Wildthurn
Wahlkampf: Claudia Roth spricht im Haus 111 über Gleichberechtigung

22.09.2021 | Stand 21.09.2023, 5:28 Uhr

Ist für mehr Frauen in der Politik: Claudia Roth. "Dadurch ändert sich die Perspektive und das verbessert die Qualität", betonte sie am Dienstagabend im Haus 111. −Fotos: Klee

Die Bundestagswahl steht vor der Tür und kurz vor Schluss nimmt der Wahlkampf richtig Fahrt auf, weshalb am Dienstag hoher Besuch in Wildthurn erwartet wurde. Unter dem Motto "Frauenpower" war die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Claudia Roth, ins Haus 111 eingeladen, um über Gleichberechtigung zu sprechen. Damit trafen die Grünen wohl den Nerv der Zeit. Denn: Alle Sitzplätze der Kneipe waren belegt. "Heute Abend rocken wir den Laden" – so begrüßte Roth die Niederbayern, als sie die Bühne betrat und erntete dafür viel Applaus.

Mehr Frauen in "wesentlichen Rollen", vor allem in der Politik, forderte Claudia Roth in ihrer Rede. Schließlich seien 52 Prozent der Weltbevölkerung weiblich. "Wir, die Grünen, haben die Quote bereits vor 40 Jahren eingeführt." Alle ungeraden Plätze seien Frauen vorbehalten. Auf den geraden können Frauen und Männer kandidieren. "Dadurch ändert sich die Perspektive und das verbessert die Qualität", ist sie überzeugt.

"Aggressive Atmosphäre" gegenüber Frauen

Allerdings verstehe sie auch, wenn sich Frauen gegen eine aktive Rolle in der Politik entscheiden. Sie sprach über eine "aggressive Atmosphäre" und Sexismus gegenüber Frauen im Bundestag. Dadurch versuche man gezielt, Frauen zum Rückzug zu bringen. "Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen", betonte sie.

Gerade die Corona-Zeit habe viele Probleme verstärkt. So habe beispielsweise die häusliche Gewalt zugenommen und Frauen seien zurück in den Haushalt gedrängt worden. Genau da müsse man ansetzen. Schließlich heiße Demokratie gleiche Rechte für alle. "Frauenrechte sind Menschenrechte."

Auch Poetry-Slamerin Teresa Reichl ging auf Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen ein und machte während ihres Auftritts auf den Sexismus in der Literaturgeschichte aufmerksam.

"Wir haben die bestausgebildetsten Frauen", erklärte Claudia Roth. Deshalb sei es umso unverständlicher, dass in den "oberen Etagen der Firmen", wie sie es nannte, kaum Frauen vertreten seien. Es könne nicht sein, dass Frauen in Minijobs versauern und die Altersarmut deshalb vor allem weiblich sei. "Frauen sind der Kit der Gesellschaft", hob sie hervor. Höchste Zeit also, wie Roth findet, sogenannte "Frauenberufe" mit mehr gesellschaftlicher Anerkennung und besserer Bezahlung zu entlohnen. "Und wenn wir schon dabei sind", sagte die Bundestagsvizepräsidentin, "ich habe auch keinen Bock mehr auf den Equal Pay Day." Dabei verwies sie darauf, dass Deutschland zu den drei Ländern in der EU gehöre, in denen die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern für gleichwertige Arbeit am größten sei. "Das ist eine unfassbare Schande."

Eine "offene Wunde" in der Politik sei auch das Thema Abtreibung. "Die hat im Strafgesetzbuch nichts zu suchen", findet Claudia Roth und verwies darauf, dass die Grünen für eine Abschaffung des Paragrafen 219a sind. Dieser verhindere Aufklärung.

Schwangerschaftsabbruch – ein großes Anliegen

Klare Worte zu dieser Thematik fand auch Emilia Fester, Direktkandidatin für die Grünen in Hamburg. In ihrer Rede unterrichtete sie das Publikum über die verschiedenen Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruches und kritisierte, dass Ärzten rechtliche Konsequenzen drohe, wenn sie über diesen medizinischen Eingriff informieren.

"Feminismus ist queer", bekräftigte Marlene Schönberger, Direktkandidatin der Grünen Rottal-Inn. Deswegen habe sie 2019 den Verein "Queer Niederbayern" gegründet. "Der hat mittlerweile 195 Mitglieder", berichtete sie stolz, verwies aber gleichzeitig darauf, dass die Thematik in Niederbayern wenig Aufmerksamkeit bekomme. Deswegen forderte sie mehr Beratungsstellen vor Ort.

"Wir müssen ein selbstbestimmtes Leben ohne Unterdrückung für jeden garantieren", bilanzierte Claudia Roth. Das sei der Anspruch an die neue Bundesregierung, sagte sie und forderte gerade Frauen auf, ihr Wahlrecht zu nutzen: "Keine Bescheidenheit, Madame!"