Freilassing
LGBT-Aktivist: "Freilassing ist liberaler als Reichenhall"

02.12.2020 | Stand 20.09.2023, 4:40 Uhr

Freuen sich, dass die Flagge nun einen schönen Platz in der Berufsschule hat: Schülersprecherin Sonja Lang mit ihrem Stellvertreter Sebastian Muck (links) und Aktivist Justin Lorenz. −F.: Johannes Geigenberger

Eine bunte Regenbogenflagge überreichte Aktivist Justin Lorenz gestern der Schülervertretung der Berufsschule Freilassing. Der offen schwule Mann kämpft für Toleranz von Schwulen, Lesben und Bisexuellen. Wie berichtet, hatte er die Fahne eigentlich am Reichenhaller Rathaus hissen wollen. Dort wurde die Aktion aber abgelehnt.

Darum nun der neue Anlauf in Freilassing, mit dem er bewirken will, dass sich Nicht-Heterosexuelle an der Berufsschule willkommener fühlen – Mobbern hingegen zeigt er die Botschaft: "Lernt Menschen so zu tolerieren, wie sie sind. Begegnet jedem Menschen mit dem Respekt, den ihr selbst erwartet."

Justin selbst besucht die Berufsschule. Sein offener Umgang mit seiner Homosexualität missfiel laut eigener Aussagen in der Vergangenheit einigen Mitschülern. Sie beschimpften Justin als "Schwuchtel" und "widerlich" und bespuckten ihn. Justins Plan wäre eigentlich gewesen, die Flagge vor der Berufsschule zu hissen. Schulleiter Hermann Kunkel hielt es hingegen für besser, das Thema innerhalb der Schule als Anstoß für einen inneren Dialog zu nutzen. Als äußeres Zeichen diente die Übergabe der Flagge an die Schülermitverantwortung. "Die SMV wird sich überlegen, wie sie mit der Thematik umgehen", sagt Schulleiter Hermann Kunkel. "Und wir werden uns überlegen, wie wir die Thematik im Unterricht aufgreifen." In Schulen soll Mobbing keine Chance mehr haben.

Eine Ansage, die Justin Lorenz freilich gut gefällt – weshalb er es auch nicht schlimm findet, dass er die Fahne nicht wie geplant vor der Berufsschule hissen konnte, sondern sie nun "nur" einen Platz in einem Schaukasten am Rande der Aula hat. "Das ist doch gut, wenn jeder, der daran vorbeikommt, dadurch dazu angeregt wird, sich mit dem Thema auseinander zu setzen." Dass er überhaupt mit seinem Anliegen an der Berufsschule auf offene Ohren gestoßen ist, führt der junge Aktivist auch auf eine diesbezüglich offenere Kultur in Freilassing als in der Kurstadt zurück: "Freilassing ist liberaler als Reichenhall."

Trotzdem hat er inzwischen auch von dort Unterstützung: Das Landratsamt Berchtesgadener Land und die Polizeiinspektion Bad Reichenhall haben mittlerweile ihre Hilfe zugesagt, was Justins Pläne angeht, im Berchtesgadener Land Vorträge zur Mobbing-Prävention zu halten. Mit dem Sozialarbeiter-Team vom Haus der Jugend erarbeitet er bereits ein Konzept. Justins großer Traum bleibt es trotzdem, dass in Zukunft eine Regenbogenflagge am Rathaus Bad Reichenhall flattert.

− ekj/jag