholungsinsel oder Lotsen und Regatta-Ausschluss. Die Pandemie war zur weltweiten Flaute mutiert und Oberstufenkoordinatorin Sabine Simon zur Küstenwache, die mit den Leitungsseglern die Meerenge zwischen 11. und 12. Klasse bewachte. "Die Ankunft am Ziel ist umso schöner, je mehr Stürme du erlebt hast," waren sie sich sicher und dankten allen, die sie mit Namen im Segler-Jargon bedachten. Ganz romantisch schlossen sie mit einem Liedtext: "Nimm uns mit, Kapitän, auf die Reise!" Blumen für Sabine Simon gab es vom Stufensprecher im Namen aller Abiturienten.

Schulleiter Rainer Dieckmann lobte "die Kompromissbereitschaft des Jahrgangs, seine Toleranz und den Willen zur Zusammenarbeit". Mit Eckart von Hirschhausens Geschichte vom Pinguin-Prinzip zog er für die Abiturienten zwei Schlüsse, die er mit einer persönlichen Erfahrung belegte: Bevor ein vielleicht vorschnelles Urteil gefällt wird, solle man immer eine Frage stellen. Und zweitens "werde dir deiner Stärken bewusst und stärke diese". Es sei wichtig, "sich in dem Umfeld aufzuhalten, wo die Stärken zum Tragen kommen". Für den Pinguin sei dies das Wasser, an Land sei er eher unbeholfen. Um die Schüler daran zu erinnern, habe er auf die Abitur-Kuverts einen symbolischen Pinguin geklebt. Zum Schluss trafen sich die Abiturienten zum Gruppenfoto und zum Feiern beim Sektempfang.