Was geschah in der alten Papierfabrik?

Fotokunst "Lost Places" regte an zu Schreibskizzen und Geschichten – Betrachter im Dialog mit Kunstwerken

17.03.2018 | Stand 17.03.2018, 4:00 Uhr

Was löst das Foto dieser Maschinenhalle, Teil einer ehemaligen Papierfabrik, von Peter Untermaierhofer im Betrachter aus? Fast bei jedem springt das Kopfkino an.

Vilshofen. Auf den Maschinen in der Papierfabrik wuchert Moos, in den Ritzen wächst Farn. Im Bild daneben dringen Sonnenstrahlen durch die zerborstene Stuckdecke eines klassizistischen Saals. Halb verschüttet unter Staub und Schutt träumen verfallene Landhäuser und Industriehallen von vergangenen Tagen, wo Menschen in ihnen lebten und arbeiteten, litten und lachten.

Die Kunstausstellung "Lost Places" des Burghausener Fotokünstler Peter Untermaierhofer wird noch bis 4. April in der Galerie im Stadtturm präsentiert. Die Fotos von verlassenen Orten waren eine fantastische Fundgrube für die zehn Frauen und Männer, die am Dienstag im Rahmen der Veranstaltung "Kreative Schreibnacht" die Motive auf sich wirken ließen und Geschichten, Gedanken und poetische Miniaturen zu Papier brachten. Eine prächtige Gartenterrasse wurde zum Ort sehnsuchtsvoller Liebesträume, die jäh enden. Ein gespenstisch anmutendes verlassenes Hospital war Kulisse einer gruseligen Horrorstory, in der die Hauptfigur um Leib und Leben fürchten muss.

"Die Fotos führen in die Vergangenheit zurück", sagte Ursula Ziemsen, die sich gerne von neuen Schreibimpulsen anregen lässt. Anfänger wie Schreibgeübte waren sehr angetan von der besonderen Atmosphäre im barocken Stadtturm mit den dicken Mauern, die die Aura der Fotografien zur Entfaltung bringt. Alle nutzten den Abend, um der Kunst auf Augenhöhe zu begegnen und sie nicht nur zu konsumieren, sondern kreativ auf sie zu antworten.

Das ist für Schreibtrainerin Gesine Hirtler-Rieger, die die "Kreativen Schreibnächte" seit sieben Jahren in Passau und Umgebung anleitet, ein wichtiger Punkt: "Oft sieht man sich ein Bild an, gibt ein schnelles Urteil ab und geht weiter. Doch was genau gefällt uns – oder was stößt uns ab?" Rufen die Motive eigene Erlebnisse wach? Welche Fantasien entwickeln sich beim Betrachten? In Joachim Biedermanns Kopf jedenfalls hat das Bild von der verfallenden Papierfabrik den Anfang für eine Geschichte entstehen lassen. "Ich stelle mir vor, wie dort leichtes und schweres Papier hergestellt wird, auf dem Liebesbriefe und Heiratsanzeigen, aber auch Todesurteile geschrieben werden", erklärte er.

Am Ende des Abends war der Schreibblock voll, wurden Ideen ausgetauscht und Anregungen gegeben. Beim kreativen Schreiben im vergangenen Jahr im Atelier von Regina Schmidtmayer ist sogar ein Bildkatalog mit Texten aus jener Schreibnacht entstanden. Und auch im Stadtturm wurden vielfältige Schreibskizzen entworfen, die das Kopfkino zum Laufen bringen.

 Die Ausstellung "Lost Places" mit Werken von Peter Untermaierhofer und Alois Jurkowitsch ist noch bis 4. April jeweils Dienstag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr zu sehen.

− va