Hinter den Kulissen der Europäischen Wochen
Was macht ein künstlerisches Betriebsbüro, Frau Miemietz?

23.07.2019 | Stand 19.09.2023, 6:03 Uhr

Leitet das künstlerische Betriebsbüro der Europäischen Wochen: Lisa Miemietz. −Foto: Roswitha Prasser

Lisa Miemietz leitet gemeinsam mit Martina Weber seit März das künstlerische Betriebsbüro der Festspiele Europäische Wochen Passau. Beide wirken dieses Jahr das erste Mal bei den Festspielen mit. In einem Interview gibt Lisa Miemietz einen Einblick in die Arbeit bei den Festspielen und den Hindernissen und schönen Momenten die sie mit sich bringt.

In welchen Arbeitsschritten werden die Festspiele geplant?
Miemietz: Bewerbungen werden ganzjährig entgegengenommen und gesichtet, erste Absprachen werden bereits über ein Jahr im Voraus getroffen. Im September geht es dann an die konkrete Programmplanung: Verhandlungen mit Künstlern, Auswahl einer geeigneten Location sowie
Abstimmungen mit eventuellen Kooperationspartnern. Wir versuchen das Programm dann auch vor Weihnachten zu fixieren und meist auch zu veröffentlichen – dies war dieses Jahr etwas kurzfristiger. Im Frühjahr geht es an die Feinplanung mit Verträgen, Probenplanung, Instrumentenplanung, Hotelbuchungen und Technikplanung. Anschließend können wir uns um die Reiseplanung der Künstler, das Catering und die Feindispo kümmern. Als letzten Schritt werden noch Sanitätsdienste, Feuerwehr und kurzfristige Mitarbeiter koordiniert.

Haben Sie so etwas wie einen geregelten Arbeitsalltag?
Miemietz: Nein der Ablauf ändert sich tagtäglich. Meistens gibt es eine kurze Teambesprechung, wie der Vortag gelaufen ist und was an dem heutigen Tag ansteht. Es wird ein Ablaufplan erstellt mit den Probezeiten der Künstler und den Arbeitszeiten der Künstlerbetreuer, Platzanweiser und Technikern. Kurz vor Beginn der Probezeiten komme ich zum Veranstaltungsort, kontrolliere vor Ort nochmals alles, begrüße die Künstler und bin vor Ort, falls noch etwas geregelt werden muss. Wenn die Künstler bereit sind, bekommt der künstlerische Leiter das Zeichen für die Rede und der Auftritt der Künstler beginnt. Sobald alles geregelt ist, habe ich meistens auch Zeit, das Konzert ein wenig zu genießen. Nach dem Konzert wird wieder alles aufgeräumt und es geht nochmal ins Büro.

Welche Fähigkeiten sollte man als Mitarbeiter des künstlerischen Betriebsbüros mitbringen?
Miemietz: Wichtige Eigenschaften sind Geduld, Koordinationsfähigkeiten und Ausdauer. Am
wichtigsten sind jedoch Kreativität und ein guter Umgang mit Menschen – und manchmal auch gute Nerven.

In welchen Situationen brauchen Sie denn besonders gute Nerven?
Miemietz: Das wichtigste ist die Koordination und Zeitmanagement. Meistens wissen wir im Vorfeld, wann die Künstler anreisen, wie wir sie dann shutteln, ob sie selbst im Hotel einchecken oder wir das übernehmen müssen, wann sie proben wollen und wie der weitere Ablauf ist. Bei manchen Künstlern wissen wir das nicht, weil sie es erst am Konzerttag entscheiden wollen, das verlangt dann Spontanität und Organisationstalent. Es sind ja meistens mehrere Personen beteiligt
wie Künstlerbetreuer, Techniker, Klavierstimmer, Hausmeister oder Hausherr und dann muss alles schnell organisiert werden. Erst kürzlich ist ein Künstler erst um 18.30 Uhr erschienen. Ab 19 Uhr war Einlass für die Zuhörer und vorher wird ja eigentlich noch geprobt. Da war ich ehrlich gesagt sehr unruhig und sehr nervös, ob das noch alles klappt. Aber am Ende ging alles gut.

