Leser fragen – Experten antworten
Was bedeuten die Aufkleber auf Reifen?

22.07.2021 | Stand 22.07.2021, 13:14 Uhr

Nicolas Krast, Michelin-Technikexperte

SP-X/Köln. Ich habe mir neulich das erste Mal Reifen für mein Auto gekauft. Dabei sind mir die Aufkleber aufgefallen, die sich auf jedem Reifen befindet. Wozu sind die gut?

Antwort von Nicolas Krast, Michelin-Technikexperte: Diese Aufkleber sind das EU-Reifenlabel. Es wurde bereits 2012 eingeführt und erhielt zum 1. Mai 2021 eine Überarbeitung. Jetzt müssen alle neuen Sommer- und Winterreifen für Pkw (C1), Leicht-Lkw (C2) und schwere Lkw und Busse (C3) mit dem neuen EU-Reifenlabel versehen sein.

Es soll die Käufer auf einem Blick über wichtige Eigenschaften des Reifens informieren. Dies sind Kraftstoffeffizienz (Rollwiderstand), Nasshaftung (Bremsen auf nasser Fahrbahn) und externes Rollgeräusch. Seit Mai gehören auch noch Aussagen zur Wintertauglichkeit dazu. Die Angaben sollen dazu anregen, einen möglichst effizienten und sicheren Reifen zu kaufen. Ziel der EU-Vorgaben ist es unter anderem, CO2-Emissionen im Straßenverkehr zu reduzieren

Symbolisiert wurden die drei Kriterien durch eine Zapfsäule, eine Regenwolke sowie durch einen Lautsprecher mit Schallwellen. Die Angaben für den Rollwiderstand sowie die Nasshaftung erfolgten in Klassen und reichen von A bis E. Das Abrollgeräusch wird in Dezibel angegeben und von A bis C klassifiziert. Winterreifen erkennt man am „Schneeflockensymbol“. Es besagt, dass es sich bei diesem Pneu um einen zertifizierten Winterpneu handelt.

Die Unterschiede zwischen einer A- oder E-Klassifizierung bei Kraftstoffeffizienz und Nasshaftung fallen hoch aus. So ist bei einem Fahrzeug mit einem hinsichtlich der Kraftstoffeffizienz mit A bewerteten Reifen eine Kraftstoffersparnis im Vergleich zu einem Fahrzeug mit Reifen der Klasse E um bis zu 0,6 Liter auf 100 Kilometer möglich.

Legt dagegen ein Fahrzeug mit A-Bewertung beim Nasshaftung aus Tempo 80 bei nasser Fahrbahn eine Vollbremsung hin, steht er im Idealfall 18 Meter früher als das Fahrzeug mit E-Reifen.

Das Rollgeräusch mit der Einstufung „A“ besagt, dass der Reifen das externe Rollgeräusch den bis 2016 geltenden EU-Grenzwert um mehr als 3 dB unterschreitet. Bei „B“ wird der Grenzwert um bis zu 3 dB unterschritten. „C“ wird zurzeit nicht vergeben, da ein solcher Reifen die gültigen Typengenehmigungs-Vorschriften nicht erfüllt.

Natürlich nützt der beste Reifen nicht viel, wenn der Fahrer sich nicht entsprechend verhält. Durch seine Fahrweise sowie die Einhaltung und regelmäßige Überprüfung des Reifenluftdruck hat er großen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch und den Bremsweg.

Das seit Mai gültige Reifenlabel gibt aber noch mehr Informationen. Der Name des Reifenherstellers und die genauen Spezifikationen des Reifens wie etwa 235/50 R19 103 V sind nun aufgeführt. Außerdem befindet sich oben in der ersten Zeile des Labels ein QR-Code. Dieser lässt sich mittels eines Smartphones auslesen und führt zur Datenband „European Product Registry for Energy Labelling“, kurz EPREL genannt. Hier sind die angegebenen Werte sowie die Produktionsblätter für die Reifenkunden einsehbar. Letztere geben zum Beispiel Auskunft, seit wann das Reifenmodell produziert wird.

Trotz aller Informationen: Das Reifenlabel kann nur wenige der über 50 Parameter abbilden, die bei der Entwicklung eines Reifens wie etwa Handling auf nasser und trockener Fahrbahn, Bremsweg auf trockener Fahrbahn oder Aquaplaning-Verhalten berücksichtigt werden. Kunden lassen sich am besten bei der Wahl ihrer Sommer-, Winter- oder Ganzjahresreifen vom Reifenhändler beraten und informieren sich anhand der Reifentests der großen Fach- und Verbrauchermagazine.