Fürstenbau in Schutt und Asche
Vor 60 Jahren brannte die Burg Trausnitz nieder – ein Rückblick

21.10.2021 | Stand 21.10.2021, 18:35 Uhr

Nur Ruinen waren nach dem Brand vom Fürstenbau übrig. −F.: © Bayerische Schlösserverwaltung

Von Corinna Mühlehner

Flammen recken sich in den Himmel, umschließen das verkohlte Gerippe der alten Mauern. Es ist der 21. Oktober 1961 – die Burg Trausnitz brennt.

Ein vergessener Tauchsieder, so sagt man später, hat das Feuer entfacht, das vom Fürstenbau nichts als Ruinen zurücklässt. Am 21. Oktober 2021 jährt sich die Katastrophe zum 60. Mal. Das Wochenblatt hat mit Kastellan Michael Holzer und der Landshuter Autorin Karen Königsberger nach Spuren des Burgbrands gesucht.

„Wenn man heute jemanden fragt, weiß jeder – wie bei 9/11 –, wo er gerade war, als die Burg gebrannt hat“, sagt Karen Königsberger. Die Katastrophe fasziniert auch sie. So sehr, dass sie einen Krimi herausbringen wird, in dem es auch um den Trausnitz-Brand geht (siehe Bericht unten).

Vergessener Tauchsieder hat verheerende Folgen

Michael Holzer sperrt das gusseiserne Tor auf, hinter dem eine Treppe zum Fürstenbau hinaufführt. Oben angekommen, befindet sich gleich links eine unscheinbare Tür – hier hat der Brand seinen Anfang genommen. Früher hat sich dort eine Heiz- und Putzkammer befunden.

„Laut den Gerichtsprotokollen wollte eine Putzfrau hier Wasser mit einem Tauchsieder erhitzen“, sagt Karen Königsberger. Als Recherche für ihr Buch hat die promovierte Historikerin die Unterlagen genau studiert. „Währenddessen wurde der Frau etwas anderes aufgetragen“, erzählt sie. „Dann hat sie wohl vergessen, den Tauchsieder auszustecken und ist heimgegangen.“

Weil vermutlich das Thermostat kaputt war, schaltet sich das Gerät nicht ab. Das Wasser verdampft, der Eimer beginnt zu glühen – und schließlich fängt der Holzboden Feuer. „Die Putzfrau hat es beim Prozess 1962 die meiste Zeit bestritten“, weiß Karen Königsberger. Am Ende wurde die Frau dennoch zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

„Sie hat kurz darauf aber wieder bei der Schlösserverwaltung gearbeitet“, so Kastellan Holzer. Wie es wirklich war, das könne man schwer nachvollziehen. „Aber gerade bei Burgen gibt es viele Geschichten, die sich im Laufe der Zeit entwickeln. Natürlich sind die immer spannend, mysteriös und geheimnisvoll.“

Der Kastellan führt ein Stockwerk tiefer, wo an der Wand eine alte Fotografie hängt. Sie zeigt die Ruinen des Fürstenbaus. „Der Brand ist wohl gegen 23 Uhr ausgebrochen und die Feuerwehr war relativ schnell da“, erzählt Michael Holzer. Das Feuer war gelöscht, man habe geglaubt, alles sei in Ordnung. „Aber das sind alles Holzbalkenlagerböden mit großen Hohlräumen. Dazwischen ist Staub und Dreck. Das hat sich explosionsartig nochmal entzündet“, sagt der Kastellan.

Am Ende stehen vom Fürstenbau nur noch Kamine. Als ein solcher einstürzt, begräbt er einen Feuerwehrmann unter sich. Das Staatsarchiv befindet sich damals genau unter dem niedergebrannten Fürstenbau. Noch heute sei man wegen der Wasserschäden mit der Restaurierung beschäftigt, sagt Karen Königsberger.

Königliche Absteige: Nur noch drei Stühle erhalten

14 Jahre dauert es, bis die Burg wieder aufgebaut ist. „Die Vorschriften wurden verschärft. Jetzt gibt es dicke Brandschutzmauern“, sagt Michael Holzer, und Löschwasserleitungen auf den verschiedenen Stockwerken, die von außen angeschlossen werden können, dazu Brandüberwachung mit Rauchansaugsystemen und automatische Melder.

Und einen zweiten Rettungsweg. Denn beim Brand vor 60 Jahren gab es vor allem ein Problem: „Die Feuerwehr ist gar nicht richtig hingekommen“, sagt Karen Königsberger. „Normal geht man von außen ans Haus ran und löscht. Das geht bei der Burg aber nicht, weil auf zwei Seiten ein Hang und auf zwei Seiten ein Burggraben ist.“

Als er weiter in den „Italienischen Anbau“ geht, wird klar, dass auch eine Katastrophe etwas Gutes haben kann. An der Decke erstrecken sich herrliche Malereien, bis vor dem Brand unentdeckt. „Die Decke ist irgendwann mal übertüncht worden“, erklärt Michael Holzer. Durch die Löschwasserschäden sei der Putz heruntergefallen – die Malereien waren freigelegt.

Gegenüber führt die Narrentreppe nach oben. Bunt bemalte Wände machen den Aufstieg zu einem Kunstwerk. Auch von diesen Bildern war nach dem Brand fast nichts mehr übrig. „Man hat das nachempfunden, aber das ist ganz, ganz schwierig“, betont Holzer, während er die Besucher nach oben führt. Dort sind die Bilder noch unrestauriert – nur Schemen unter dunklen Flecken.

Auch das Absteigequartier von König Ludwig II. ist durch den Brand quasi ausgelöscht worden. Als Kastellan Michael Holzer in den Ausstellungsraum führt, sind auf Fotos noch die prunkvollen Räume aus dem 19. Jahrhundert zu sehen. Die fein bezogenen, kunstvoll verzierten Holzmöbel sind fast gänzlich ein Raub der Flammen geworden. Nur drei Stühle konnten gerettet werden. „Die waren wohl gerade woanders, vielleicht in der Werkstatt“, sagt Michael Holzer.

„Das ist schon ein immenser Verlust“, bedauert der Kastellan. Im zweiten Stock zeigt das Geländer der Außentreppe, bis wohin der Brand gewütet hat. Michael Holzer fährt mit den Fingern über die Blasen auf dem dunklen Holz, das plötzlich ins Glatte übergeht. „Das ist Eiche, die ist sehr stabil und brennt nicht so leicht nieder.“

Originaler Tauchsieder ist noch erhalten

Vieles musste nach dem Brand der Burg Trausnitz restauriert oder neu geschaffen werden. Manches ist unwiederbringlich verloren. Ein Objekt, das noch original erhalten ist, ist der Tauchsieder, der Ursprung der Katastrophe. Es ist eines der Stücke, die in der Ausstellung „Die Burg brennt – Die Landshuter Katastrophe vom 21. Oktober 1961“ im Staatsarchiv Landshut besichtigt werden können. Von 22. Oktober bis 23. Dezember ist diese für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Öffnungszeiten sind Montag bis Donnerstag, 8.30 bis 16 Uhr, und Freitag, 8.30 bis 13 Uhr.