Was machen Sie wenn ein Künstler kurzfristig absagt, zu spät kommt oder es kurzfristigeÄnderungen gibt?
Miemietz: Natürlich kann jederzeit jemand krank werden oder Pläne können sich ändern. Das Wichtigste ist es, eine Lösung zu finden. Abgesagt hat bisher aber glücklicherweise niemand. Verspätungen bei Künstlern, die mit der Bahn anreisen, kommen hingegen öfters vor. Dann muss man oft den Ablaufplan kurzfristig ändern und alle Beteiligten wieder neu koordinieren. Das ist manchmal etwas schwierig, schließlich stehen nicht alle den kompletten Tag zur Verfügung.
Da wir auch dieses Jahr ein paar Open Air Veranstaltungen haben, gibt es hier auch immer etwas
Nervenkitzel. Komischerweise ist das Wetter meist nur an den Tagen eindeutig, an denen es keine
Outdoor-Veranstaltungen gibt und sonst ist es oft ein hin und her und eine Entscheidungsfindung
schwierig, da auch die Wetterdienste keine eindeutige Prognose liefern.

Mussten Sie Veranstaltungen absagen, wegen schlechten Wetters?
Miemietz: Für das Picknickkonzert auf Gut Aichet war eine Entscheidung besonders schwierig. Die Wetterprognose war unberechenbar. Am Vortag musste aber eine Entscheidung gefällt werden, denn Technik und der weitere Aufbau benötigten einige Stunden. Nachdem wir am Samstag bei strömendem Regen und Wind auf der nassen Wiese auf Gut Aichet standen und die Prognose für Sonntag sehr indifferent war, haben wir schweren Herzens die Entscheidung getroffen, alles nach drinnen zu verlagern. Das bedeutete auch, dass nur ein gewisses Kontingent der Besucher Platz hat und die Inhaber von Schönwetterkarten leider nicht kommen konnten. Das schmerzt immer besonders. Im Gutsstadl wurden am Sonntag Tische geschleppt und aufgebaut, die Technik und das Catering aufgebaut, dekoriert und alles war startklar. Bei strahlendem Sonnenschein! Der angekündigte Regen blieb aus, die Zweifel an der richtigen Entscheidung wuchsen... bis der Regen kam. Am Ende war es die richtige Entscheidung, Gott sei Dank! Es war dann auch ein wunderbarer Abend und die Gäste, die Platz gefunden haben, waren mit der Entscheidung zufrieden, die Stimmung war fantastisch und es war eine rundum gelungene Veranstaltung. Erst dann fällt die Anspannung ab.

Was ist das Anstrengendste an Ihrer Arbeit? Und was ist das Schönste?
Miemietz: Wenn die Festspiele angefangen haben zu laufen, dann laufen sie – und man muss das
Tempo halten. Wenn sie aber geschmeidig laufen, dann ist es das Schönste, wenn die Planung und alle Gedanken, die man sich gemacht hat, dann am Abend zu sehen sind und die Künstler und
Zuhörer strahlen und glücklich sind.

Was liegt Ihnen an dieser Arbeit?
Miemietz: Gute Frage … Es ist das Interesse an der Kunst kombiniert mit der Begegnung mit
Menschen. Es ist immer wieder etwas Neues, spannend und interessant. Man wird immer wieder gefordert, lernt interessante Leute kennen und wird auf die verschiedensten Arten beansprucht.

Wann werden Sie mit der Planung für die Europäischen Wochen 2020 beginnen?
Miemietz: Es gilt: Nach den Festspielen ist vor den Festspielen – nach der Sommerpause geht es im September weiter mit der Planung für 2020. Die Highlights für die kommende Saison werden sogar schon während der Festspielzeit geplant und wir versuchen, diese am Ende der diesjährigen
Festspielzeit zu präsentieren.